Dosen-Recycling soll die Umwelt schonen und eigentlich ganz einfach sein. Wir erklären dir, warum die Sache doch etwas komplizierter ist und welche Geschäfte mit den Dosen gemacht werden.
Seit dem ersten Januar 2003 gibt es in Deutschland das Pfandsystem für Dosen und Plastikflaschen, während diese Einwegverpackungen davor vom Pfandsystem ausgenommen waren. Die Idee dahinter war, sowohl Plastikflaschen- als auch Dosen-Recycling großflächig besser regeln zu können. Die Theorie dahinter: Wer dazu aufgefordert wird, Pfand zu zahlen, fordert im Normalfall sein Geld wieder zurück.
Mehrweg-Getränkebehälter werden mehrmals genutzt: Glas und besonders stabile Plastikflaschen werden gereinigt und bis zu 50 mal neu befüllt. Das Pfand beträgt acht oder 15 Cent. Bei Einwegdosen und -flaschen muss jedes mal ein neuer Behälter produziert werden.
Um eine Einwegverpackung zu erkennen und damit du sie zurückgeben kannst, ist diese mit dem DPG-Logo (Deutsche Pfandsystem GmbH) und einem Strichcode ausgezeichnet. Der Pfandbetrag für Einwegbehälter beträgt 25 Cent.
Ein Händler, der pfandpflichtige Getränke verkauft, muss genau diese auch wieder annehmen. Das heißt: Wer Einwegflaschen oder -dosen anbietet, muss auch Einwegflaschen oder -dosen zurücknehmen. Die einzige Ausnahme sind laut Verbraucherzentrale Läden unter einer Ladenfläche von 200 Quadratmetern. Sie müssen ausschließlich die von ihnen verkauften Marken wieder annehmen. Deine Pfandbons gelten laut Verpackungsgesetz für drei Jahre.
Doch hatt sich dieses System in Bezug auf Dosen-Recycling bewährt?
Dosen-Recycling: Wie es funktioniert und Kritik
Getränkedosen bestehen aus Aluminium und Weißblech. Die Dosen werden folgendermaßen recycelt:
- Ein Magnet trennt die Dosen von PET-Flaschen.
- Die Dosen werden zu Paketen gepresst, geschreddert und entzinnt.
- Da Entzinnungsanlagen in Deutschland wegen der geringen Menge keinen großen Profit aus den Dosen schlagen können, müssen diese laut der TU Berlin im Ausland entzinnt werden, was weitere Transportwege bedeutet.
- Nun werden sie von Verunreinigungen wie Lacken und Farben befreit.
- Danach werden sie zu Rohstahl beziehungsweise Aluminiumschrott eingeschmolzen.
- In sogenannte „Brammen“ gegossen, wird der Stahl warmgewalzt.
- Danach werden sie kaltgewalzt und erneut verzinnt, damit sich das neue Weißblech wieder bedrucken lässt.
Doch nicht immer verläuft das Dosen-Recycling so reibungslos. Tatsächlich können Dosen nicht vollständig recycelt werden: Beim Recycling geht immer ein Teil des Materials verloren oder kann wegen Legierungsbestandteilen oder Verunreinigungen nicht für andere Zwecke verwendet werden. Laut Verbraucherzentrale werden sowohl Flaschen als auch Dosen oftmals gar nicht erst zurückgenommen: Wenn sie zu stark eingedrückt sind oder das Etikett fehlt, verweigern viele Händler*innen die Rücknahme.
Aluminium aus dem Dosen-Recycling landet laut der Deutschen Umwelthilfe fast ausschließlich in anderen Produkten wie zum Beispiel Werkzeugen oder Gussteilen. Ein geschlossener „Dosen-Recycling-Loop“ besteht hier also nicht. Bei einer neuen Dose muss immer Neumaterial zugemischt werden. Ein Großteil wird aus neuem Weißblech (Eisen), Zinn und Aluminium-Rohstoff hergestellt, welche nicht unproblematisch sind.
Darüber hinaus gibt es nur wenige Abfüllstandorte in Deutschland für Dosen. Diese zusätzlichen Transportwege schaden dem Klima erneut, denn sie haben einen hohen CO2-Fußabdruck.
Pfandschlupf: Ehrliches Dosen-Recycling oder Geldmacherei?
Die Verbraucherzentrale nennt Einweg-Getränkeverpackungen sogenannte „Umweltflops“. Sie meint, dass PET-Flaschen und Dosen das Klima am stärksten belasten – nicht trotz, sondern wegen des Einweg-Pfandsystems:
- Für Einzelhändler sind Einwegverpackungen wie Dosen meistens lukrativer als Mehrwegverpackungen, da sie erstere nicht reinigen und neu befüllen müssen. Dadurch gibt es immer weniger Mehrweg-Pfand.
- Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) geht noch weiter und meint, dass die Händler und Getränkeabfüller sogar von dem Pfandsystem profitieren: Jede Pfanddose und -flasche, die du nicht zurückbringst, bringt ihnen 25 Cent ein. Hierbei handelt es sich um den sogenannten „Pfandschlupf“. Laut NABU haben sowohl Einwegabfüller als auch der Einzelhandel durch den Pfandschlupf im Jahre 2015 circa 180 Millionen Euro eingenommen.
- Doch nicht nur das: Mit dem Pfandsystem umgehen die Händler ihre übliche Beteiligung am Dualen System pro Verpackungsmenge (wie zum Beispiel beim Grünen Punkt). So müssen sie nicht für das Recycling der Dosen in deinem Hausmüll aufkommen, falls du die Dosen nicht zurückbringst.
- Ging der Verkauf von Dosen nach der Pfandeinführung im Jahre 2003 noch kurzzeitig von sieben Milliarden auf 300 Millionen runter, so stieg er mit dem Jahren immer weiter. Heute feiert die Dose ihr „Comeback“: Im Jahre 2018 waren es laut FAZ ganze 3,5 Milliarden. Sowohl Bier und die Popularität von Energy-Drinks seien daran Schuld.
Dosen-Recycling: Warum schon die Aluminiumproduktion problematisch ist
Die Deutsche Umwelthilfe und der Verein Rettet den Regenwald betonen, wie schädlich der Abbau von Aluminium sowohl für die Natur als auch für Arbeiter*innen und indigene Völker ist:
- Arbeiter*innen müssen unter Tage, um den Rohstoff „Bauxit“ abzubauen, was sehr gefährlich sein kann.
- Für die Hauptabbaugebiete in Südamerika (im Amazonas) und China schwinden Regenwälder und andere Landschaften. Zum Teil müssen auch die Siedlungen indigener Völker weichen.
- Die Gewinnung von Aluminium benötigt mehr Energie als die Herstellung von Plastik. Das Gleiche gilt für das Dosen-Recycling. Laut Rettet den Regenwald sind 14.000 Kilowattstunden Strom nötig, um eine Tonne Rohaluminium zu gewinnen.
- Für diesen Energiebedarf werden gigantische Wasserkraftwerke benötigt, für die Flüsse aufgestaut oder umgeleitet werden müssen.
- Beim Transport des Rohstoffs können sogenannte Erzstäube (Aluminium-Ionen) in die Umwelt gelangen und giftig für Tiere und Pflanzen sein.
- Die Dosen brauchen verhältnismäßig viel Verpackungsmaterial, da sie meist weniger Inhalt haben als PET-Flaschen.
Dosen-Recycling: Was sich ändern muss
Alle genannten Verbände fordern in Anbetracht der schlechten Umweltbilanz von Dosen-Recycling, dass der Marktanteil der Mehrwegflaschen ansteigt und dass Einwegdosen und -flaschen am besten gar nicht mehr verkauft werden.
Auch wenn Mehrwegflaschen schwerer sind, haben sie selbst bei längeren Transportwegen am Ende trotzdem eine bessere Energiebilanz. Mehrwegflaschen, die in der Region abgefüllt werden, verbrauchen noch weniger Rohstoffe und Transportenergie. Auch eine Normierung der Flaschen (wie zum Beispiel die Perlenflasche beziehungsweise Normbrunnenflasche) hilft laut Verbraucherzentrale dabei, sie nicht zu speziellen Produzenten transportieren zu müssen, die weiter weg sind.
Dennoch sind vor allem die Händler*innen gefragt: Discounter führen in der Regel keine Mehrwegpfandsysteme. Für Menschen, die keinen anderen Supermarkt in ihrer Nähe haben, ist der Kauf von Mehrwegflaschen deshalb umständlich.
Der NABU fordert diesbezüglich eine Getränkeverpackungssteuer. Damit sind nicht mehr die Verbraucher*innen die Verlierer und die Händler*innen können keinen Eigennutz mehr aus dem Einwegsystem ziehen.
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