Eine Kuh, die den ganzen Tag auf der Weide grasen darf und nur zum Schlafen in den Stall geht – davon träumen vermutlich viele Menschen, die regelmäßig Milch konsumieren. Die Realität sieht jedoch anders aus, wie ein neuer Greenpeace-Bericht zeigt.
Gerade einmal ein Viertel der Milchkühe in Deutschland lebt laut der Umweltorganisation Greenpeace in einer Haltung, die einen Gang auf die Weide vorsieht. Drei Viertel der Kühe dagegen leben im Stall. Einige von ihnen sind über Monate angebunden und können sich weder umdrehen noch einen Schritt gehen. Ein Drittel aller Milchkühe darf laut der Organisation im Sommer zeitweise auf eine Weide, während sie die restliche Zeit im Stall angebunden stehen. Dennoch vermitteln einige Anbieter von Molkerei-Produkten den Eindruck, als ob die Milch von Kühen stammt, die viel Zeit auf der Weide verbringen. Daher hat Greenpeace bei 19 Molkereien nachgefragt und wollte herausfinden, wie viel Milch aus Weidehaltung die Molkereien anbieten.
Zwei Molkereien setzen vorrangig auf Weidemilch
Von 19 befragten Molkereien haben laut Bericht sechs nicht reagiert. Die Antworten der restlichen Unternehmen hat Greenpeace bewertetet und Punkte verteilt. Die höchste Punktzahl mit 400 Punkten konnte eine Molkerei erreichen, wenn sie einen Biostandard hat, einen Weidezuschlag oder Zusatzleistungen über den Bio-Milchpreis zahlt, Anbindehaltung generell verbietet und eine kuhgebundene Kälberaufzucht honoriert. Die maximale Punktzahl erhielt ausschließlich der Hamfelder Hof. Das Unternehmen setzt laut Greenpeace zu 100 Prozent auf Milch von Kühen mit Weidehaltung.
Ebenfalls vorrangig Milch von Kühen aus Weidehaltung bietet Andechser an – mit 85 Prozent. Insgesamt erhielt die Molkerei von Greenpeace eine Punktzahl von 330 Punkten. Einen „signifikanten Anteil Weidemilch an der gesamten Milchmenge“ können die Molkerei Berchtesgadener Land mit 50 Prozent und Ammerland mit 46 Prozent nachweisen.
Einen „relevanten Anteil Milchmenge“ von jeweils 30 Prozent von Kühen aus Weidehaltung haben laut Greenpeace die Molkereien Arla und DMK (Deutsches Milch-Kontor). Ebenfalls schätzt Greenpeace den Anteil der Milch von Kühen aus Weidehaltung mit 25 Prozent bei Gropper als „relevanten Milchanteil“ ein.
Keine Milch aus Weidehaltung bei diesen Molkereien
Alle anderen befragten Molkereien verarbeiten laut Greenpeace-Bericht keine oder eine sehr kleine Mengen Milch von Kühen aus Weidehaltung. Dazu gehören die folgenden Molkereien: Hochland, Zott, BMI, Bauer, Ehrmann und Bärenmarke.
Begriff Weidehaltung nicht geschützt
Der Begriff Weidehaltung ist in Deutschland bisher kein geschützter Begriff. Hersteller können ihn also auf ihren Produkten angeben, ohne dass Verbraucher:innen wissen, was der Begriff genau bedeutet. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat 2017 festgelegt, dass dieser Begriff nicht irreführend sei, wenn die Kühe an 120 Tagen des Jahres für mindestens sechs Stunden auf eine Weide gehen können.
In einem Siegel-Check hat Greenpeace alle Haltungsformen und Kennzeichnungen von Milch miteinander verglichen. Demnach müssen beispielsweise Kühe, deren Milch mit dem EU-Bio-Siegel ausgezeichnet ist, einen Zugang zur Weide haben, „wann immer Umstände dies gestatten“. Damit Landwirt:innen das Siegel Naturland erhalten, müssen die Kühe während der Vegetationszeit Zugang zur Weide haben, wenn dies die Witterung und Bodenzustände zulassen. Bei den Siegeln Bioland und Demeter muss den Kühen während der Vegetationsperiode Zugang zu mindestens 600 Quadratmetern Weidefläche möglich sein.
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