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Bürgerinitiative: Definition, Ziele und wie du dich beteiligen kannst

Bürgerinitiativen
Foto: CC0 / Pixabay / niekverlaan

Bürgerinitiativen sind eine Form der direkten politischen Teilhabe. Wie das demokratische Mittel funktioniert und wie du selbst aktiv werden kannst, erfährst du hier.

Was ist eine Bürgerinitiative?

Bei einer Bürgerinitiative handelt es sich, wie der Name schon sagt, um einen Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die sich angesichts konkreter Missstände Gehör verschaffen. Bürgerinitiativen sind damit ein demokratisches Mittel, um Politik unmittelbar zu beeinflussen und selbst Veränderungen herbeizuführen. Das unterscheidet sie auch von anderen indirekteren Formen der politischen Teilhabe, wie sie etwa in Parteien oder Verbänden stattfindet. Bürgerinitiativen sind damit basisdemokratisch, also vom Volk selbst ausgehend.

Grund für den Zusammenschluss ist ein konkretes Sachproblem, für das eine bestimmte Lösung gefordert wird. Dafür wenden sich die Akteur*innen selbst direkt an die zuständigen Behörden oder verantwortlichen Politiker*innen und üben öffentlichen Druck auf die Entscheidungsträger aus.

Da also ein konkretes Problem Ausgangspunkt für den Zusammenschluss ist, sind Bürgerinitiativen typischerweise zeitlich und thematisch begrenzt. Ist das Ziel erreicht (oder der Versuch dahingehend gescheitert), löst sich die Bürgerinitiative wieder auf. Im Gegensatz zu politischen Zusammenschlüssen in Parteien, in denen die Mitglieder durch gemeinsame Werte und langfristige politische Visionen verbunden sind, eint die Mitglieder einer Bürgerinitiative ein konkretes Anliegen, von dem sie alle persönlich betroffen sind.

Welche Ziele hat eine Bürgerinitiative?

Bürgerinitiativen sind meist auf kommunaler Ebene angesiedelt.
Bürgerinitiativen sind meist auf kommunaler Ebene angesiedelt.
(Foto: CC0 / Pixabay / cocoparisienne)

Bürgerinitiativen können sehr vielfältige Anliegen haben und politische, soziale oder ökologische Probleme thematisieren. Allen gemein ist jedoch, dass die Bürger*innen in der Regel persönlich betroffen sind und sich von den Behörden oder Politikern übergangen fühlen. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) treten knapp 60 Prozent aller Einzelinitiativen im soziokulturellen Bereich auf kommunaler Ebene auf. Konkret geht es dabei meist um Missstände in öffentlichen Lebensbereichen, die etwa folgende Themen betreffen:

  • Spielplätze
  • Kindergärten und Schulen
  • Verkehrs- und Stadtplanung
  • öffentliche Bauprojekte
  • Umweltschutz

Seit den 80er Jahren dominieren laut bpb vor allem umweltbezogene Bürgerinitiativen, die ihre Anfänge in der Atomkraftdebatte nahmen.

Bürgerinitiative gründen: Wie funktioniert das?

Für eine erfolgreiche Bürgerinitiative ist wirksame Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar.
Für eine erfolgreiche Bürgerinitiative ist wirksame Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar.
(Foto: CC0 / Pixabay / StartupStockPhotos)

Grundsätzlich kann jeder eine Bürgerinitiative gründen, da dafür keine bestimmte Organisationsform vorgeschrieben ist. Um eine Bürgerinitiative zu starten, genügt es, sich mit anderen zusammenzuschließen und mit dem Anliegen an die Öffentlichkeit zu treten. Aber auch alleine kannst du eine Bürgerinitiative gründen. Um eine Bürgerinitiative erfolgreich aufzubauen, solltest du folgende Punkte beachten:

  1. Ziel: Zunächst muss die Entscheidung zur Gründung einer Bürgerinitiative fallen. Egal, ob du als Einzelperson aktiv wirst oder bereits eine kleine Gruppe an Gleichgesinnten gefunden hast, brauchst du ein konkretes Ziel, das erreicht werden soll.
  2. Mitstreiter finden: Um möglichst viele Menschen zu erreichen, ist einiges an Öffentlichkeitsarbeit nötig. Dies geschieht meist über Flugblätter, Plakate, Pressemitteilungen oder Aufrufe über Social-Media-Kanäle. Dabei kommunizierst du dein konkretes Anliegen und rufst zum Mitmachen auf. Gleichzeitig werden Treffpunkt und Uhrzeit für ein Gründungstreffen bekanntgegeben, um so Mitstreiter zu finden. Bürgerinitiativen entstehen meist im lokalen Bereich als Reaktion auf akute Missstände oder Probleme. Es sollte nicht allzu schwierig sein, Gleichgesinnte vor Ort zu finden, die sich an dem Vorhaben beteiligen.
  3. Bürgerinitiative gründen: Beim Gründungstreffen wird über das Anliegen und das weitere Vorgehen der Bürgerinitiative informiert. Die Anwesenden tragen sich in eine Mitgliederliste ein. Auch wenn rechtlich keine feste Gründungsform vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich, zu Beginn eine Gründungsversammlung einzuberufen und ein Gründungsprotokoll aufzusetzen. Alternativ können Bürgerinitiativen aber auch innerhalb eines rechtlich klar definierten Rahmens aufgebaut werden. Das können zum Beispiel rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Vereine, Stiftungen des privaten Rechts oder BGB-Gesellschaften sein, für die laut bpb entsprechende formale und organisatorische Voraussetzungen nötig sind.
  4. Aktiv werden: Jetzt gilt es, das Ziel klar an die zuständigen Behörden oder Politiker zu kommunizieren. Wichtig dabei ist, medienwirksam zu arbeiten, um Druck auf die zuständigen Stellen aufzubauen. Dafür empfiehlt es sich etwa, eine Internetseite zu erstellen oder eigene Artikel in Bürgerzeitungen zu veröffentlichen. Je mehr Menschen mitmachen, desto größer wird der öffentliche Druck auf die Entscheidungsträger. Auch bei Presse und Rundfunk vor Ort kannst du anfragen, ob diese bereit sind, über das Anliegen der Initiative zu berichten.
  5. Netzwerk aufbauen: Nach und nach entsteht so ein Netzwerk an Unterstützern, die sich selbst koordinieren und das weitere Vorgehen planen. Auch Kontakte zu anderen Bürgerinitiativen oder lokalen Vereinen können wertvoll sein, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Wirf also regelmäßig einen Blick in die lokale Presse und verfolge lokale Geschehnisse – so verpasst du kein anstehendes Gründungstreffen einer Bürgerinitiative bei dir vor Ort.

Welche Mittel hat eine Bürgerinitiative?

Einer der wichtigsten Mittel von Bürgerinitiativen: Demonstrationen.
Einer der wichtigsten Mittel von Bürgerinitiativen: Demonstrationen.
(Foto: CC0 / Pixabay / dmncwndrlch)

In Bürgerinitiativen koordinieren sich die Bürger*innen selbst und finanzieren sich aus Spenden von Unterstützern. Viele Mittel, mit denen Bürgerinitiativen öffentlichen Druck ausüben, sind allerdings komplett kostenlos – dazu zählen:

  • Unterschriftenkampagnen
  • Plakataktionen
  • Demonstrationen und Sit-Ins
  • Leserbriefe und Pressemitteilungen
  • Petitionen (schriftliche Bitten oder Beschwerden an die zuständige Stelle)
  • Bürgerbegehren (und in Folge dessen Bürgerentscheide)

Zusätzlich werden teils auch nicht ganz legale Formen genutzt, wie Platzbesetzungen, unangemeldete Demonstrationen oder Verkehrsbehinderungen.

Wichtig bei der Arbeit in Bürgerinitiativen ist, viel Ausdauer mitzubringen. Bessere Chancen hat eine Bürgerinitiative, wenn sie parteiübergreifend aufgestellt ist. Wichtig ist zudem, dass du positiv und konstruktiv an die Sachlage herantrittst und eine gewisse Kompromissbereitschaft mitbringst. So können gemeinsame Lösungen mit den Behörden gefunden werden.

Bekannte Bürgerinitiativen: Beispiele für größere Erfolge

Bürgerinitiativen beeinflussten die öffentliche Meinungsbildung in der Atomkraft-Debatte.
Bürgerinitiativen beeinflussten die öffentliche Meinungsbildung in der Atomkraft-Debatte.
(Foto: CC0 / Pixabay / 50578)

Vor allem in den 70er Jahren waren Bürgerinitiativen weit verbreitet. So waren die Umweltinitiativen von 1972 Grundlage für den heute noch bestehenden „Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz“, der sich aus den Bürgerinitiativen heraus entwickelte. Nach Angaben der bpb waren 2008 120 Bürgerinitiativen Teil des Bundesverbands. Innerhalb dieses Zusammenschlusses wurden in den 70er Jahren zahlreiche Aktionen gegen Atomkraft durchgeführt. Sie waren im Zusammenhang mit den Atomkraftwerken Wyhl, Kalkar und Brokdorf sehr erfolgreich. Auch das Endlager Gorleben wurde aus diesem Grund nicht fertig gestellt. Damit trugen Bürgerinitiativen maßgeblich zum schrittweisen Atomausstieg bei, indem sie öffentlich Druck auf die Politik ausübten.

Wenngleich es einige Beispiele für solch große überregionale Initiativen gibt, sind die meisten Bürgerinitiativen deutlich kleiner und auf regionaler Ebene angesiedelt – aber deshalb nicht weniger erfolgreich. Nach Angaben der bpb sind diese Selbsthilfeinitiativen in rund 60 Prozent der Fälle (zumindest teilweise) erfolgreich.

Übrigens: Auch auf europäischer Ebene gibt es Bürgerinitiativen, über die du die EU-Politik beeinflussen kannst. Für eine Europäische Bürgerinitiative müssen innerhalb eines Jahres eine Million Unterschriften gesammelt werden, damit diese der Europäischen Kommission vorgelegt wird. Ein sehr erfolgreiches Beispiel dafür war die Europäische Bürgerinitiative gegen Käfighaltung.

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