Nicht nur Öl, auch Mehl wird in den Supermarktregalen knapper. Doch müssen wir wirklich Angst vor zu wenig Weizen haben? Oder wird uns die Angst zum Verhängnis sowie die damit verbundenen Hamsterkäufe?
Nachdem in manchen Supermärkten die Öl-Regale leerer wurden, scheint jetzt das nächste Lebensmittel knapp zu sein: Mehl. Vor allem in den sozialen Medien tauchen in den letzten Stunden und Tagen Fotos von leeren Supermarktregalen auf, in denen sich normalerweise Mehl und Nudeln befinden. Es herrscht die Angst, Lebensmittel könnten bald knapp sein.
Die Ukraine und Russland sind die größten Exporteure von Weizen und anderen Getreiden wie Gerste und Roggen. Beide Länder zusammen bestreiten knapp 30 Prozent des globalen Weizenhandels. Tatsächlich kommt es aufgrund des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine zu Lieferengpässen und Preiserhöhungen. Eine Tonne Weizen ist an der Pariser Terminbörse MATIF laut agrarheute innerhalb von zehn Tagen um 100 Euro gestiegen – am Freitag lag der Preis bei 393,75 Euro pro Tonne.
Deutschland produziert ausreichend Weizen
Dennoch sollte in Deutschland die Versorgung mit Weizen gedeckt sein. Vorstandsvorsitzender des Bayerischen Müllerbundes sagte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, Engpässe beim Mehl befürchte er nicht. Im vergangenen Jahr betrug die Weizenernte rund 3,6 Tonnen, davon gingen 1,3 Millionen Tonnen in die bayerischen Mühlen. Sogar ein Drittel des bayerischen Weizens werde exportiert – nach Norddeutschland und das europäische Ausland. Auch Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) sprach sich in den letzten Tagen dazu aus, dass die Lebensmittelversorgung gesichert sei.
Die Sorge des Vorstandsvorsitzenden sei jedoch die Preisexplosion. „Die Spekulanten kaufen heute den Weizen und verkaufen ihn morgen wieder mit Gewinn. Und der Preis geht jeden Tag rauf, das ist sehr ungesund. Das Mehl wird teurer, das Brot wird teurer. Aber wir werden uns das leisten können“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk.
Diese Getreide produzieren wir selbst nicht genug
Laut agrarheute sei die Versorgung ebenfalls beim wohl wichtigsten Futtergetreide, Gerste, mit 113 Prozent gedeckt. Anders sehe es jedoch bei weiteren Getreidearten aus. Roggen produziere Deutschland nur zu 84 Prozent selbst, Hartweizen zu 15 Prozent und Hafer zu 71 Prozent. Auch bei Mais müsse Deutschland etwa die Hälfte des Bedarfs importieren. Diese Lebensmittel werden aber nicht unbedingt aus der Ukraine importiert.
Jedoch werde nur 20 Prozent des gesamten deutschen Getreides für die menschliche Ernährung benötigt. Der Rest – ganze 58 Prozent – fließt in die Futtertröge der Tiere, neun Prozent werden zur Energiegewinnung verwendet, acht Prozent in der Industrie und 2 Prozent werden für Saatgut benötigt.
Der Krieg in der Ukraine kann zu Hunger in Nordafrika führen
Während wir in Deutschland keine Angst um unser Mehl haben müssen, kann der Krieg in der Ukraine für andere Regionen der Welt enorme Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit haben.
Die großen Importregionen der Welt im Mittleren Osten, in Nordafrika und Südostasien fürchteten bei einem Stillstand des Getreidehandels in der Schwarzmeerregion um ihre Versorgung: „Manche Analysten sprechen bereits von einer möglichen weltweiten Nahrungsmittelknappheit“, sagte Stephanie Stöver-Cordes, Fachreferentin für Markt- und Absatzfragen bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, gegenüber der DPA.
Zu den betroffenen Ländern zählen unter anderem Ägypten und Tunesien. Bisher hatten die Länder laut taz.de Weizenimporte zu großen Teilen aus Russland und der Ukraine bezogen. Expert:innenen zufolge wolle Tunesien zwar künftig aus anderen Ländern wie Argentinien oder Rumänien importieren, doch es ist unklar, ob die Lieferungen den Bedarf der Bevölkerung decken können.
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Utopia meint: Mehl wird hierzulande momentan nur knapp, wenn wir Menschen panisch in die Supermärkte laufen, es in großen Mengen kaufen und zu Hause hamstern. Die Zahlen zeigen eindeutig, dass die Versorgung mit Weizenmehl in Deutschland nicht knapp wird.
Bei der Angst vor Lebensmittelknappheit sollten wir uns auch in Erinnerung rufen, dass 80 Prozent des in Deutschland angebauten Getreides zur Fütterung von Tieren verwendet wird – Rohstoffe, die wir genauso gut selbst essen könnten. Heißt also, wenn wir weniger Fleisch essen würden, hätten wir mehr Getreide für unsere Ernährung zur Verfügung.
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