Einem jungen Forschungsteam aus Hamburg ist es geglückt, einen Palmölersatz ohne Regenwaldzerstörung im Labor zu produzieren. Welche Prozesse dahinterstecken und was das Laboröl für die Zukunft bedeuten könnte, erfährst du hier.
Palmöl ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es steckt in Lebensmitteln, Kosmetik, Kerzen, Sprit und Reinigungsmitteln.Verglichen zu anderen Ölpflanzen ist Palmöl günstig und flächeneffizient. Dennoch hat die günstige Zutat einen hohen Preis: Die Monokulturen für Ölpalmen machen den Boden durch die ungünstige Anbauweise unfruchtbar. Deshalb lassen Konzerne nicht selten große Regenwaldflächen für neues Ackerland roden. Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und Düngemitteln belastet zusätzlich die Artenvielfalt.
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Und dann müssen Flugzeuge das Öl schließlich noch über weite Strecken bis nach Europa transportieren. Diesen Umweltproblemen stellt sich das Startup-Unternehmen Colipi. Auf der Basis von Melasse hat das Team „Palmöl“ direkt im Labor gezüchtet – ganz ohne Rodungen, Monokulturen und Pestizide.
Palmöl aus dem Labor: Was steckt dahinter?
Das Unternehmen Colipi besteht aus den vier jungen Wissenschaftlern Philipp Arbter, Jonas Heuer, Max Webers und Tyll Utesch der technischen Universität Hamburg. Gemeinsam hat die Gruppe daran gearbeitet, aus Zuckerrohrmelasse mithilfe von Hefen pflanzliche Öle zu züchten. Dabei kommt Fermentation im Sinne der zellulären Landwirtschaft zum Einsatz. Unter Laborbedingungen konnten die Laboröle bereits viele Funktionen des herkömmlichen Palmöls erfüllen.
Die Forscher erklären gegenüber der TAZ müsste man nicht zwingend Melasse nutzen. Auch viele andere Ausgangsstoffe, wie Reiskornhülsen oder Bananen- und Kartoffelschalen könnten sich eignen. So könnten Wissenschaftler:innen in fast jedem Land mit den vorhandenen regionalen biologischen Abfällen einen Palmöl-Ersatz herstellen.
Als Alternative zu Kraftstoff eignet sich das Labor-Palmöl jedoch nicht, da es die Spritpreise stark in die Höhe treiben würde. Jedoch könnte es herkömmliches Palmöl vor allem in Lebensmitteln und Kosmetik ersetzen, also zum Beispiel in Aufstrichen, Schokolade, Fertigprodukten, Shampoo oder Mascara. Auch als Futtermittel für Zuchtfische könnte es zum Einsatz kommen.
Mit Lebensmittel- und Kosmetikunternehmen möchte Colipi deshalb in Zukunft auch zusammenarbeiten. Bald folgt diesbezüglich die Pilotanlage – also der Zwischenschritt zwischen Labor und Großproduktion. Zudem plant das Startup eigene Anlagen.
Kritik: Geht’s nicht auch ohne Palmöl?
Doch wie nachhaltig ist das Palmöl aus dem Labor wirklich? Schließlich kommt es auch bei Fermentationsprozessen zum Ausstoß von CO2-Emissionen. Im Interview mit der TAZ machte der Co-Gründer Philipp Arbter dazu keine weiteren Aussagen, da das Start-Up gerade dabei sei, sich patentieren zu lassen. Zudem möchte das Team für die Produktion keinen Strom aus fossilen Brennstoffen nutzen. Damit würde sich die CO2-Bilanz des Endproduktes noch einmal drastisch verringern.
Im Artikel der TAZ kommt auch Gesche Jürgens von Greenpeace zu Wort. Laut ihren Einschätzungen müssten wir uns fragen, ob wir Palmöl wirklich 1:1 ersetzen müssen oder es nicht einfach weglassen können. Schokoaufstriche oder Fertigsuppen würden nicht gleich nachhaltiger und gesünder werden, nur weil kein herkömmliches Palmöl mehr drinsteckt. Sinnvoller wäre es, möglichst auf regionale, frische und unverarbeitete Lebensmittel in Bio-Qualität zu setzen. Dann bräuchten wir weder Palmöl noch seinen Labor-Ersatz.
Fazit: Wie sinnvoll ist das Colipi-Öl?
Im Kampf gegen Klimakrise und Artensterben braucht es intelligente Lösungsansätze, die uns zu einer nachhaltigeren Lebensweise führen. Klimafreundlichere Ersatzprodukte wie das Palmöl von Colipi sind dafür ein guter Ansatzpunkt. Jedoch dürfen wir dabei nicht vergessen, dass wir nicht immer so weitermachen können wie bisher und einfach nur hin und wieder problematische Substanzen ersetzen. Teilweise müssen wir auch lernen, unsere Lebensweise in bestmöglichem Einklang mit der Natur an Veränderungen anzupassen.
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