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Mit Pizzen & Tischtennisplatten den Ökostrom aufmischen?

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Foto: CC0 Public Domain / Pixabay.de - mrgansa

Mit Pizzakartons die Energiewende bestreiten? Das will ein junger Ökostrom-Anbieter aus Hamburg, der sich mit einer cleveren Idee anschickt, den Energiemarkt aufzumischen.

+++HINWEIS+++ Enyway meldete im Zuge der Stromkrise Ende 2021 Anfang 2022 Insolvenz an. Hier 6 Ökostrom-Anbieter, mit denen du nichts falsch machst und die auch noch Ökostrom-Neukunden annehmen.

Die Grundidee von Enyway Change ist sympathisch: Solarfreiflächenanlagen sollen nicht mehr nur von Großinvestoren bewirtschaftet werden, sondern in Zukunft auch in kleinen Modulen an Haushalte verpachtet werden, die über normale Einkommen verfügen.

Solarstrom aus Tischtennisplatten

Für eine Einmalzahlung können sich Privatkunden ab heute in das Enyway-Change-Programm einkaufen: Damit pachten sie für 2 bis 8 Jahre eine bestimmte Solarfläche. Die Pachtmodule sind zurzeit in den Größen „Pizzakarton“ (30×30 Zentimeter) oder „Tischtennisplatte“ (274×152 Zentimeter) zu haben. Kreativität bei der Namensgebung beweist Enyway in jedem Fall – was auch am Firmennamen ablesbar ist.

Für die Einmalzahlung von 39 Euro erhält man zurzeit die kleinere „Pizza“-Fläche für den Zeitraum von 2 Jahren; für die größere Fläche und 8 Jahre Laufzeit werden 299 Euro fällig.

Wer sich als Pächter in die Solaranlagen-Gemeinschaft einkauft, wechselt damit auch den Stromanbieter, den er erhält zukünftig Ökostrom von Enyway Change bzw. der Tochterfirma machdasmalanders Stromversorgung GmbH.

In deren Strom fließt wohl auch die Produktion der eigenen Solarmodule mit ein. Weiterer Strom wird von anderen Anbietern zugekauft, denn die Solarfläche, die Enyway mit dem eingesammelten Geld anlegen will, wird zunächst nur etwa 500 Durchschnitts-Haushalte im Jahr mit Energie versorgen.

Schade: Ziemlich bedeckt hält sich Enyway bei der Herkunft des zugekauften Ökostroms. Wir mussten mehrfach nachfragen, um als Antwort zu erhalten: „Den Reststrombedarf unserer Kunden decken wir momentan aus Ökostrom aus skandinavischer Wasserkraft, der mit Herkunftsnachweisen zertifiziert wurde. Unsere Lieferanten verpflichten sich, keine fossilen Energiequellen für die Stromerzeugung einzusetzen.“

Etwas günstiger als Ökostrom der Stadtwerke

Die monatlichen Abschlagszahlungen für den Enyway-Change-Strom klingen fair: Sie belaufen sich – bei einem Durchschnittsverbrauch von 3000 kWh/Jahr – auf rund 72 Euro im Monat in einer Stadt wie München. Im Monatspreis enthalten sind neben den Verbrauchs- noch Grundkosten und ein sogenannter Enyway-Beitrag. Zum Vergleich: Würde man Ökostrom von den Münchner Stadtwerken beziehen, lägen die Kosten je nach Tarif bei 73 bis 77 Euro.

Der Anbieter Enyway versichert, dass er am Strom der Kunden nichts verdienen wolle. Ökostrom, der zugekauft werden muss, werde deshalb zum Einkaufspreis an die eigenen Solarpächter weitergereicht. Ehrenamtlich arbeitet natürlich auch Enyway nicht: Um wirtschaftlich zu bleiben, erhebt das Unternehmen schließlich die erwähnten Pachtgebühren, Grundkosten und den genannten Enyway-Beitrag.

Auch eine clevere Marketing-Idee!

Das neue Geschäftsmodell ist vor allem eine clevere Marketing-Idee, um eine Solaranlage mit dem Geld von Privatkunden zu finanzieren und gleichzeitig einen neuen Ökostrom-Tarif am Markt zu platzieren.

Enyway wirbt damit, keine EEG-Subventionen für seine Anlagen mehr zu benötigen: Das mag stimmen – aber ist es unbedingt von Vorteil, dass eine Solaranlage nun nicht mehr staatlich gefördert, sondern eben vom Endkunden bezahlt wird? Und warum hat der Strom der machdasmalanders Stromversorgung GmbH bei der Stromkennzeichnung dann „53% Ökostrom aus EEG-Förderung“?

„Ab heute beenden wir das intransparente und teure Geschäftsmodell der klassischen Energieversorger“, erklärt Enyway-Gründerin Varena Junge in einer Pressemeldung vollmundig, „und reißen ihnen damit den Boden unter den Füßen weg.“

Korrekter wäre vielleicht gewesen: Ab heute bietet man ein neues, leider auch nicht 100 Prozent transparentes Geschäftsmodell an, das es Menschen mit kleineren Einkommen ermöglicht, sich als Teil der Energiewende zu fühlen. Und das Recht an der pizzakartongroßen Solarzelle verliert man nach einigen Jahren.

Da man selbst nicht (noch) genug Solarstrom erzeugt, bleibt man bis auf Weiteres von anderen Ökostrom-Anbietern abhängig, hier von solchen, die Enyway auf der Website gar nicht, auch bei direkter Nachfrage nicht genauer benennen möchte als „Skandinavien“, und die offenbar keine weitere Zertifizierung als die nicht unumstrittenen RECS/EECS-Zertifikate vorweisen können.

Es steht zu hoffen, dass Enyway mittelfristig erfolgreich genug wird, hier anders agieren zu können, denn einen Marktplatz für Ökostrom, wie Enyway ihn bauen möchte, brauchen wir definitiv.

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