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Milchautomat und faire Marken – so kannst du dich für einen fairen Milchpreis einsetzen

Milchtankstelle
Bild: youtube / LF

Der niedrige Milchpreis ist ein Problem, das wissen alle. Wir zeigen, woran es liegt und welche Milch jetzt die beste Wahl ist.

Der Deutsche trinkt durchschnittlich 50 Liter Milch pro Jahr, 75.000 Milchbauern produzieren sie, 2014 wurden Milchprodukte für über 6 Milliarden Euro ins Ausland transportiert. Kurz: Milch ist wichtig, der Milchpreis erst recht.

Milchpreis – wo ist das Problem?

Weniger als 20 Cent sind einfach zu billig. Experten sind sich einig: Damit kann man Milch in Deutschland nicht kostendeckend produzieren. Es sei denn, man macht sie schlechter: Billigeres Futter, mehr Turbo-Kühe, weniger Tierwohlbemühungen, geringere Hygiene, sinkende Gehälter.

Wer ist schuld am niedrigen Milchpreis?

Wir alle. Die Tiefpreis-Logik der Discounter (und nicht nur dieser). Die Schnäppchenmentalität von uns Verbrauchern. Die Bauern, die mehr Milch produzieren als nachgefragt wird. Die (EU-) Politik, welche die vor 30 Jahren eingeführte „Milchquote“ vergangenes Jahr abgeschafft hat. Die Bauern anderer Länder, die auf den EU- oder Weltmarkt drängen und den Milchpreis drücken – dank geringerer Produktionskosten als in Deutschland. Die sinkende Nachfrage im Ausland.

Besser Bio- und faire Milch kaufen – so geht’s

Vieles läßt sich nicht einfach ändern. Als Verbraucher kannst dich aber für einen besseren Milchpreis einsetzen – und zum Beispiel Bio-Milch und faire Milch kaufen. Es gilt aber auch für andere Produkte: So braucht man für ein Kilo Butter etwa 20 Liter Milch – auch hier entscheidet man sich also besser nicht für das Billigpreis-Produkt.

Bei fairerer Milch empfiehlt Utopia diese hier:

Biomilch mit Naturland Fair-Siegel

Naturland Fair Siegel auch bei Milch
Naturland Fair (© Naturland)

Das Siegel „Naturland Fair“ steht für einen gezahlten Milchpreis, der deutlich über den aktuellen Dumping-Preisen liegt. Weil es vom Bio-Anbauverband Naturland stammt, ist Naturland Fair zugleich ein sehr hochwertiges Bio-Siegel, strenger als das EU-Bio-Siegel (Vergleich als PDF hier). Fairtrade-Produkte wie etwa Gepa-Schokolade verwenden Naturland-Fair-Milch als Zutat, was noch ganz selten zu finden ist.

Berchtesgadener Land Milch mit Naturland Fair
Milch mit Naturland-Fair-Siegel (Foto: Utopia/mt)

Das Naturland-Fair-Siegel auf Milch tragen zum Beispiel einige Bio-Produkte der Molkerei Berchtesgadener Land, die im süddeutschen Raum weit verbreitet sind. Fair meint hier konkret (Stand Mai 2016): Milch von Naturland-Betrieben kauft diese Molkerei für 52,58 Cent pro Liter ein, von Demeter-Betrieben für 53,69 Cent pro Liter – während der Abnahmepreis der Discounter gerade auf unter 20 Cent pro Liter gesunken ist.

In Brandenburg ist die Molkerei Lobetaler Bio ebenfalls Naturland-Fair-zertifiziert. Darüber hinaus ist gegenwärtig keine andere Molkerei Naturland Fair zertifiziert, es ist auch im Moment keine weitere Zertifizierung in Aussicht.

In Hessen bemüht sich die Upländer Bauern-Molkerei (Bio-Anbauverband Bioland) um faire Milch. Sie fing schon 2002 an, einen freiwilligen Aufschlag für Bio-Milch zu zahlen, dies transparent darzustellen und die Verbraucher dadurch einzubinden. Der Erfolg war gross und die Nachfrage stieg, statt wie bei höheren Preis oft beobachtbar zu sinken.

Wir jedenfalls halten diese genannten Milchmarken für die derzeit beste Entscheidung – dort, wo sie eben auch regional verfügbar sind.

Sternenfair und Die faire Milch

Sternenfair faire Milch
Sternenfair (Foto: MVS Milchvermarktung)

Initiativen für faire Milch entstanden schon vor einigen Jahren. Die zwei bekanntesten sind Die faire Milch und Sternenfair. Sie hatten einen gemeinsamen Ursprung, haben sich dann aber getrennt, weil man verschiedene Ansichten zur fairen Entlohnung hatte und Die Faire Milch aus Sicht der heutigen Sternenfair-Betreiber das Konzept aufweichte. Die Wettbewerbszentrale wollte später gegen „Die faire Milch“ vorgehen, unterlag aber (Hintergrund). Trotzdem der Vollständigkeit halber: Bezugsquellen für „Die faire Milch“ findest du hier.

Sternenfair faire Milch gibts bei Rewe
Sternenfair faire Milch gibts bei Rewe (Foto: Utopia/mt)

Bei Sternenfair erhalten die Landwirte für jeden Liter einen festen Preis, unabhängig von Preisschwankungen im Markt. „Wir garantieren 40 Cent für jeden verkauften Liter Milch unter der Marke Sternenfair„, so Jakob Niedermaier, Geschäftsführer der MVS Milchvermarktungs-GmbH, die hinter Sternenfair steht. „Bei uns kann man sicher sein, dass dieses Geld auch bei den Landwirten ankommt.“

Um Milch als „Sternenfair“ verkaufen zu können, müssen die Bauern sinnvolle Auflagen erfüllen, etwa besseres Futter verwenden und auf Gentechnik verzichten, aber auch Nachhaltigkeitskriterien erfüllen (PDF). Sternenfair will außerdem bienenfreundlich sein. Und: „Glyphosat ist bei unseren Landwirten verboten“, so Niedermaier. Es gibt übrigens auch Sternenfair-Butter. Das Sternenfair teurer sei, habe der Marke bislang nicht geschadet, sagt er. Solange Verbraucher Sternenfair-Produkte kauften, blieben sie auch in den Supermärkten gelistet und der Mehrpreis käme den Bauern zugute.

Sternenfair-Milch gibt es flächendeckend bei Rewe in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, hier gibts eine Suche nach Postleitzahlen.

Bio-Milch der Anbauverbände

Bio-Milch sorgt für besseren Umgang mit Milchkühen, denn Bio-Tierhaltung ist tierfreundlicher, umwelt-, ressourcen- und klimaschonender und meist auch für den Verbraucher gesünder als die konventionelle Landwirtschaft.

Noch besser als Milch mit dem grünen EU-Bio-Siegel ist Bio-Milch von Bio-Anbauverbänden wie Demeter, Naturland, Bioland. Deren meist strengeren Regelungen sehen zum Beispiel vor, dass ein größerer Teil des Tierfutters aus Bio-Anbau stammen muss und zugleich auch aus regionalem Anbau, was letztlich für mehr Nachhaltigkeit sorgt.

Milchautomaten und Milchtankstellen

Eine spannende Sache sind auch Milchautomaten. Das klingt erst mal wenig nachhaltig und fair, bis man sich das näher betrachtet. Die Kunden können hier frische Milch aus der Region zapfen, mit vorhandenen Glasflaschen oder eigenen Behältern.

Beispiele für Milchautomaten gibt es zum Beispiel in Kitzen bei Leipzig oder in Puchheim bei München. (Du kennst weitere? Schreib uns in den Kommentaren!) Die Website milchtankstellen.com listet fast 150 Milchtankstellen in Deutschland, Österreich und den Niederlanden (danke an die Kommentatorin!).

Siegel: EU Bio
Siegel: EU Bio (Siegel: EU Bio)

Allgemeiner gesagt würde schon helfen, nicht immer die billigste konventionell produzierte Milch zu kaufen, sondern regional produzierte Bio-Milch zu bevorzugen – möglichst von Mitgliedern namhafter Bio-Verbände wie Demeter, Bioland oder Naturland.

Sind Discounter immer schlecht?

Aber auch bei Discountern kann man Milch etwas besser einkaufen: Einfach nicht die billigste nehmen! Nach eigenem Bekunden zahlen einige Discounter höhere Preise bei speziellen Warengruppen. Bei Netto weist darauf der Text Ein Herz für Erzeuger hin, bei Lidl Ein gutes Stück Heimat. Aldi Süd brachte auf ähnliche Weise Meine bayerische Bauernmilch ins Spiel. Verbraucherschützer und BDM kritisierten solche Kampagnen allerdings auch als Image-Wäscherei. Utopia rät eher zu den oben genannten Lösungen.

Biomilch und faire Milch: fairer als konventionelle Tiefpreis-Ware
Biomilch und faire Milch: fairer als konventionelle Tiefpreis-Ware (Foto: Utopia/aw)

Was können wir sonst noch für den Milchpreis tun?

Abwarten, bis die Marktwirtschaft den Milchpreis regelt. Gehen genug Milchbetriebe pleite, lässt das dadurch sinkende Angebot bei gleichbleibender Nachfrage den Milchpreis wieder steigen  – Problem gelöst, wenn auch auf bitterste Weise.

Milchproduktion subventionieren. Damit können sich Politiker als Retter von Wirtschaft und Arbeit inszenieren. Doch Subventionen sind mit Vorsicht zu genießen und steuern den Milchpreis nur indirekt; Steuererleichterungen bringen wenig, wenn Milchbetriebe zu wenig verdienen, um Steuern zahlen zu müssen.

Milchquote einführen. Diese Art der Planwirtschaft hat Ende der 80er die „Butterberge und Milchseen“ abgebaut. Allerdings förderte die Milchquote auch absurde Entwicklungen wie virtuelle Milchbauern, die keine Milch mehr produzierten, sondern nur mehr ihre Quote weiterverkaufen („Sofamelker“). Erscheint sinnvoller als Subventionen, aber selbst der BDM ist dagegen.

Es bleibt die Verbrauchermacht. Wenn alle Konsumenten aufhören würden, stets die billigste Milch zu kaufen, dann würde sie – im Idealfall – auch nicht mehr verkauft und produziert werden. Wir alle müssten also eigentlich nur bessere Milch kaufen (und zwar in Maßen) und damit den Bauern einen Anreiz bieten, auf nachhaltigere Produktionsweisen und Tierhaltungsformen umzusteigen. Bevor wir uns darüber beklagen, dass das sowieso nicht alle tun, könnten wir einfach mal damit anfangen.

So viel zum Milchpreis. Doch welche Milch ist die beste? Eine schnelle Übersicht zu den wichtigsten Fragen findest du in der Bildergalerie Milch kaufen: Bio? Fair? Haltbar? Mager? Gesund?

Die Bemühungen und Ideen der oben genannten Molkerei Upländer kann man auch in der sehenswerten Doku „Die Milchrebellen“ kennenlernen:

Weiterlesen auf Utopia.de:

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