Eine SWR-Doku deckt auf, dass Modekonzerne das Licht in Umkleidekabinen dafür nutzen, um Kund:innen zum Kauf zu bewegen. Wie der Trick funktioniert und wie du dich dagegen wehren kannst, erfährst du hier.
Hast du auch schon mal ein Kleidungsstück gekauft und dann bemerkt, dass es zu Hause plötzlich ganz anders aussah als in der Umkleidekabine? Damit bist du nicht allein! Eine Marktcheck-Dokumentation vom SWR zeigt, dass Konzerne das Licht in Umkleidekabinen gezielt einsetzen, um ihren Kund:innen ein bestimmtes Gefühl zu vermitteln. Doch nicht nur die Position des Lichts, sondern auch die Farbtemperatur, die Krümmung des Spiegels und sogar der Duft spielen bei den Verkaufsstrategien eine Rolle.
Licht in Umkleidekabinen: Zwei Verkaufsstrategien
Der Verkaufspsychologe Matthias Niggehoff erklärt gegenüber dem SWR, dass Unternehmen grundsätzlich zwei verschiedene Strategien nutzen, um Kund:innen zum Kauf zu bewegen:
- Sie wollen entweder in der Umkleidekabine eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Diese soll zum Verweilen einladen und das Wohlbefinden der Kund:innen steigern.
- Umgekehrt gibt es jedoch auch Läden, die bewirken wollen, dass sich Kund:innen in der Umkleidekabine so gar nicht wohlfühlen und die Kabine relativ schnell wieder verlassen. Auf diese Weise wollen sie dafür sorgen, dass in kurzer Zeit möglichst viele Menschen durch die Kabinen gehen.
Die Strategie der Wohlfühlatmosphäre wird etwa von H&M verfolgt. In ihren Kabinen kommt das Licht in der Regel von vorn. Dies ist laut Niggehoff optimal, da auf diese Weise Gesicht und Körper gut ausgeleuchtet werden. Die Kleidung ist dadurch auch besser sichtbar.
In den meisten Kabinen, wie etwa auch bei Galeria Kaufhof, kommt das Licht jedoch von oben. Dadurch entstehen Schatten, die häufig ungünstig auf das Gesicht fallen und uns demnach eher ein schlechtes Gefühl vermitteln. Durch die Schatten können wir zudem die Kleidung weniger gut sehen, sodass wir eventuelle Makel nicht bemerken.
Umkleidekabinen: Farbtemperatur, Spiegel und Duft
Neben der Position des Lichtes ist auch die Farbtemperatur ausschlaggebend. Im SWR-Marktcheck stellt sich zum Beispiel heraus, dass in den Kabinen von PRIMARK ein eher kaltes Licht herrschte. Laut Niggehoff verfolgt der Konzern damit die zweite Strategie, nach der Kund:innen möglichst schnell die Kabine wieder verlassen sollen. Denn im kalten Licht fühlen wir uns weniger wohl und nehmen in unserem Gesicht etwa auch mehr Makel wahr.
Ist das Licht hingegen eher warm, fühlen wir uns häufig wohler. Auch das Gesicht und der Teint sehen ebenmäßiger aus. Dies ist dementsprechend Teil der Wohlfühlstrategie.
Auch der Spiegel gehört zu den vielfältigen Tricks von Modekonzernen dazu. So beeinflusst die Krümmung des Spiegels, wie schlank oder dick wir uns wahrnehmen. Als Teil der Wohlfühlstrategie verwenden Läden etwa bewusst Spiegel, die uns schlanker aussehen lassen. Laut Niggehoff führt das häufig dazu, dass wir annehmen, das entsprechende Kleidungsstück würde uns „schlanker machen“.
Nicht zuletzt beeinflusst auch der Duft unser Einkaufsverhalten. C&A verwendet etwa neuerdings verstärkt einen Zitrus-Duft. Dieser führt laut Niggehoff dazu, dass unser Körper Dopamin, das sogenannte „Glückshormon“, freisetzt. Das Hormon bewirkt, dass wir uns wohler und ausgeglichener fühlen. Dieses wohlige Gefühl verbinden Menschen dann schnell mit der anprobierten Kleidung und sind eher gewillt, diese auch zu kaufen.
Tipps: So fällst du nicht auf Umkleide-Tricks herein
Wenn Konzerne so vielfältige Tricks einsetzen, um uns zum Kauf zu bewegen, können wir dann überhaupt noch ausgewogene Kaufentscheidungen treffen? Laut Schneidermeisterin Sabrina Hey ist das durchaus möglich. Sie empfiehlt gegenüber dem SWR folgende Tipps:
- Nimm eine Begleitperson mit, die dich in der Umkleide beraten kann.
- Alternativ kannst du dein Handy verwenden und die Selfie-Kamera als zusätzlichen Spiegel nutzen. So kannst du dich etwa auch aus unterschiedlichen Positionen fotografieren.
- Auch das Licht oder die Taschenlampenfunktion des Handys kannst du verwenden, um das jeweilige Licht in der Umkleide auszugleichen.
- Achte darauf, dass du nicht zu nah vor den Spiegel gehst, sondern gehe lieber ein paar Schritte zurück und begutachte dich aus dieser Perspektive.
- Schaue nicht nur in den Spiegel, sondern auch von oben an dir herunter. So bekommst du eher ein Gefühl dafür, ob du dich in dem Kleidungsstück auch wirklich wohlfühlst.
- Achte darauf, dass du vor dem Shopping-Trip ausreichend getrunken und gegessen hast. Sind wir durstig und hungrig, fällt es uns grundsätzlich schwerer, überlegte Entscheidungen zu treffen.
Tipp: Um die Tricks der Modekonzerne grundsätzlich zu umgehen und gleichzeitig Geld und Ressourcen zu sparen, kannst du Kleidertauschpartys veranstalten. In diesem Rahmen kannst du unter Freund:innen Kleidungsstücke tauschen und Spiegel, Licht und Geruch selbst bestimmen. Alternativ empfehlen sich Flohmärkte oder unabhängige Second-Hand-Läden. Beim Kauf von neuer Mode raten wir grundsätzlich zu Fair Fashion, um zu garantieren, dass bei der Herstellung der Kleidung Menschenrechte eingehalten wurden.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Slow Fashion: Ein Konzept für bessere Mode
- Thrift Fashion: 5 Influencer:innen, die zeigen wie Second-Hand-Mode geht
- Gebrauchte Kleidung verkaufen: 4 Tipps, wo das am besten geht
War dieser Artikel interessant?