Klimakrise, Corona-Pandemie, Energiekrise und damit verbunden der Ausbau von erneuerbaren Energien: Die Gesellschaft hat große Aufgaben auf dem Weg in eine nachhaltigere Welt vor sich. Wie mögliche Wege aussehen können, darüber sprechen wir im Utopia-Podcast mit der Politökonomin und Mitbegründerin der Scientists4Future Prof. Dr. Maja Göpel.
Wie könnte die Zukunft aussehen? Was müssen wir als Gesellschaft tun, damit wir Krisen gut überstehen und unseren Planeten als lebenswerten Ort weiterhin bewohnen können? Gibt es Wege in eine nachhaltige Zukunft, die funktionieren und wenn ja, wohin führen die Wege? Und was passiert, wenn wir uns verweigern und nichts tun? Über Fragen wie diese sprechen wir in dieser Podcast-Folge mit der Politökonomin und Mitbegründerin der Scientists4Future Prof. Dr. Maja Göpel.
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Auszug aus dem Interview mit Maja Göpel:
Utopia.de: Erfahrungen in der Kindheit wirken ja oft lange nach. Ich weiß, dass ich als Kind nach der Katastrophe in Tschernobyl einfach nicht verstanden habe, warum man nicht raus darf. Denn da war ja nichts zu sehen.
Maja Göpel: Das ja auch die Tragik, die wir bei vielen von den Umweltprobleme immer wieder diskutieren. Beim Klimawandel ganz klar, ich kann das CO₂ nicht sehen. Es sind dann eben Messgrößen, die aus Computern kommen, die uns sagen, passt auf, da verändert sich etwas und genau dieses Dezentrale ja auch.
Entweder wir kriegen das gemeinsam in den Griff oder wir werden alle die Konsequenzen tragen, aber einige sehr viel stärker als andere. Und was macht das dann und wie bereit sind wir, unser Verhalten zu verändern oder nicht? Diese Herausforderung begegnet uns ja überall.
Utopia.de: Und es begegnet einem ja sehr schnell, was passiert, wenn wir Dinge nicht mehr tun wie während der Corona-Pandemie. Nicht mehr fliegen, nicht mehr mit dem Schiff fahren. Alleine wenn man an die Bilder von der Lagune in Venedig denkt. In welch kurzer Zeit man eine so deutliche Veränderung sehen konnte. Jetzt ist man wieder mit dem Auto unterwegs, man reist wieder, man fliegt wieder. Und doch hat uns die Pandemie ja gezeigt, dass man eine Veränderung schaffen könnte, Dinge positiv zu verändern – und das in relativ kurzer Zeit.
Maja Göpel: Für mich ist das auch eine der allerwichtigsten Botschaften. Weil diejenigen, die verstanden haben, wie es mit der ökologischen Krise aussieht, ja wirklich auch verständlicherweise sehr besorgt auf die Zukunft schauen. Und, auch Meike Mann, als eine der führenden Klimawissenschaftler:innen jetzt deshalb auch Studien veröffentlicht hat, um zu zeigen: Wenn wir es ändern, dann ist auch der Wiedererstarkungseffekt im Zweifel schneller als wir das erstmal prognostizieren würden.
Weil die ganzen Voraussagen der Wissenschaftler:innen sich immer als zu konservativ erwiesen haben, was vielleicht auch mit politischer Einflussnahme auf die finalen Berichte zu tun hat. Aber im Endeffekt sind wir immer schneller in den Klimaveränderungen, als es die Modelle ursprünglich gesagt haben.
Und jetzt sieht es so aus, als könnten wir auch ähnlich schneller sein, in dem wie sich die Dinge regenerieren können. Und das ist nicht nur beim CO2 so, sondern tatsächlich auch in den Beobachtungen der Populationen, die zurückkommen oder die Natur, die Räume zurückgewinnt.
Ich glaube, dass das als Botschaft ganz zentral ist, damit wir nicht dieses Gefühl haben, es ist zu spät. Es ist ja auch faszinierend, wie schnell sich das im Diskurs jetzt auf einmal Bahn gebrochen hat. Erst war es nicht so schlimm und jetzt ist es zu spät. So als gäbe es überhaupt ein zu spät beim Klimawandel. So als wäre Klimawandel „an“ oder „aus“, und das ist natürlich totaler Quatsch. Sondern egal, alles, was wir tun, ist Teil dessen, was in der Zukunft ist. Und je schneller wir den Trend in diese positiven Veränderungen drehen, umso besser sieht es aus.
Wenn wir verstehen, können wir auch viel bewirken
Utopia.de: Man hat manchmal das Gefühl, solange man sagt, es ist noch nicht zu spät, dann ist noch ein bisschen Zeit, da muss man sich nicht so beeilen. Und wenn es dann aber heißt, okay, jetzt ist es zu spät, ja dann sagen viele, na ja, dann ist es ja jetzt auch egal.
Maja Göpel: Und der sweet Spot ist ja genau in der Mitte. Zu sagen, wir haben verstanden und es ist auch echt richtig dringend, dann können wir auch viele bewirken.
Utopia.de: Reisen bezieht sich ja häufig auf die berufliche Situation. Im privaten Bereich kann man gut für sich selbst entscheiden, wie oder ob man nachhaltiger leben will. Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit im Alltag?
Maja Göpel: Na ja, ich versuche schon auch mein Möglichstes zu machen. Mit den Scientists4Future haben wir diese vier „F“ gehabt. „Fliegen“, „Fleisch“, „Fummel“ und „Finanzen“. Wo man durch seine Konsumentscheidungen ja tatsächlich auch einen Einfluss in wichtigen Bereichen hat. Wo sich Mobilitätsvorstellungen verändern, wo sich Ernährungsvorstellungen verändern, und natürlich die Fragen nach Kleidungsstücken. Wie werden die eigentlich hergestellt, in welcher Frequenz benutzen wir sie oder benutzen wir sie überhaupt oder sind sie so billig, dass wir gleich wegschmeißen?
Und im Prinzip haben wir noch zwei, drei weitere, die mir wichtig sind. Das eine ist „Fläche“, also die Wohnflächenfrage kommt ganz stark nach vorne. Ich bin im Moment viel in der Baubranche unterwegs und wir sehen ja auch die soziale Problematik auf der anderen Seite. Und dann der Druck darauf, dass Fläche so teuer geworden ist. Einmal für Menschen, die gerne wohnen möchten, aber natürlich auch für Menschen, die eigentlich Landwirtschaft betreiben wollen. Weil klar ist, Fläche wächst nicht.
Es ist heute sehr eindrücklich, wie das natürlich auch Geld anzieht und es eine gesicherte Rendite mit sich bringt, weil Menschen einfach Fläche brauchen. Ich glaube, a. darüber zu sprechen, damit andere die auch bekommen können und b., was ist das aber eben auch für ein politischer Auftrag, das sind die anderen beiden „F“ – dieses „Funken“ und „Flagge“ zeigen. Also „Funken“, dass macht ihr bei Utopia ja auch. Zu sagen, es ist nicht einfach, es bleibt ein Suchprozess und die Individuen können es alleine nicht richten und wir brauchen diese strukturellen Veränderungen damit nachhaltiges Leben der Default wird, also das normale wird. Anstatt dass du gegen den Strom schwimmst und immer mehr zahlen musst. Sich dafür einzusetzen und das mit einer Aufbruchstimmung zu machen, aber auch mit so einer Ambiguitätstoleranz im Umgang mit Personen, die vielleicht noch nicht so überzeugt sind oder wo man Rückschritte entdeckt.
Und eine gewisse Versagenstoleranz habe ich mir neulich auch mal mitgenommen. Wo ich dachte, man hat wirklich so drauf hingearbeitet. Die CO₂-Bepreisung war so eins, wo ich wirklich das Gefühl hatte, jetzt haben sich alle Ökonom:innen die Einfluss haben, sich richtig geeinigt, je höher der CO₂-Preis, umso besser die Lenkungswirkung und wir können pro Kopf sogar mehr zurückzahlen.
Und wir sind immer noch dran, dass diese Pro Kopf-Rückzahlungen nicht politisch umgesetzt wurde. Das sind dann die Momente, wo die Toleranz kommt und wo das letzte „F“ mit dem „Flagge zeigen“ so wichtig ist. Also wirklich zu sagen, es ist eine politische Agenda, wir fordern das ein und wir wollen, dass so etwas wie verfassungsrechtliche Zielgrößen und ein völkerrechtlicher Vertrag für uns eine bindende Wirkung hat und nicht, dass es, wenn es gerade nicht passend für meine Wähler-Klientel ist, vielleicht nicht so wichtig ist.
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Links zur Folge
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- Wie geht man mit „Klimaangst“ um? Das sagt ein Psychologe
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- Maja Göpel: „Ist bequem, wenn man die eigene Privilegiensicherung zum Normalzustand erklärt“
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