Am Mittwoch ging es in der Sendung von Markus Lanz hauptsächlich um das Coronavirus. Gegen Ende kam aber auch eine renommierte Klima-Expertin zu Wort. Sie kritisierte die fehlende Wertschätzung für die Dienste der Natur – und stellte eine grundlegende Frage zu unserem Fleischkonsum.
Professor Maja Göpel ist Generalsekretärin des „Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WGBU). Der Beirat forscht zu globalen Umweltproblemen und berät die Politik. Am Mittwoch war Göpel in der Sendung von Markus Lanz zu Gast.
Um die Klimaveränderungen in den Griff zu kriegen, braucht es eine Veränderung des Systems, meint die Professorin. Bedeutet das, Nackensteaks zu verbieten? – wollte Markus Lanz wissen. Er spielte damit auf die „Nackensteak“-Debatte von vor wenigen Wochen an: Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hatte Ende Januar gesagt, er schäme sich nicht dafür, Menschen zu vertreten, die Nackensteak essen und mit Verbrennungsmotoren fahren.
„Wie konnte es passieren, dass wir so mit Tieren umgehen?“
Nackensteak ja oder nein – auf solche Diskussionen wollte sich Göpel nicht einlassen. Ihre Antwort an Lanz ist eine bittere Wahrheit über unsere Gesellschaft: „Ich würde eher sagen, wir stellen uns die Frage, wie es uns zivilisatorisch passieren konnte, dass wir so mit Tieren umgehen. Das ist ja erschreckend, wenn man sich anschaut, was wir mit diesen Lebewesen tun.“ Die Beispiele aus der Massentierhaltung sind zahlreich: Käfighaltung, betäubungslose Kastration, Schnabelkürzen oder Anbindehaltung – für die Tiere sind diese Praktiken eine Qual.
Bei Lanz: Göpel fordert Preise, „die die Wahrheit sagen“
Göpel kritisierte außerdem die niedrigen Fleischpreise. Fleisch könne sich nur so billig verkaufen lassen, weil im Preis die sogenannten Umweltkosten nicht berücksichtigt sind. Die Gülle, die in der Viehzucht entsteht, der CO2-Ausstoß, die Verunreinigung von Trinkwasser – all dies verursacht Kosten, die Unternehmen und Verbraucher*innen nicht bezahlen.
Die Wissenschaftlerin und das WGBU empfehlen daher Preise, „die die Wahrheit sagen“. Es geht dabei nicht nur um Kosten für Folgeschäden. Auch die Arbeitsleistung der Natur solle stärker honoriert werden. Bislang verwenden wir die Natur und ihre „Öko-Dienstleistungen“ gratis.
Göpel: Es braucht mehr Wertschätzung für die Natur
Eine solche Öko-Dienstleistung verrichten zum Beispiel Bienen, wenn sie Pflanzen bestäuben. Wenn die Menschheit sich selbst um die Bestäubung kümmern müsste – etwa mithilfe von Roboterbienen – würde das viel Geld kosten. Allein die Stromkosten währen immens.
Die Wertschätzung für die Leistungen der Ökosysteme fehlt uns, sagt Göpel. Was dazu kommt: Indem die Wirtschaft nur auf die Kosten schaue und versuche, aus der Natur das Maximale herauszuholen, gefährde sie die Kreisläufe der Natur. „Eigentlich haben wir uns aus der Perspektive eines Risikoansatzes ja hoch fragile Systeme geleistet, weil wir das abgeschafft haben, was wie eine Eins funktioniert hat: Bienen, die herumfliegen und bestäuben.“
Wir müssen unseren Umgang mit Fleisch überdenken
Die fehlende Wertschätzung sei auch in Bezug auf Fleisch ein Problem, sagt Göpel. „Früher war es noch etwas Besonderes mit dem Sonntagsbraten. […] Ich finde auch diese Form von ‚Ich töte ein Tier mit Respekt, nachdem es ein angemessenes Leben geführt hat, einen ganz anderen Umgang, der einer Zivilisation und aufgeklärten Nation besser entsprechen würde.“
Utopia meint: „Wie konnte es passieren, dass wir so mit Tieren umgehen?“: eine entscheidende Frage, die Maja Göpel in der Sendung von Markus Lanz gestellt hat. Und was sagt es über unsere Gesellschaft aus, dass wir in regelmäßigen Abständen Tierqual-Skandale in Massenbetrieben erleben – aber kaum etwas ändern? Die wenigsten Menschen kaufen Bio-Fleisch, nur etwa zwei Prozent des Schweinefleischs in Deutschland ist Bio-zertifiziert. Diskussionen um Nackensteaks sind nicht zielführend, wir sollten unseren Umgang mit Tieren grundlegend überdenken.
Die ganze Sendung von Markus Lanz gibt es in der ZDF-Mediathek, die Diskussion mit Maja Göpel ist in den letzten zehn Minuten zu sehen.
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