Aktivkohle macht die Zähne weißer: schnell, unkompliziert und ohne Chemie – so lautet das Versprechen von Hersteller:innen. Aber stimmt das auch? Expert:innen warnen vor dem Trend.
Aktivkohle soll die Zähne heller machen, indem sie Verschmutzungen löst. Das versprechen jedenfalls die Hersteller:innen von Pulvern, Kapseln und Zahnpasten mit Aktivkohle-Zusatz. Sie berufen sich dabei auf die besonderen Eigenschaften von Aktivkohle, aufgrund derer sie schon seit langem in der Medizin Anwendung findet.
In Form von Kohletabletten wird medizinische Kohle beispielsweise bei akuten Durchfällen oder Vergiftungen durch Nahrungsmittel, Schwermetalle oder Medikamente verabreicht. Aktivkohle hat nämlich eine sehr poröse Struktur und kann in kleinste Teile zerfallen. Diese Kohlenstoffpartikel haben die Fähigkeit zur Adsorption, sie können also andere Stoffe fest an ihre Oberfläche binden, wie Giftstoffe oder Chemikalien.
Aktivkohle für die Zähne: Keine gute Idee
Die aufhellende Wirkung von Aktivkohle auf die Zähne hat aber nichts mit ihren adsorbierenden Eigenschaften zu tun. Aktivkohle in der Zahnpflege wirkt nicht wie ein Schwamm, der Stoffe aufnimmt, sondern wie ein grobkörniges Schleifpapier: Die relativ groben Körner der Kohle sorgen beim Putzen für einen Abrieb-Effekt und schrubben so Verfärbungen von den Zähnen.
Tatsächlich konnte eine Studie nachweisen, dass das Putzen mit Aktivkohlepulver die Färbe der Zähne genauso aufhellt wie eine herkömmliche Aufhellungszahnpasta. Doch gleichzeitig stellten die Wissenschaftler:innen einen besorgniserregenden Nebeneffekt fest: Die Verwendung der Aktivkohle (wie auch der Zahnpasta) hat die Zahnoberfläche aufgeraut. Das ist angesichts des schmirgelnden Effekts der groben Kohlepartikel nicht verwunderlich.
Auf lange Sicht kann das Putzen mit Aktivkohlepulver also gefährlich für die Zähne sein. Langfristig trägt es nämlich den Zahnschmelz ab und raut die Zahnoberfläche auf. Der Zahnschmelz ist die äußere Schicht der Zähne, welche diese unter anderem vor Karies, Abnutzung und Entkalkung schützt. Ein Abbau des Zahnschmelzes macht die Zähne somit anfälliger für Beschwerden wie eine erhöhte Empfindlichkeit auf Kälte und Wärme sowie Zahnschmerzen.
Die Zähne werden durch die Aktivkohle wenn überhaupt nur kurzfristig weißer, langfristig neigen sie eher zu Zahnproblemen.
Übrigens: Du kannst Zahnpasta auch selber machen.
Aktivkohle in Zahnpasta: Leere Versprechen
Auch Zahnpasta mit Aktivkohle ist nicht empfehlenswert, wie eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigt. Die Wissenschaftler:innen prüften die Wirkung verschiedener Aktivkohlepasten auf Farbe, Oberflächenrauheit und Härte des Zahnschmelzes.
Die Proband:innen putzten sich über einen zwölfwöchigen Zeitraum zweimal tägliche mit Aktivkohlezahnpasta die Zähne. Einen Unterschied, was die Zahnfarbe angeht, konnten die Forschenden danach nicht feststellen. Aber die Zahnoberfläche wurde deutlich rauer.
Je höher die Aktivkohlekonzentration in einem Zahnprodukt, desto stärker hellt es auf, fasst eine Übersichtsstudie zusammen. Das ist der Grund, warum das reine Aktivkohlepulver im Gegensatz zur Aktivkohlezahnpasta (in der Aktivkohle nur ein Zusatz ist) die Zähne aufhellen konnte.
Laut der Übersichtsstudie sind Zahnpasten mit Aktivkohle zudem weniger wirksam als Zahnpasten mit anderen Aufhellungsmitteln und im Allgemeinen weniger sicher als andere Bleichpasten wegen ihres starken abreibenden Effekts.
Aktivkohle: Bedenklich für die Gesundheit von Mensch und Natur
Aktivkohle kann nicht nur den Zähnen schaden – auch auf den restlichen Körper und die Umwelt kann sie ungewollte Auswirkungen haben.
Viele Zahncremes mit Aktivkohle-Zusatz fielen bei Öko Test glatt durch, weil sie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und PEG-Derivate enthalten. Beide Stoffe sind laut dem Umweltbundesamt potentiell krebserregend und können von der Umwelt nur schwer abgebaut werden.
Fazit: Wer sich weiße Zähne wünscht, sollte daher besser in sechs Minuten tägliches Zähneputzen und Zahnseide investieren, anstatt Geld für teure Aktivkohle-Produkte mit fragwürdigem Effekt auszugeben.
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Überarbeitet von Annika Reketat
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