Eine Portion deckt nur acht Prozent deiner täglichen Kalorienmenge, sowas liest man gerne auf der Chips-Packung. Was hat es aber mit der täglichen Kalorienmenge auf sich? Wir erklären, ob Kalorienempfehlungen überhaupt sinnvoll sind – und worauf du am besten achten solltest, um dich gesund zu ernähren.
Ob in Zeitschriftenartikeln, Online-Foren oder auf Lebensmittelverpackungen: Zahlen, wie viele Kalorien man zu sich nehmen sollte, finden sich überall. Die gängigsten sind: 2.000 Kilokalorien täglich für Frauen und 2.500 Kilokalorien für Männer. Aber sind solche pauschalen Zahlen überhaupt sinnvoll?
„Sie dienen als Orientierungshilfe, sind aber nicht als starre Vorgabe zu verstehen“, sagt Silke Restemeyer, Ernährungsexpertin von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Daher bezieht die DGE in ihrer Tabelle weitere Faktoren wie das Alter und das Level der körperlichen Aktivität (PAL = physical activity level) mit ein. Zudem betont die Expertin, dass „bei Abweichungen vom Normbereich, insbesondere bei Übergewicht und bei geringer körperlicher Aktivität, individuelle Anpassungen der Richtwerte notwendig sind.“
Wie Kalorien unser Gewicht steuern
Was bedeutet das? Wichtig für ein stabiles Körpergewicht ist erst einmal die tägliche Energiebilanz. Ist sie ausgeglichen, verbrauchen wir die gleiche Menge Kalorien, die wir aufnehmen. Schon in Ruhe benötigt unser Körper eine gewisse Menge an Kalorien, um alle Körperfunktionen aufrecht zu erhalten, das ist der sogenannte Ruheenergieumsatz. Und auch dieser kann variieren – Stress, Hormone, Gesundheitszustand oder Klima sind hierfür wichtige Faktoren. Dazu kommt der Energieverbrauch für körperliche Aktivität.
Nehmen wir mehr Kalorien am Tag zu uns, als wir verbrauchen, erreichen wir einen Kalorienüberschuss, den unser Körper in Fett umwandelt und speichert – wir nehmen zu. Das ist aus evolutionärer Sicht sinnvoll, denn so sind wir für Tage ohne Nahrung besser gerüstet. Heute haben wir allerdings vor allem in den Industriestaaten ein ständiges Überangebot an Lebensmitteln. So führt ein regelmäßiger Kalorienüberschuss zu einer Gewichtszunahme und damit verbundenen Gesundheitsrisiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Co.
Verbrauchen wir hingegen mehr Kalorien, als wir zuführen, haben wir am Ende des Tages ein Kaloriendefizit. Bleibt es über einen längeren Zeitraum bestehen, nehmen wir ab, denn unser Körper greift dann auf die gespeicherten Fettreserven zurück, um seinen Energiebedarf zu decken. Menschen mit niedrigem Körpergewicht und geringen Fettreserven können so schnell in gefährliches Untergewicht kommen. Hat man dagegen Übergewicht und möchte abnehmen, kann man eine negative Kalorienbilanz über zwei Hebel steuern: Die Kalorienzufuhr reduzieren und/oder den Kalorienverbrauch durch Bewegung steigern.
Warum Kalorienzählen keine gute Idee ist
Das klingt erst einmal alles einfach und logisch. Aber das reine Kalorienzählen kann, wenn es zur Obsession wird, schnell negative Folgen wie Essstörungen nach sich ziehen – daher raten wir ausdrücklich davon ab. Ohnehin greift es als einziger Parameter für eine gesunde Ernährung zu kurz. Denn eine Kalorie ist nicht gleich eine Kalorie – es kommt nicht nur darauf an wie viel, sondern vor allem, was wir essen.
Ein überspitztes Beispiel: Eine Empfehlung zur täglichen Kalorienzufuhr (etwa die oft genannten 2.000 kcal bei Frauen) könntest du auch erreichen, wenn du ausschließlich Chips und Cola zu dir nimmst. 100 Gramm Chips haben etwa 530 kcal, 1 Liter Cola ca. 420 kcal. Du dürftest also grob eineinhalb Packungen Chips am Tag essen und 2 Liter Cola trinken – und nichts anderes zu dir nehmen. Dich so zu ernähren wird dir nach kurzer Zeit nicht nur sehr schwer fallen, es ist auch extrem ungesund.
Denn du bekommst zwar eine ausreichende Menge an Kalorien, aber fast keine Nährstoffe. Die braucht aber unser Körper, um zu funktionieren – sowohl Makronährstoffe (Eiweiße, Kohlenhydrate und gesunde Fette) in bestimmten Mengen, als auch Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe. Dazu kommt, dass kaloriendichte, nährstoffarme Lebensmittel wie Chips, Schokolade, Softdrinks etc. dich nicht lange satt machen – du isst also in der Regel mehr davon, als dir gut tut.
Referenzwerte auf Lebensmittelverpackungen sind irreführend
Daher sind die oft auf Lebensmittelverpackungen (insbesondere auf denen von hochverarbeiteten Produkten) angegebenen Referenzwerte irreführend – denn sie berücksichtigen nur den Kaloriengehalt und nicht die Nährstoffdichte eines Produktes.
Auch unsere Expertin rät daher davon ab, überwiegend Fertigprodukte zu essen: „Diese Lebensmittel enthalten oft viel Fett oder Zucker und wenig Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe.“
Wer nicht komplett darauf verzichten möchte, „kann durch die Kombination mit frischen Lebensmitteln, wie Gemüse und Salat, die Energiedichte der Mahlzeit senken und gleichzeitig den Nährstoffgehalt erhöhen“, so Silke Restemeyer.
Aber wenn du Übergewicht hast, solltest du, um schonend abzunehmen und dein Gewicht dauerhaft zu halten, besser auf frisch zubereitete Mahlzeiten mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und anderen nährstoffdichten, kalorienarmen Lebensmittel setzen. Das bestätigt die Expertin: „Die Kalorienzufuhr lässt sich leichter in den Griff bekommen, wenn die Lebensmittel eine niedrige Energiedichte haben. Davon können größere Mengen gegessen werden, die besser sättigen, als kleine Portionen von Lebensmitteln, die viele Kalorien enthalten.“
Sie ergänzt: „Mit Gemüse, Obst, Kartoffeln und Hülsenfrüchten lässt sich die Energiedichte von Mahlzeiten besonders gut senken. Durch das große Volumen und die enthaltenen Ballaststoffe wird man schneller satt. Ebenso kann die Energiedichte einer Mahlzeit mit fettarmen Milchprodukten, wie beispielsweise Quark, oder fettarmem Fleisch gesenkt werden.“
Fazit: Besser gesund essen und bewegen als Kalorien zählen
Wir fassen zusammen:
- Pauschale Empfehlungen zur täglichen Kalorienzufuhr können maximal eine grobe Richtlinie sein. Daher raten wir von reinem Kalorienzählen ab, es kann Schaden anrichten und zu Essstörungen führen.
- Wenn du dennoch wissen möchtest, wie viele Kalorien du in etwa (!) täglich brauchst, kannst du in die Tabelle der DGE schauen, die auch das Bewegungslevel berücksichtigt.
- Egal, ob du dein Gewicht halten und dich einfach gesund ernähren, oder dein Gewicht schonend und dauerhaft reduzieren möchtest: Das erreichst du am besten mit einer abwechslungsreichen Ernährung mit möglichst vielen frischen Lebensmittel, die eine hohe Nährstoffdichte haben – sie sind meist kalorienarm und enthalten viele Ballaststoffe, die dich lange satt machen und außerdem gut für deine Verdauung sind.
- Diäten, die ausschließlich auf bestimmten täglich erlaubten Kalorienmengen basieren sind nicht nur unseriös, sondern führen in den allermeisten Fällen nur kurzfristig zu einer Gewichtsabnahme, auf die dann oft eine Zunahme über das Ausgangsgewicht hinaus folgt – der bekannte Jo-jo-Effekt. Einseitige Diäten sind daher nicht sinnvoll, eine langfristige Ernährungsumstellung hingegen schon.
Wichtig: Mit täglicher Bewegung kannst du deinen Kalorienverbrauch steigern. Schon kleine Veränderungen im Alltag können da einen Unterschied machen – zum Beispiel, wenn du die Treppen nimmst statt den Aufzug, oder zumindest einen Teil deines Arbeitsweges mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegst statt mit dem Auto oder den Öffis.
Möchtest du zudem Sport machen, ist regelmäßiges Krafttraining besonders empfehlenswert, so die aktuelle Forschung. Denn damit erhöhst du deine Muskelmasse und verbrauchst somit auch in Ruhe mehr Energie.
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.
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