English Tea und Scones, der Buckingham Palace und die roten Telefonzellen – London ist immer eine Reise wert. Das dachte sich auch unsere Kollegin, die sich vornahm: Auf die britische Insel schaffe ich es statt mit dem Flugzeug auch mit dem Zug. Ein Erfahrungsbericht.
Wer die britische Hauptstadt besucht, reist von Deutschland aus in der Regel mit dem Flugzeug an. Doch auch mit dem Zug kann man nach London fahren – und das sogar ziemlich einfach. Unsere Kollegin Valerie berichtet von ihrer Reiseerfahrung und verrät, ob sie ihr kleines Zugabenteuer wiederholen würde.
Städtereise nach London – dieses Mal mit dem Zug
Ich verbrachte vor etwa zehn Jahren für ein Praktikum bereits mehrere Monate in London. Dieses Frühjahr wollte ich die Stadt erneut besuchen, aufs Fliegen allerdings verzichten. Ich recherchierte deshalb ein wenig und fand heraus: Von München kommt man auch mit dem Zug in die englische Metropole.
Von München bis London mit dem Zug: Kosten und Zeitaufwand
„Dauert es mit dem Zug nicht ewig bis nach London – und kostet das nicht viel mehr als zu fliegen?“ Diese beiden Vorurteile hörte ich vor meiner Zugreise nach London oft. Um die Kosten von Zug und Flugzeug vergleichen zu können, rechnete ich im Detail nach.
Zugfahrten München-London über Paris oder Brüssel
Ich bin über die Osterfeiertage 2023 gereist. Die Hinfahrt von München über Stuttgart und Paris kostete 183,00 Euro im Sparpreis Europa. Für die Rückfahrt über Brüssel und Frankfurt habe ich 143,90 Euro bezahlt. Das ergibt insgesamt Reisekosten von 327 Euro.
Ein Hin- und Rückflug für den gleichen Reisezeitraum hätte (bei einer Buchung Ende Januar) rund 130 Euro gekostet. Da mir Handgepäck bei diesem Städtetrip nicht gereicht hätte, hätte ich für zirka 50 Euro noch ein Gepäckstück hinzubuchen müssen.
Bei einem etwas günstigeren Flug nach London-Gatwick oder -Stansted (statt London-Heathrow, das näher am Stadtzentrum liegt) habe ich die Kosten für die Fahrten in und aus der Stadt addiert und kam damit auf den gleichen Flugpreis.
Da ich nicht fliegen würde, ohne meinen Flug zu kompensieren, wären zum Flugpreis zusätzlich zwölf bzw. 14 Euro hinzugekommen.
Je nach Airline hätten die Kosten für eine Flugreise von München nach London insgesamt etwa 240 Euro – und damit rund 90 Euro weniger als mit dem Zug – betragen. Ich entschied mich trotzdem für den Zug. Diese Reiseoption war zwar nicht ökonomischer, aber ökologischer. Denn ein Zug stößt auf der Strecke von München nach London nur 150 Kilogramm CO2-Äquivalente aus, ein Flugzeug dagegen 350 Kilogramm. (Quelle: CO2-Rechner Greenmobility).
Ich verzichtete aus Klimaschutzgründen aufs Fliegen – weil ich bei dieser Reise die nachhaltigere Option vor die günstigere Option stellen wollte. Diese Möglichkeit hat nicht jede:r, doch ich war froh, dass ich es in diesem Fall probieren konnte.
So lange braucht der Zug bis nach London
In puncto Kosten hat das Flugzeug die Nase leicht vorne – aber braucht der Zug so viel länger? Die Zugfahrzeit von München Hauptbahnhof bis nach London betrug insgesamt 8:30 Stunden.
Das ist eine lange Zeit. Doch wenn man die Transferzeit aus der Stadt bis zum Flughafen und zurück sowie die Wartezeiten am Flughafen einberechnet, braucht man mit dem Flieger ebenfalls rund sieben Stunden. Stellt sich die Frage: Wie kommt man entspannter an?
Reisebericht: Zugfahren kann man mit Arbeiten verbinden
Wer viel mit der Bahn unterwegs ist, weiß: Eine Zugfahrt kann durch Verspätungen schnell zu einem kleinen Abenteuer werden. Entsprechenden Bammel hatte ich vor dem Umstieg in Stuttgart, da ich hier nur neun Minuten Zeit zum Umsteigen hatte.
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Doch meine Sorge erwies sich als unbegründet. Der Zug fuhr in München pünktlich ab und das Umsteigen klappte problemlos. Beim Umstieg in Paris hatte ich über eine Stunde Zeit. Ich fand es toll, zu Fuß vom Bahnhof Gare de l’Est bis zum Bahnhof Paris Gare du Nord zu spazieren. So kann man sich die Beine vertreten und taucht kurz in den Pariser Flair ein.
Zum Eurostar nach London gelangt man über die Pass-, Security- und Ticket-Kontrolle im 1. Stock des Bahnhofs. Glücklicherweise musste ich nicht lange Schlange stehen, dennoch dauerten Passkontrollen und Sicherheitscheck über 20 Minuten.
Wir erreichten London pünktlich zur angegebenen Ankunftszeit – und das nach einer Fahrt, die ich sehr angenehm fand. Ich hatte durchgehend einen Sitzplatz mit Tisch und W-Lan. Das war für mich doppelt praktisch: So musste ich mir für den Reisetag keinen Urlaub nehmen, sondern konnte gut arbeiten.
Die Rückfahrt kam nicht ohne Pannen aus
Auch für den Rückreisetag hatte ich geplant, während der Zugfahrt zu arbeiten. Doch leider verlief die Rückfahrt weniger erfolgreich: Die Fahrt mit dem Euroexpress nach Brüssel (dieses Mal nicht über Paris) klappte noch einwandfrei, pünktlich und mit gutem W-Lan.
Ab dann war erst mal Schluss: Die Deutsche Bahn hatte unseren Zug nach Frankfurt gestrichen. Zwar bekamen wir am DB-Stand in Brüssel zügig eine alternative Route über Düsseldorf vorgeschlagen, doch bis nach Düsseldorf mussten wir mit drei verschiedenen Regio-Bahnen fahren. Kurz vor Aachen kam es auf der Alternativstrecke zu einer weiteren Verzögerung.
Das bedeutete: Insgesamt drei Stunden Verspätung und zwischendurch kein Arbeiten mehr, da die Züge kein Internet hatten. Erst im ICE von Köln nach München konnte ich mich wieder vor den Laptop setzen.
Reisefazit: Gerne wieder mit dem Zug – trotz Problemen auf der Rückfahrt
Im Nachhinein war die Rückfahrt ärgerlich – aber für mich kein Ausschlusskriterium, wieder mit dem Zug nach London zu fahren. Auch Flüge können ausfallen oder Verspätung haben; dieses Risiko hat man beim Reisen immer.
Die lange Zugfahrt verging durch das Arbeiten recht zügig und ich sparte mir zwei Urlaubstage. Ich fand es auch angenehm, meinen Koffer in Reichweite und damit eigenes Essen und Trinken griffbereit zu haben.
Auf der Rückfahrt begleitete mich meine jüngere Schwester, die Schulferien hatte. Während der ungeplanten Wartezeit am Bahnhof in Belgien lernte sie eine Mitreisende kennen, die in der Regio-Bahn neben uns Platz nahm. Als wir nach der stundenlangen Verzögerung endlich in München einfuhren, lautete das Fazit meiner Schwester: „Das kam mir jetzt kurz vor – ich habe mich die gesamte Fahrt so super unterhalten.“ Wenn aus einer Wartezeit eine neue Freundschaft werden kann, dann doch gerne immer wieder mit dem Zug verreisen.
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