Authentisch zu sein gilt als sympathisch und nahbar. Aber wodurch zeichnet sich ein authentischer Mensch eigentlich aus – und lässt sich Authentizität lernen?
Authentizität ist in verschiedenen Bereichen gefragt und gilt meist als positive Eigenschaft. Ein authentisches Restaurant serviert zum Beispiel Gerichte, die den traditionellen Rezepten der jeweiligen Landesküche entsprechen. Authentischer Gesang vermittelt nachfühlbar die Emotionen, die in einem bestimmten Lied stecken. Und ein authentisch ausgesprochenes Fremdwort kommt der tatsächlichen Aussprache in der Ursprungssprache möglichst nahe.
Authentisch zu sein, ist also etwas, das als echt, originalgetreu oder glaubwürdig empfunden wird. Diese Bedeutung steckt auch schon im Wort selbst: Der Begriff stammt vom griechischen Adjektiv authentikós, das sich etwa mit „richtig“, „zuverlässig“ oder eben auch „echt“ übersetzen lässt.
Auch in Bezug auf Menschen ist häufig von authentischem Auftreten oder authentischem Verhalten die Rede. Wie genau muss sich aber jemand verhalten, um als „echt“ wahrgenommen zu werden?
Authentisch sein: Was bedeutet das eigentlich?
Die meisten Menschen haben eine Vorstellung davon, was es bedeutet, authentisch zu sein: Unverfälscht, nicht gekünstelt, offen und ehrlich. Trotzdem ist der Begriff gar nicht so leicht zu definieren.
Nach psychologischem Verständnis beschreibt Authentizität eine „innere Stimmigkeit“ oder Selbsttreue – das äußere Auftreten und Handeln stehen also im Einklang mit den inneren Emotionen und Überzeugungen. Wer authentisch ist, lässt sich in seinem Handeln nicht von äußeren Einflüssen „verbiegen“, sondern richtet sich nach dem eigenen Empfinden und kommuniziert dieses Empfinden offen nach außen. Als authentisch empfinden wir dementsprechend eine Person, von der wir den Eindruck haben, dass bei ihr Worte und Taten, Werte und Handeln, Inneres und Äußeres übereinstimmen.
Authentizität ist uns wichtig, weil sie das zwischenmenschliche Miteinander in vielerlei Hinsicht einfacher machen kann. Das gilt zum Beispiel im beruflichen Kontext, trifft aber auch auf unsere privaten Freundschaften und Beziehungen zu. Zum einen sorgen Offenheit und Aufrichtigkeit im Umgang mit anderen für bessere Kommunikation und schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre. Zum anderen stärkt es aber auch unser eigenes Selbstbewusstsein, wenn wir unser Handeln in Einklang mit unseren tatsächlichen Empfindungen und Bedürfnissen bringen können.
Wie wirkt man authentisch?
Authentizität lässt sich nicht vorspielen, sondern muss tatsächlich einer „innere Stimmigkeit“ entspringen. Laut den Psychologen Michael Kernis und Brian Goldman gibt es vier Hauptaspekte, die wir beachten können, um uns selbst treu zu bleiben:
- Selbstreflexion: Wichtig ist es, ein Bewusstsein für die eigenen Gefühle und Motivationen, aber auch für persönliche Schwächen und Stärken zu entwickeln. Wer das eigene Innenleben gut kennt, kann sich in seinem Handeln gezielter danach richten.
- Ehrlichkeit: Insbesondere bedeutet das, ehrlich mit sich selbst zu sein und die eigenen Fehler nicht zu relativieren oder schönzureden, sondern sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das gilt zum einen für die Selbstwahrnehmung, zum anderen aber auch für Kritik oder unangenehmes Feedback von außen.
- Konsequenz: Damit ist das konsequente Festhalten an den eigenen Überzeugungen und Werten gemeint – auch in in Situationen, in denen sich daraus Konflikte oder Nachteile ergeben können.
- Aufrichtigkeit: Zum authentischen Auftreten gehört es nicht nur, ehrlich mit sich selbst zu sein, sondern auch nach außen hin offen zu negativen Eigenschaften zu stehen.
Authentizität im sozialen Miteinander
Authentisch zu sein bedeutet also mehr, als einfach nur ungefiltert zum Ausdruck zu bringen, was man gerade fühlt oder denkt. Auch das soziale Miteinander spielt dabei eine wichtige Rolle. Bestimmte soziale Situationen können eine Herausforderung darstellen, wenn es darum geht, zu den eigenen Werten oder Gefühlen zu stehen. Häufig kollidieren unsere inneren Idealvorstellungen mit den Erwartungshaltungen und Wünschen anderer Menschen, zum Beispiel Vorgesetzten und Kolleg:innen, aber auch Freund:innen oder Partner:innen. Konsequent an seinen inneren Überzeugungen festzuhalten, kann dann zum Beispiel bedeuten, sich gegen Widerstand behaupten zu müssen oder in Konflikte mit Menschen zu geraten, die die Dinge anders sehen. Solche Situationen sind uns meist unangenehm und wir versuchen deshalb, sie zu vermeiden.
Auch Ehrlichkeit mit uns selbst und Aufrichtigkeit nach außen fallen uns manchmal schwerer, als es uns lieb wäre. Dahinter steckt nicht zuletzt die Angst vor Ablehnung: Wir fürchten uns, nicht akzeptiert zu werden, wenn wir unsere Schwächen und Fehler offen an den Tag legen.
Authentisch zu sein heißt auch, andere zu achten
Solche sozialen Ängste und Hemmungen können manchmal dafür sorgen, dass wir uns einschränken und in bestimmten Situationen nicht das zum Ausdruck bringen, was wir vielleicht gern sagen oder tun würden. Sie müssen uns aber nicht grundsätzlich daran hindern, authentisch zu sein. Gerade weil Authentizität sich in der Auseinandersetzung mit der Außenwelt herausbildet, gehört es auch dazu, sich auf andere einzulassen. Dabei müssen wir uns von ihnen nicht fremdbestimmen lassen, sollten aber auch nicht darauf beharren, die eigenen Vorstellungen und Wünsche ohne Rücksichtnahme oder Verhandlungsspielraum durchzusetzen.
Zwar ist es ein wichtiger Teil von Authentizität, sich die eigenen Bedürfnisse und Gefühle klarzumachen und in sozialen Situationen offen und selbstbewusst dazu zu stehen. Das bedeutet aber natürlich nicht, die Bedürfnisse und Gefühle anderer Menschen zu ignorieren. Es macht den Kern der Authentizität aus, sein wahres Selbst im Umgang mit anderen offen zu zeigen. Das schließe aber nicht aus, dass man in bestimmten Situationen trotzdem bestimmte soziale Rollen übernehmen und sich an das entsprechende Umfeld anpassen könne, zum Beispiel durch ein professionelles und respektvolles Auftreten gegenüber Berufskolleg:innen.
Authentisch zu sein, ist also letztlich immer eine Gratwanderung zwischen der Treue zu sich selbst und dem gleichzeitigen Respekt vor den Werten und Gefühlen anderer Menschen. Es bedeutet, Respekt gegenüber anderen Ansichten und Positionen zu zeigen, ohne dabei die eigenen inneren Überzeugungen aufzugeben.
Authentisch sein: So gelingt es dir
Authentizität lässt sich also am besten lernen, indem du dich sowohl intensiver mit dir selbst als auch mit deinen Mitmenschen auseinandersetzt. So wirst du zum einen vertrauter mit deinen eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen. Zum anderen entwickelst du die Fähigkeit, diese Bedürfnisse offen zu kommunizieren, ohne dabei Menschen vor den Kopf zu stoßen und vermeidbare Konflikte auszulösen.
Folgendes kannst du tun, um in deinem Handeln und Auftreten authentisch zu sein:
- Werde dir klar darüber, wer du bist, was du kannst und wo deine Schwächen liegen. Sei dabei ehrlich zu dir selbst und blende auch negative Eigenschaften und Fehler nicht aus.
- Mache dir deine Wünsche und Bedürfnisse klar. Wenn du selbst genau weißt, was du willst, fällt es dir leichter, das nach außen hin zu kommunizieren.
- Gehe offen, aber höflich und respektvoll mit anderen Menschen um. Versuche nicht um jeden Preis, deine eigenen Bedürfnisse durchzusetzen, aber formuliere sie so klar und deutlich wie möglich. Wie du Kritikpunkte wirkungsvoll und konstruktiv anbringen kannst, liest du hier: Konstruktive Kritik: So äußerst du sie richtig.
- Angst vor Ablehnung ist nichts Ungewöhnliches oder Beschämendes, macht es aber nicht immer ganz einfach, zu sich selbst zu stehen. Meist richtet sich die Ablehnung aber gar nicht gegen dich als Person, sondern gegen einen Vorschlag, eine Position oder eine Aussage, die du vorgebracht hast. Indem du dir das klarmachst und versuchst, Kritik sachlich und nüchtern zu begegnen, kannst du deine Angst vielleicht vermindern. Mehr Tipps dazu bekommst du in diesem Artikel: Kritikfähigkeit: So lernst du, Kritik anzunehmen.
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