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Deglobalisierung: Was spricht dafür, was dagegen?

Deglobalisierung
Foto: CC0 / Pixabay / TheDigitalArtist

Globalisierung ist eine Entwicklung, die schon seit vielen Jahren zu beobachten ist. Mittlerweile gibt es aber auch eine Gegenentwicklung – die Deglobalisierung, die in letzter Zeit an Bedeutung gewinnt.

Der Begriff Globalisierung ist ein sehr bekannter und präsenter Begriff. Er bezeichnet die weltweite Verflechtung in Bereichen wie Wirtschaft, Politik und Kultur. Mittlerweile wird auch die Deglobalisierung immer präsenter, welche kurz gesagt die Umkehrung der Globalisierung ist. Wir haben hier für dich die Definition der Deglobalisierung sowie Argumente für und gegen sie zusammengefasst. Außerdem erfährst du, was die Politik dazu sagt.

Wie ist Deglobalisierung definiert?

Der Begriff Deglobalisierung ist als die Umkehrung der Globalisierung definiert. Es werden globale Verflechtungen sowohl auf wirtschaftlicher und kultureller als auch auf politischer Ebene rückgängig gemacht. Beim Prozess der Deglobalisierung werden somit länderübergreifende Strukturen und Beziehungen verringert. 

Staaten oder Staatenbündnisse, die diesen Kurs einschlagen, distanzieren sich dadurch von einer weiteren Weltmarktintegration. Dabei nehmen die internationalen Verflechtungen von Handelsströmen und Direktinvestitionen ins Ausland ab. Bei der Deglobalisierung wird zudem die Güterproduktion regionalisiert und auch dezentralisiert. Dies reduziert die Abhängigkeit von anderen Staaten oder Akteuren und führt zu weniger politischer Erpressbarkeit,  zum Beispiel in Bezug auf Rohstoffe, Energien und weitere Güter. Ein Beispiel für deglobalisierende Ereignisse ist der Brexit.

Das spricht für die Deglobalisierung

Die Corona-Pandemie spielt eine große Rolle bei der Deglobalisierung.
Die Corona-Pandemie spielt eine große Rolle bei der Deglobalisierung.
(Foto: CC0 / Pixabay / Dieterich01)

Die Deglobalisierung kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Es gibt unterschiedliche Untersuchungen und Meinungen dazu, wie die Entwicklungen der Deglobalisierung in Zukunft aussehen könnten. Zum einen hat sich die Karlsruher Universität mit dem Thema Deglobalisierung auseinandergesetzt. Sie haben unter der Leitung von Dr. Steffen Kinkel während der Corona-Pandemie eine Studie durchgeführt. Sie führten mit 655 produzierenden Unternehmen aus 16 Industrienationen eine Online-Umfrage durch. Diese Studie hat sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Lieferketten der Unternehmen auseinandergesetzt. Sie zeichnet einen Trend hin zur Deglobalisierung ab. Der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien, hat sich ebenfalls mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auseinandergesetzt. Er prognostiziert einen ähnlichen Trend bezüglich der Deglobalisierung.

Die Corona-Pandemie hat die globalen Lieferketten gestört. Das wiederum beeinflusste die Unternehmen in ihren Entscheidungen bezüglich ihrer Zukunft. Die Studie zeigt, dass einige Unternehmen hohe bis sehr hohe Störungen verzeichnet haben. Während andere Unternehmen nur mit geringen bis mittleren Störungen zu kämpfen hatten. Fünfzig Prozent der Unternehmen mit hohen bis sehr hohen Störungen planen Teile ihrer Produktion in den kommenden Jahren wieder zurück ins Inland zu verlegen. Bei den Unternehmen mit geringen bis mittleren Störungen waren es jedoch nur 15 Prozent.

Zudem hat sich noch ein anderer Trend abgezeichnet. So planen Länder wie die USA oder Deutschland bestimmte Produkte wieder im Inland zu produzieren. Zu diesen Produkten zählen Nahrungsmittel, Bekleidung, chemische und pharmazeutische Produkte. Sie wollen dadurch ihre Abhängigkeit von Indien und China reduzieren.

Zudem wird das sogenannte Dual-Sourcing beliebter. Das Dual-Sourcing beschreibt ein Produktionsmodell, dass die Produktion im In- und Ausland miteinander verbindet. Dies wird auch in anderen Entwicklungen widergespiegelt. Es sei weder eine weitere Globalisierung noch eine Deglobalisierung wahrscheinlich. Der Trend geht hin zu einer Mischform der beiden. Diese wird auch partielle Deglobalisierung genannt.

Das spricht gegen die Deglobalisierung

Die Deglobalisierung kann geopolitische Verbindungen noch weiter verstärken.
Die Deglobalisierung kann geopolitische Verbindungen noch weiter verstärken.
(Foto: CC0 / Pixabay / NakNakNak)

Es gibt aber auch eine Studie, die eine Deglobalisierung für eher unwahrscheinlich hält. Der Grund dafür sei, dass die Vernetzung unterschiedlicher Staaten und Unternehmen zu stark sind. Diese können nicht so einfach und schnell umgekehrt oder abgebaut werden. Zudem lassen sich auch in vielen Fällen Verbindungen regionaler Strukturen in den Produktionsgebieten beobachten. Laut dieser Studie sei es wahrscheinlicher, dass eine “verstärkte geopolitische Grabenbildung” entstehen wird.

Das heißt, dass sich eher rivalisierende Weltregionen wie die USA und China mit ihren Verbündeten zusammen tun werden. Sie würden dann ein sogenanntes friend-shoring betreiben. Es gäbe im Zuge dessen dann Verlagerungen von zum Beispiel Produktionsstätten und zwar in Länder, die als Partner angesehen werden. Die geographische Entfernung spielt dabei keine Rolle. Der Angriff Russlands auf die Ukraine scheint zu einer Verstärkung dieser Tendenzen beigetragen zu haben. Das könnte zu einer strategischen Neuausrichtung in Bezug auf die Produktionsstandorte sowie des Handels zu führen. Die gemeinsamen Interessen unterschiedlicher Staaten sowie Machtunterschiede können dabei große Auswirkungen haben.

Der Ökonom Raghuram G. Rajan hat diesbezüglich eine ähnliche Meinung. Er glaubt ebenfalls, dass die Globalisierung friend-shoring verstärken wird. Er denkt jedoch, dass Vereinbarungen zum Beispiel bezüglich des Klimawandels dadurch schwerer zu schließen sind. Dies könnte diesen noch weiter verschlimmern.

Das sagt die Politik zur Deglobalisierung

Auch die Politik äußert sich zum Thema Deglobalisierung und möchte diese verhindern.
Auch die Politik äußert sich zum Thema Deglobalisierung und möchte diese verhindern.
(Foto: CC0 / Pixabay / FelixMittermeier)

Auch in der Politik ist der Diskurs der Deglobalisierung angekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz äußert sich zu dem Thema beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

Scholz hat sich gegen die Deglobalisierung ausgesprochen. Er ist der Meinung, dass bei einer zunehmenden Deglobalisierung unterschiedliche Akteur:innen den Preis für die neu entstehenden Handelsschranken zahlen würden. Laut Scholz zählen zu diesen Akteur:innen die Arbeitnehmer:innen sowie die Verbraucher:innen. Scholz brachte zudem die positiven Aspekte der Globalisierung in der Vergangenheit an. Er sprach darüber, dass die höhere Arbeitsteilung, der Wissensaustausch und die weltweite Vernetzung dazu geführt haben, dass viele Menschen nicht mehr in Armut leben würden.

Er sagte außerdem auch, dass die Globalisierung und deren Zukunft anders gestaltet werden sollte. Sie sollte an Kriterien wie Nachhaltigkeit, Resilienz, Solidarität und Klugheit gemessen werden. 

Neben Scholz machen Robert Habeck und die FDP ähnliche Aussagen. Sie wollen ebenfalls die Deglobalisierung bremsen beziehungsweise dieser entgegenwirken. So sagte Habeck beim Wirtschaftsforum in Davos, dass offene Märkte und neue Handelsabkommen angebrachte Maßnahmen gegen die drohende Deglobalisierung seien. Auch die FDP stimmte dem zu. Jedoch konnte man gerade bei der FDP eine Tendenz zum friend-shoring erkennen. Die FDP betonte, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit von China verringert werden müsse, das CETA jedoch schnellstmöglich ratifiziert werden sollte.

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