Das Start-up Wetell will einen neuen fairen und nachhaltigen Telefontarif auf den deutschen Markt bringen. Damit treffen sie einen Nerv: Schon nach kurzer Zeit (wir berichteten) haben die Freiburger über 100.000 Euro von Unterstützern eingesammelt. Dabei soll es aber nicht bleiben.
Wir haben mit Andreas, einem der drei Wetell-Gründer, darüber gesprochen, wie es weitergeht.
Utopia: Ihr habt mit eurem Crowdfunding bei Startnext schon eine sechsstellige Summe eingesammelt. Warum sagst du, dass ihr trotzdem noch 300 zukünftige Kunden braucht?
Andreas: Bei der Kampagne geht es darum, zu zeigen, dass es genügend Menschen gibt, die nachhaltigen Mobilfunk wollen. Wenn wir es schaffen, bis Ende März mindestens 1.000 Mobilfunk-Gutscheine zu verkaufen, können wir damit Banken und Geldgeber*innen überzeugen und Wetell aufbauen.
Leider kann man auf Startnext, wo unser Crowdfunding läuft, nicht die Anzahl an verkauften Gutscheinen als Ziel festlegen – das wäre uns lieber gewesen. Stattdessen mussten wir als Zwischenziel auf die 100.000-Euro-Schwelle zurückgreifen, was für etwas Verwirrung gesorgt hat. Dennoch sind wir froh, dass wir die Summe erreicht haben, denn ab jetzt können wir das Geld theoretisch abrufen.
Wer von euch kam eigentlich auf die (sehr gute!) Idee, einen fairen Mobilfunk anzubieten? Wie habt ihr euch zusammengefunden?
Die Idee für einen nachhaltigen Mobilfunk kam mir bereits 2008. Damals habe ich angefangen, alle Dienstleistungen, die ich für mein Leben benötige, auf nachhaltige Alternativen umzustellen. Dazu gehörten z.B. Strom, Banken, E-Mails und so weiter. Im Bereich Mobilfunk gab es noch nichts – das hat sich bis heute nicht geändert.
Nico hat uns dann vor über einem Jahr zusammengerufen mit der Idee, ein nachhaltiges Unternehmen zu gründen. Wir kennen uns schon lange und arbeiten bereits seit Jahren im Bereich erneuerbare Energien. Aus unseren gemeinsamen Erfahrungen bei Ingenieure ohne Grenzen e.V. wussten wir, dass wir hervorragend zusammenarbeiten können. So wurde die Idee Wetell zum Projekt Wetell – und nun hoffentlich bald Realität.
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Ihr werdet zunächst mit der Newsim GmbH zusammenarbeiten. Wird dieser Anbieter euren ökosozialen Vorstellungen gerecht? Wie geht ihr damit um?
Wir sind zu klein, um direkt an einen der großen Netzbetreiber angekoppelt zu werden, und freuen uns daher, mit Newsim einen kompetenten Partner gefunden zu haben. Wir wollen über unseren direkten Wirkradius hinaus für unsere Ideale eintreten und versuchen daher, jeden neuen Partner z.B. von Ökostrom zu überzeugen.
Newsim hat uns daraufhin zugesagt, den gesamten Betrieb inklusive Serverbetrieb auf Ökostrom umzustellen. Darüber freuen wir uns sehr und hoffen, dass noch weitere Unternehmen folgen werden. Auch im Bereich Datenschutz sehen wir in Newsim einen guten und zuverlässigen Partner.
Wie sind eure Pläne in Bezug auf einen geplanten 5G-Ausbau?
Momentan ist das ein großes Thema bei den Netzbetreibern, wir haben darauf aber aktuell keinen Einfluss. Erst wenn die Netzbetreiber 5G umsetzen und anbieten, wird es für uns interessant. Wir sind sehr gespannt, wie sich die Thematik entwickelt, und verfolgen das Thema aufmerksam.
Neben den Chancen und Möglichkeiten, die 5G bietet, erreichen uns aus unserer Community auch Sorgen und Bedenken: Dabei geht es vor allem um die unbekannten gesundheitlichen Auswirkungen der Strahlenbelastung. Das nehmen wir ernst und versuchen, uns ein möglichst fundiertes Bild zu machen.
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Ihr schreibt auf Startnext, dass ihr (mit genügend Geld) auch Solaranlagen bauen wollt. Gibt es dazu schon konkretere Pläne?
Klar! Parallel zur laufenden Kampagne sitzen wir zurzeit viel mit den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) zusammen und feilen daran, unsere Mobilfunkdienstleistungen zu 100 Prozent klimaneutral anbieten zu können. Am spannendsten sind dabei rechtliche und wirtschaftliche Fragestellungen. Wie schaffen wir es beispielsweise, dass der Grünstrom, den wir erzeugen, nicht auf die Ziele der Bundesregierung für Erneuerbare Energien angerechnet wird, sondern sozusagen zusätzlich entsteht?
Es sieht momentan danach aus, dass wir unseren Grünstrom als Graustrom an der Börse verkaufen müssen, um dem deutschen Netz den Grünstrom quasi unterzujubeln. Guerilla-Grünstrom sozusagen! Wir wollen sicherstellen, dass alle Gewinne, die eine solche Grünstromanlage erzeugt, zu 100 Prozent wieder in neue Anlagen investiert werden. Das werden wir vermutlich über ein Stiftungskonzept realisieren, das wir bald vorstellen wollen.
Gesetzt, der Einstieg klappt: Was könnt ihr euch an zukünftigen Angeboten für die nächsten Jahre vorstellen? Oder ist es dafür noch zu früh?
Dafür ist es in der Tat noch zu früh. Wir bündeln gerade unsere Ressourcen auf die laufende Crowdfunding-Kampagne und den anstehenden Markteintritt. Wenn Wetell sich etablieren sollte, ist klar, dass wir dabei nicht stehenbleiben werden. Eine naheliegende Erweiterung wären Angebote für Festnetz und Internet – auch dort fehlen nachhaltige und gemeinwohlorientierte Alternativen. Es bleibt spannend!
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Auch Goood verspricht faire Telefonie
Sollte Wetell seine Pläne in die Tat umsetzen, wäre das Start-up aus Freiburg bereits der zweite Tarif-Anbieter auf dem deutschen Markt, der sich faire Ziele gesetzt hat. Schon 2017 startete Goood aus Wien und München: 10 % der monatlichen Grundgebühr fließen dort an eine gemeinnützige Organisation nach Wahl des Kunden, Spendenbescheinigung inklusive.
Zusätzlich investiert das Team 25 % seiner Profite in Projekte mit gesellschaftlichem Nutzen. Die Tarife liegen zurzeit zwischen 10 und 25 Euro im Monat.
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