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Heikle Versprechen: Cathy Hummels verkauft Drinks mit umstrittenen Inhaltsstoffen

Hye: Fitness-Drinks von Cathy Hummels
Screenshot: hye.de, Foto: Cathy Hummels beim QVC Fashion-Event zur "VOGUE Fashion's Night Out", am 08.09.2017 in Düsseldorf. von 9EkieraM1 unter CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons, zugeschnitten

Die Influencerin und Moderatorin Cathy Hummels verkauft neuerdings Getränke: Sie ist Mitgründerin der Marke „Hye“. Diese bietet Drinks an, die glücklich machen sollen. Was ist dran?

Dass psychische Gesundheit zunehmend offen thematisiert wird, ist im Prinzip eine gute Sache. Wenn aus diesem „Trend“ versucht wird Profit zu schlagen, sollte man allerdings genauer hinsehen. Genau das haben wir getan.

Wer oder was steckt hinter „Hye“?

Die Marke „Hye“ hat TV-Moderatorin und Influencerin Cathy Hummels gemeinsam mit André Klan gegründet, der bereits Geschäftsführer mehrerer Unternehmen und zuletzt bei Little Lunch tätig war. Inspiration für die Geschäftsidee soll laut Gründerszene der in den USA bereits weiter verbreitete Trend zu Wellness- und Fitness-Drinks gewesen sein.

Mitgründerin Cathy Hummels leidet nach Unternehmensangaben unter Depressionen und setzt sich öffentlich für eine Enttabuisierung des Themas ein. Sie unterstützt unter anderem die Deutsche Depressionshilfe mit einem Programm zu Depression im Jugendalter.

Ob es ihre Erfahrungen und Kenntnisse zum Thema psychische Erkrankungen sind, die sie nun bewegt haben, unter die Gründer:innen zu gehen, kann man nur spekulieren. Jedenfalls sollen die Drinks, die Hummels nun vertreibt und bewirbt, zur psychischen Gesundheit beitragen: „Wir haben mit hye ein Getränk entwickelt, das Körper und Geist belebt und damit viele verschiedene Menschen anspricht“, wird sie auf der Website zitiert. Dort werden die Getränke auch mit „a sip of happiness“ („ein Schluck Glück“) beworben.

Die Inhaltsstoffe: Softdrink mit Extra-Zutaten

Aktuell bietet hye drei verschiedene Drinks an: Kokosnuss, Wassermelonen-Minz und Yuzu-Grapefruit. Die Drinks kosten je knapp 18 Euro im Sechserpack (etwa 3 Euro pro Flasche). Die Zutatenlisten sind lang.

Die Drinks enthalten – neben Wasser und den geschmacksgebenden Aromen und Fruchtsaftkonzentraten – in Softdrinks übliche Zusatzstoffe wie Säuerungsmittel und Antioxidationsmittel, daneben die Süßstoffe Acesulfam K und Sucralose. Außerdem ist in allen Drinks Koffein enthalten. Auch weitere funktionelle Wirkstoffe stecken in den Getränken: Zinkcitrat, Gingkoblätterextrakt und eine Vitaminmischung aus Pantothengat und Vitamin B12.

Damit wirken die Produkte bereits eher wie Nahrungsergänzungsmittel als wie harmlose Lifestyle-Drinks. Zwei weitere Wirkstoffe aber hebt Hye besonders hervor; sie sollen dem Körper helfen „durch ihre entspannende und stimmungsaufhellende Wirkung stressige Momente besser zu meistern. Sie unterstützen die kognitiven Fähigkeiten und helfen in Stresssituationen, einen kühlen Kopf zu bewahren.“

Die Wirkung: Macht das wirklich glücklich?

Hye behauptet auf der Website: Die Drinks „machen glücklich, senken das Stresslevel und erhöhen die Konzentration!“

Mit einigen seiner Behauptungen zur Wirkung der Getränke dürfte sich das Unternehmen rechtlich auf dünnem Eis bewegen: Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen ist in der EU durch die Health Claims Verordnung streng reguliert. Und so ganz eindeutig, wie es hier klingt, ist der Effekt der eingesetzten Substanzen nicht.

Hye setzt den Drinks zwei Wirkstoffe zu, welche das mentale Wohlbefinden steigern sollen: Das sogenannte Nootropikum L-Tyrosin und das sogenannte Adaptogen Ashwagandha. Beide gelten als „Smart Drugs“ und sind umstritten.

Nootropika sind Substanzen, die auf das zentrale Nervensystem wirken und dabei Gehirnfunktionen wie Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit verbessern können. Ihre Wirkung ist wissenschaftlich ungeklärt. Der konkrete Stoff, der in den hye-Drinks eingesetzt wird, L-Tyrosin, ist eine Art Vorläufer von Neurotransmittern wie Dopamin – oft „Glückshormon“ genannt. Wissenschaftliche Studien zur Wirkung von L-Tyrosin als Nahrungsergänzungsmittel kamen bislang aber zu keinen eindeutigen Ergebnissen.

Adaptogene sind (pflanzliche) Substanzen, die dem Körper helfen sollen, sich an Reize anzupassen – wobei es bislang weder eine eindeutige Definition noch eindeutig belegte Wirkungsweisen gibt, wie die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA kritisiert. Hye setzt das „Adoptogen“ Ashwagandha ein und schreibt, es könne unter anderem gegen Stress wirken, Gedächtnis und Stimmung verbessern. Ashwagandha wird zwar von vielen Seiten als „Superpflanze“ gelobt – bezeichnenderweise fast alle davon mit kommerziellen Interessen – doch wissenschaftlich ist seine Wirksamkeit nicht eindeutig belegt.

Die Verpackung: Warum Einweg?

Die Getränke sind verpackt in 500-Milliliter-Einweg-Plastikflaschen. Immerhin: Es handelt sich um Pfandflaschen, die nach Unternehmensangaben zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff bestehen. Das Unternehmen begründet die Verwendung von Plastikflaschen damit, dass diese ein geringes Transportgewicht haben und dadurch weniger CO2-Emissionen verursachen als andere Verpackungen.

Allerdings: Auch Plastikflaschen gibt es als Mehrweg-Varianten und anders als Einweg-Flaschen werden sie nicht nach einmaligem Gebrauch geschreddert und eingeschmolzen. Die DUH schreibt: „Auch Einwegflaschen aus Recyclingmaterial verbrauchen unnötig Ressourcen und Energie und belasten die Umwelt. Zudem geht bei jedem Recyclingvorgang Material verloren.“ Einen geschlossenen Materialkreislauf gebe es nicht. Und: „Auch Mehrwegflaschen werden nach ihrem langen Produktleben und der vielfachen Wiederbefüllung recycelt.“

Mehr lesen: Einweg oder Mehrweg, Glas- oder Plastikflaschen: Was ist umweltfreundlicher?

Fazit: Teures Lifestyle-Getränk mit unklarer Wirkung

Man könnte wohlwollend sagen: Die offene Thematisierung von psychischer Gesundheit ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. Und dass jemand versucht damit Geld zu verdienen, ist nicht an sich verwerflich. Vielleicht spüren ja sogar manche Konsument:innen einen leistungsfördernden oder stimmungsaufhellenden Effekt der Getränke und es ist ihnen persönlich damit geholfen.

Man könnte aber auch sagen: Hier versucht ein Unternehmen teure Softdrinks in Einweg-Plastikflaschen an die Konsument:innen zu bringen, indem es mit vagen gesundheitlichen Versprechen wirbt und das Bedürfnis nach „mental wellbeing“ instrumentalisiert. Ob es diese Versprechen einhalten kann, ist völlig unklar.

Und: Es ist mindestens fragwürdig, wenn jemand ernste psychische Erkrankungen wie Depressionen nutzt, um damit Marketing für Produkte zu betreiben – gerade, wenn diese Produkte gesundheitlich und ökologisch zweifelhaft sind. Damit ist niemandem geholfen außer dem Unternehmen selbst.

Hinweis: Wenn du dich depressiv fühlst oder Suizid-Gedanken hast, wende dich an die Telefonseelsorge online oder unter Tel.  0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222 oder 116123 oder an die Deutsche Depressionshilfe unter Tel. 0800 / 33 44 533 (wochentags tagsüber). In Notfällen kontaktiere bitte die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter Tel. 112

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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