Die E-Automarke Rivian ist noch ganz neu am Markt und gilt trotzdem schon als große Tesla-Konkurrentin. Warum das so ist und ob wir bald alle Rivian fahren – wir haben es uns angesehen.
Seit dem größten Börsengang in der Geschichte der Elektroautobauer Mitte November hat Rivian deutlich an Bekanntheit zugenommen. Das amerikanische Unternehmen ist nun rund 76 Milliarden Dollar wert – mehr als BMW. Dabei hat das E-Auto-Start-up gerade mal zwei Autos entwickelt und bisher etwa 300 Pickup-Trucks an US-Kund:innen ausgeliefert. Woher kommt die Zuversicht der Anleger:innen, dass ausgerechnet Rivian der größte Tesla-Konkurrent ist?
Investor:innen setzen auf die elektrische Zukunft
Der Verbrennungsmotor wird in der Automobilindustrie (zumindest bei PKWs) weitgehend durch Strom ersetzt werden – dies ist mittlerweile allen klar. Während die großen Automobilhersteller mehr oder weniger schnell umrüsten, konnte sich das amerikanische Unternehmen Tesla schnell an die Spitze neuer Autobauer katapultieren, die ausschließlich Elektro-Autos fabrizieren. Die Erfolgsstrategie von Tesla: Ein E-Auto zu fahren ist nicht vernünftig und korrekt, sondern es ist high-tech, cool und macht Spaß.
Jetzt suchen Investor:innenen nach dem nächsten Erfolgsschlager – und dieser soll Rivian sein.
Rivian: mitfinanziert von Amazon
Das Elektroauto-Start-up Rivian wurde bereits 2009 von Robert „RJ“ Scaringe gegründet und ist im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups sehr fortgeschritten. Es gibt bereits funktionsfähige Fabriken in Illinois und Kalifornien, Rivian hat drei Standorte in Kalifornien, einen in Michigan, einen in England und einen in Kanada.
Obwohl Rivian aufgrund hoher Investitionen noch in den roten Zahlen steckt, verfügt es über mehrere Milliarden an Finanzmitteln. Ein großer Investor ist Ford – doch der wichtigste ist Amazon. Jeff Bezos‘ virtueller Marktplatz hält nach eigenen Angaben 20 Prozent am Unternehmen Rivian.
Amazon verfolgt hierbei nicht nur ein reines Investment-Interesse: So soll der Elektroautobauer Amazon helfen, die Lieferfahrzeuge des Konzern bis 2030 auf Elektroantrieb umzustellen. Der Verkaufsstart eines E-Lieferwagens soll kommendes Jahr sein und Amazon hat bereits 100.000 davon bestellt.
Jeff Bezos jagt Elon Musk
Fun Fact: Amazon-Chef Jeff Bezos gehört auch das Raumfahrtunternehmen Blue Origin und Tesla-Chef Elon Musk bekanntlich SpaceX. Im August hat Blue Origin Klage gegen die US-Regierung eingereicht, weil diese den Milliarden-Auftrag zum Bau einer NASA-Mondlandefähre an SpaceX vergeben hatte. Als Grund für die Klage nennt Blue Origin „Fehler“ im Vergabeverfahren.
Auch Rivian und Tesla streiten sich seit Sommer 2020 vor Gericht. Tesla wirft Rivian Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen vor – was Rivian strikt bestreitet.
Die Prozesse im Hintergrund drücken klar aus: Rivian und Amazon wollen Tesla den Thron streitig machen. Ob ihnen das gelingen wird, wird natürlich in erster Linie vom Erfolg ihrer Produkte abhängen.
Der Rivian Pickup-Truck R1T verspricht ein Erfolgsmodell zu werden – in den USA
Mit der Entwicklung seines ersten E-Fahrzeugs scheint Rivian jedenfalls ein gutes Gespür für den US-Markt bewiesen zu haben. Der Pick-Up „R1T“ ist über 5,50 Meter lang, fast 2,10 Meter breit, hat ein Leergewicht von über 2,6 Tonnen und verfügt über Allrad-Antrieb. Während solche Riesen-Kutschen in der DACH-Region weniger populär sind (in Deutschland dominiert der VW Golf) führen in den USA gleich drei Pickup-Modelle die Verkaufslisten an.
Tesla hat zwar auch schon einen Truck angekündigt, den Cybertruck, doch gibt es mit der Produktion Verzögerungen und die Fabrik dafür ist noch nicht eröffnet. Somit konnte Rivian Tesla zuvorkommen. Rund 55.000 der R1T-Trucks sind vorbestellt und die Auslieferung hat bereits begonnen.
Auch bei der Reichweite kann Rivian punkten. Mit nur einer Batterieladung soll das Fahrzeug bis zu 640 Kilometer weit kommen. Gefährlich nah an Tesla, denn das Tesla Model S gilt mit einer Reichweite von 645 Kilometern als führend.
Neben dem Pickup-Truck R1T hat Rivian auch noch einen SUV entwickelt, den R1S, welcher für den europäischen Markt etwas interessanter sein könnte als ein Truck. Auch er ist aber noch über 5 Meter lang und hat ein Leergewicht von über 2,6 Tonnen. Beide Modelle sollen in den USA ab etwa 70.000 Dollar (rund 62.000 Euro) erhältlich sein.
Kommt Rivian nach Europa?
Derzeit ist noch nicht klar, ob und wann Rivian überhaupt nach Europa kommt. Das Unternehmen verkündete zwar im Juli, dass man ab 2022 auf den europäischen Markt wolle, doch sind diese Pläne noch nicht konkret.
Vorerst ist Rivian also zumindest in Europa noch kein echter Konkurrent für Tesla. Doch der große Hype um den neuen E-Autobauer zeigt, dass es ihm für die Zukunft zugetraut wird. Durch die Reichweiten-starken Modelle, bekannte Investoren und die bereits aufgebaute Infrastruktur ist das Unternehmen zumindest gut aufgestellt. Ob seine bisherigen Modelle außerhalb der USA Fans finden werden oder aber ganz neue Rivian-Autos auf dem europäischen Markt eine Chance haben, wird sich zeigen müssen.
Als vielversprechend gilt übrigens auch das Unternehmen Lucid, dessen größter Anteilseigner ein Pensionsfonds aus Saudi-Arabien ist. Bald soll das Luxus-Elektroauto „Lucid Air Dream“ mit fast 1100 PS auf den Markt kommen. Weitere Start-ups wie Fisker oder Canoo sind noch wesentlich weniger konkret. Noch sitzt also Tesla fest auf dem Thron.
Wie nachhaltig ist Rivian?
Bei Elektro-Autos gilt das gleiche Prinzip wie bisher bei Verbrennern: Je größer das Auto, desto höher der Verbrauch. Ein Kleinwagen ist energiesparender und effizienter als ein Pick-Up. Insofern sind zumindest die aktuellen Modelle von Rivian nicht wirklich nachhaltig – trotz E-Antrieb.
Nachhaltiger als ein vergleichbares Modell mit Diesel- oder Benzinmotor sind sie dennoch. Der CO2-Ausstoß von E-Fahrzeugen ist zwar nicht gleich Null (denn auch im Strommix, den das Auto „tankt“ sind CO2-Emmissionen enthalten und in der Produktion sowieso). Generell stehen Elektro-Autos aber in der Umweltbilanz deutlich besser da als Auspuff-Fahrzeuge.
Allerdings sind besonders große PKW wie diejenigen, die Rivian aktuell plant, nicht nur weniger energieeffizient – sie brauchen auch extrem viel Platz auf den Straßen und Parkplätzen. Die Verkehrsinfrastruktur in Europa ist nicht für so große Fahrzeuge ausgelegt, weshalb sie mit kleineren Autos, Fahrrädern und Fußgänger:innen um Platz konkurrieren. Noch mehr Parkplätze für immer größere Autos, das klingt nicht nach einer zukunftsweisenden Gestaltung des öffentlichen Raums. Dazu kommt, dass diversen Studien zufolge die Gefahr für Fußgänger:innen, bei einem Unfall von SUVs schwer verletzt zu werden, besonders hoch ist.
Ein Elektroantrieb allein also macht ein Auto noch lange nicht nachhaltig – kleine Wagen sind immer die bessere Wahl. Und wer komplett auf ein Auto verzichten kann, tut das Beste für sich und Umwelt.
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