Anne Will stellte der Klimaaktivistin Greta Thunberg im Interview viele persönliche Fragen. Die 16-Jährige erzählt, wie sie es geschafft hat, dass auch ihre Familie versucht, ihren hohen Ansprüchen an ein nachhaltiges Leben gerecht zu werden.
Greta Thunberg wurde am Samstag in Berlin mit der Goldenen Kamera geehrt – und Anne Will hatte die Gelegenheit, im Rahmen ihres Aufenthalts ein Interview mit der schwedischen Klimaaktivistin aufzuzeichnen. Später wurde es als Ausschnitt in ihrer Talkshow gezeigt.
Greta sei nicht radikal, sondern realistisch
Am Anfang erklärt die 16-Jährige, dass ihr Smalltalk wesentlich schwerer fällt als das Sprechen vor Publikum, wenn es um ein Anliegen geht, das ihr wichtig ist. Und das merkt man auch während des ganzen Gesprächs mit Will – gewohnt ruhig, reflektiert und souverän beantwortet Greta die Fragen zur Klimakrise und stellt klar, sie sei „nicht radikal, sondern realistisch.“
Doch auch Aspekte ihres eigenen Lebens waren Bestandteil des Interviews. „Vor etwa drei Jahren hast du das Leben deiner Familie radikal verändert. Du hast sie zum Beispiel dazu gebracht, kein Fleisch mehr zu essen. Wie hast du es geschafft, sie zu überzeugen?„, fragt Will die Klimaaktivistin.
„Ich habe sie dazu gebracht, sich schuldig zu fühlen“
Greta erläutert, ihre Eltern hätten zunächst gedacht, dass es keinen Grund zur Sorge gebe, weil die Menschen alles unter Kontrolle hätten. Doch sie selbst habe immer mehr gelesen und verstanden, mit ihren Eltern gesprochen und ihnen Artikel und Bilder gezeigt. „Am Anfang sagten sie wie jeder andere: Okay, das ist wichtig, aber… Sie hatten Ausreden. Aber ich habe sie dazu gebracht, sich schuldig zu fühlen.“
Bei diesen Worten ringt Anne Will sichtlich um Fassung: „Du hast sie dazu gebracht, sich schuldig zu fühlen? Puh!“ Greta führt daraufhin weiter aus: „Ich habe ihnen immer wieder gesagt, dass sie uns unsere Zukunft rauben. Und dass man sich nicht für Menschenrechte einsetzen kann, während man so einen Lebensstil führt. Dann haben sie sich entschieden, sich zu verändern – denn ich habe sie dazu gebracht, dass sie sich sehr schuldig fühlen.“
Ihre Mutter ist zu 90 Prozent Veganerin
Inzwischen lebe der Vater der 16-Jährigen vegan – und ihre Mutter sei immerhin zu 90 Prozent Veganerin. „Sie versuchen es“, resümiert sie und lacht. Der Einfluss auf ihre Eltern geht jedoch noch weiter. Will konfrontiert Greta damit, dass niemand in ihrer Familie mehr fliegen darf, weshalb ihre Mutter sogar die internationale Karriere als Opernsängerin aufgeben musste: „Das ist ein ziemlich großes Opfer. Gibt es überhaupt keine Kompromisse, wenn es um deinen Lebensstil geht?“
Für ihre Eltern gebe es die natürlich schon, räumt Greta ein. „Aber ich sehe die Dinge schwarz oder weiß. Und für mich ist es so: Entweder, du lebst nachhaltig oder du tust es nicht. Du kannst nicht ein bisschen nachhaltig sein. Die meisten Menschen sehen es so: Es ist okay, einmal alle zwei Jahre in den Urlaub zu fliegen oder solche Sachen. Aber ich für mich kann das nicht machen. Ich könnte mir selbst nicht mehr in die Augen schauen, wenn ich herumfliegen und anderen Leuten erzählen würde, sie müssten ihren CO2-Fußabdruck reduzieren.“
Das ist Gretas Haltung – wir sind der Ansicht, dass sich auch schon etwas bewegt, wenn viele Menschen kleine Schritte in die richtige Richtung gehen – zum Beispiel mit diesen 5 Tipps, wie du sofort nachhaltiger leben kannst.
„Wir brauchen etwas, für das wir kämpfen können“
Greta fährt mit dem Zug, kauft keine neue Kleidung und verzichtet auf Weihnachtsgeschenke. „Erwartest du wirklich von uns allen, so zu leben wie du?“ möchte schließlich auch Anne Will von ihr wissen. „Nein, natürlich nicht.“ Greta betont, sie wolle niemandem sagen, dass er ein solches Leben führen soll – sie möchte das Bewusstsein der Menschen schärfen. „Und wenn sie alle Fakten kennen, können sie sich entscheiden, ob sie diese Opfer – wenn man es so nennen möchte – bringen wollen. Ich sage niemandem, was er tun soll. Ich sehe nur den Graphen vor mir, um wie viel Prozent pro Jahr wir unsere Emissionen verringern müssen. Und ich möchte meinen eigenen Beitrag dazu leisten, das ist alles.“
Ihre Eltern seien nicht sonderlich begeistert von ihrem Streik, obwohl sie die Gründe ihrer Tochter verstehen. Doch sie sagen auch, dass Greta in den letzten Monaten glücklicher geworden ist. „Ich denke, weil ich etwas habe, von dem ich fühle, dass ich es tun muss – und dass ich etwas bewirke. (…) Ich denke, wir brauchen etwas, für das wir kämpfen können. Und das hier ist etwas, von dem ich weiß, dass ich es tun möchte.“
In der englischen Originalversion und in voller Länge ist das Interview auf der Website der ARD zu hören.
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