Der Hersteller Colgate-Palmolive hat eine Technologie für komplett recycelbare Tuben entwickelt – und auch die Rezeptur der neuen Zahnpasta kann sich sehen lassen. Richtig nachhaltig wird Zähneputzen damit aber trotzdem nicht.
Von Zahnbürsten aus Plastik bis zur Zahnseide aus Nylon: Die tägliche Zahnpflege ist oft alles andere als nachhaltig. Was vielen nicht bewusst sein dürfte: Zahnpasta-Tuben stellen dabei ein besonderes Problem dar. Denn sie lassen sich nicht einfach recyceln, weil sie üblicherweise aus einer dünnen Aluminiumschicht und einem Kunststoff-Materialmix in mehreren Lagen bestehen – der lässt sich nicht wieder trennen.
Das Unternehmen Colgate-Palmolive hat sich an diesem Thema festgebissen und nun nach über fünf Jahren eine Lösung präsentiert: eine neue Technologie, die es ermöglicht, komplett recycelbare Zahnpasta-Tuben herzustellen. Hineingefüllt wird die neue Zahnpasta „Smile for Good“, die in Deutschland ab dem 1. März 2020 für 2,49 Euro erhältlich sein wird (W&V berichtete zuerst darüber).
Colgate will recycelbare Tuben für alle
Bei der Tube kommt als Material High-Density-Polyethylen (HDPE) in verschiedenen Qualitäten und Stärken zum Einsatz – eine harte Variante von Polyethylen (PE). Bislang galt es als zu stabil, um daraus Tuben zu fertigen. Ab 2025 wird Colgate-Palmolive nach eigener Aussage alle Tuben aus dem komplett recycelbaren Material herstellen.
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Das Unternehmen hat zudem angekündigt, die Innovation mit seinen Wettbewerbern zu teilen, um den Einsatz von Kunststoff auf dem Markt zu reduzieren: „Wenn wir recycelbare Tuben in den Unternehmen standardisieren, gewinnen wir alle und können dennoch mit dem Inhalt der Tuben einen gesunden Wettbewerb pflegen“, sagt Dany Schmidt, Vice President und General Manager Colgate-Palmolive, Central Europe West.
Außen hui – innen überraschenderweise auch
Bislang hat sich Colgate nicht unbedingt als empfehlenswerter Hersteller hervorgetan: Im großen Zahnpasta-Test von Öko-Test fielen drei Produkte von Colgate besonders negativ auf, weil sie den umstrittenen Bakterienkiller Triclosan, die aggressive, schleimhautreizende Substanz Natriumlaurylsulfat sowie lösliche Kunststoffe enthielten.
Umso überraschender ist es, dass nicht nur die Tube, sondern auch die neue Zahnpasta des Unternehmens eine Verbesserung darstellt: Denn „Smile for Good“ – erhältlich in den zwei Sorten „Täglicher Kariesschutz“ und „Kariesschutz & Whitening“ – ist zertifizierte Naturkosmetik. Sie trägt das „Cosmos Natural“-Siegel und kommt mit wenigen Inhaltsstoffen aus, die zu 99,7 Prozent natürlichen Ursprungs sind.
Nachhaltige Tuben? So einfach ist es leider nicht
So gut das alles klingen mag: Bei den neuen Zahnpasta-Tuben gibt es auch zwei große Haken. Zunächst einmal ist es zwar begrüßenswert, dass die Verpackung recycelbar ist. Aber das allein reicht nicht: Erst wenn die Verpackung tatsächlich auch recycelt wird, wird ein Schuh draus.
Da hapert es allerdings immer noch gewaltig. Aus dem „Plastikatlas“, der vom BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung vorgestellt wurde, geht hervor: Weltweit sind nicht einmal zehn Prozent des jemals produzierten Kunststoffs recycelt worden. In Deutschland lag die Recyclingquote im Jahr 2017 demnach bei unter 16 Prozent – der Rest wird verbrannt oder exportiert.
Dass die offiziellen Angaben von einer deutlich höheren Recyclingquote ausgehen, liegt daran, dass diese direkt nach der Abfallsortierung erhoben wird. Exporte und Verluste nach dem Input ins Recycling-System werden dabei nicht rausgerechnet.
Hinzu kommt: Nur, was im gelben Sack oder der gelben Tonne entsorgt wird, landet auch im Recycling-Kreislauf. Es liegt also auch an den Verbraucher*innen, ihren Müll richtig zu trennen. Mehr dazu: Mülltrennung & Recycling: So trennst du deinen Müll richtig.
Mehr recycelte Kunststoffe einsetzen statt neue
Wird der Kunststoff Polyethylen aus den neuen Zahnpasta-Tuben aber nicht recycelt, sondern gelangt in die Umwelt, ist er nicht natürlich abbaubar, setzt Treibhausgase frei, wenn er von der Sonne zersetzt wird – und trägt zur enormen Plastikverschmutzung auf unserer Erde bei.
Das zweite Problem: Die Tube ist zwar recycelbar, hergestellt wird sie aber dennoch aus neuem Kunststoff. Die Herstellung verbraucht Ressourcen und bringt wieder jede Menge neues Plastik in den Kreislauf. Damit das System funktioniert, müssten auch Unternehmen ihre Verpackungen aus recyceltem Kunststoff herstellen. Laut dem Entsorgungsunternehmen Remondis deckt die Industrie nur 14 Prozent ihres Rohstoffbedarfs aus recycelten Stoffen. Auch in diesem Punkt muss sich dringend etwas ändern.
Bessere Alternative: plastikfreie Zahnputztabletten
Utopia meint: Trotz allem macht der Hersteller Colgate-Palmolive zwei Schritte in die richtige Richtung: Es ist begrüßenswert, dass er eine Zahnpasta ohne bedenkliche Substanzen und mit Naturkosmetik-Siegel herausbringt.
Und dass Zahnpasta-Tuben aus komplett recycelbarem Material bestehen, ist die Grundvoraussetzung dafür, das Material überhaupt wiederzuverwerten – wie es bislang bei dieser Verpackungsform noch nicht möglich war. Gerade ein so großes Unternehmen erreicht mit einer solchen Veränderung die Massen. Und es kann möglicherweise auch andere Hersteller motivieren, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und etwas besser zu machen.
Damit das Ganze funktioniert, muss allerdings auch weltweit das Recycling-System besser werden. Solange das nicht gegeben ist, lautet die nachhaltigste Lösung, auf plastikfreie Zahnpasta-Alternativen wie Zahnputztabletten zurückzugreifen – die gibt es in Unverpackt-Läden oder bei dm.
Mehr dazu hier: Nachhaltig Zähneputzen: Zahnpflege ohne Plastik und Schadstoffe
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