Wasserknappheit mittlerweile nicht mehr nur ein Problem des globalen Südens, sondern auch in Deutschland. Das Netzwerk Correctiv zeigt in einer ausführlichen Recherche das ganze Ausmaß.
Die Wasserknappheit in Deutschland führt schon jetzt zu sozialen Konflikten. Eine Recherche von Correctiv zeigt, dass Streits um Wasser zunehmend eskaliert und immer häufiger vor Gericht landen. Das Recherche-Netzwerk hat dafür alle Verfahren rund um die Nutzung von Grundwasser in der juristischen Datenbank Juris ausgewertet – etwa 350 Stück. Die Datenbank sammelt alle Urteile, die von deutschen Gerichten zur Verfügung gestellt werden. Gerichtliche Konflikte haben in den letzten zehn Jahren in elf Bundesländern zugenommen. In Bayern haben sich die Verfahren fast verdoppelt – von 17 auf 33 Fälle.
Grundwasser durch Klimakrise bedroht
Grundsätzlich ist Deutschland momentan ein wasserreiches Land. Dennoch ist die private Wasserversorgung bedroht, vor allem Ost- und Norddeutschland sowie Bayern sind laut Correctiv zunehmend betroffen. Grund dafür sind durch den Klimawandel bedingte extreme Wetterereignisse – entweder es regnet viel oder wochenlang kaum bis gar nicht. Das viele Wasser bei Starkregen wird nur schwer vom ausgetrockneten Boden aufgenommen und fließt in Flüsse, Bäche, Keller oder die Kanalisation. Das Grundwasser kann sich also nicht mehr auffüllen.
Wer hat Vorrang beim Wasser? Frage muss dringend geklärt werden
Laut Correctiv wird der Zugang zu Wasser in einigen Regionen Deutschlands zur Existenzfrage werden und sollte bei den „zuständigen Ministerien die Alarmglocken schrillen lassen.“ Dennoch gebe es „keine konkreten Pläne für den Fall einer Wasserkrise.“ Genauso wenig hätten Industrien keine Einsparziele oder Vorgaben diesbezüglich. Eine Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland zeigt, dass bundesweite Regeln bei den Wasserpreisen fehlen.
Wenn es zur Wasserknappheit kommen sollte, ist Correctiv zufolge bisher unklar, wer Vorrang hat – Industrie bei der Produktion, Landwirtschaft, Umwelt oder Bürger:innen. Demnach sei zwar theoretisch die öffentliche Wasserversorgung gesetzlich abgesichert, aber nicht in allen Bundesländern sei die Trinkwasserversorgung die erste Priorität. Die Frage nach der Priorisierung brauche dringend politische Antworten. „Denn der Streit um Wasser spitzt sich zu.“
Konflikte meist auf kommunaler Ebene – Versäumnis der Bundespolitik
Die Konflikte entstehen meist auf lokaler Ebene und kommunale Behörden und Gerichte suchen nach Lösungen, während die Bundespolitik hinterherhinkt. Die habe laut Correctiv-Recherche im vergangenen Sommer den Entwurf einer „Nationalen Wasserstrategie“ vorgestellt. Darin sei aber keine Vorrangregelung festgelegt. „Wasserversorgungskonzepte“ möchte die Bundespolitik erst ab 2030 umsetzen.
In den Verfahren, die Correctiv für die Recherche als Grundlage nutzte, klagen Kommunen gegen Konzerne für sauberes Trinkwasser, Landwirt:innen kämpfen für die Bewässerung ihrer Felder. In Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt klagten Menschen gegen Behörden, die Entnahme-Rechte vergeben, und somit um die Menge Wasser, die aus dem Boden gepumpt werden darf.
Ebenso würde laut der Recherche häufig um die Kosten des Wassers gestritten. Unternehmen versuchten demnach die Preise zu drücken, obwohl die größten Wasserverbraucher teils für die nächsten Jahre Genehmigungen haben, mit denen sie bestimmte Mengen Wasser aus Böden, Flüssen und Seen entnehmen dürfen. Diese Genehmigungen berücksichtigen leider nicht die Entwicklungen in der Klimakrise.
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