Bei einem Filmriss kannst du dich entweder an mehrere Stunden oder zumindest an gewisse Phasen nicht mehr erinnern. Was dabei in deinem Gehirn passiert, erfährst du hier.
Trinken wir große Mengen an Alkohol, kann es passieren, dass wir am nächsten Morgen aufwachen und uns kaum noch an den vorherigen Abend erinnern können. Das nennt man Filmriss oder auch Blackout. Wir wissen dann nicht mehr, was wir in bestimmten Situationen gesagt oder getan haben und empfinden deshalb eventuell Scham und Unsicherheit.
Je nachdem, an wie viel wir uns noch erinnern können, unterscheidet man laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) den vollständigen und den fragmentarischen Filmriss. Bei ersterem kann sich eine Person an den gesamten Abend nicht mehr erinnern. Im zweiten Fall fehlen nur bestimmte Phasen des Abends.
Der Suchtmediziner und Facharzt für Psychatrie und Psychotherapie Andreas Jähne erklärt, dass manche Erinnerungsfetzen auch erst ein paar Tage später zurückkehren. Welche Erinnerungen jedoch wiederkehren, ist reiner Zufall. Manche sind für immer verloren.
Doch welche Vorgänge laufen bei einem Filmriss eigentlich im Gehirn ab?
Filmriss: Eine besondere Form der Amnesie
Laut Andreas Jähne wirkt ein Filmriss in Folge von Alkoholkonsum ähnlich wie eine Ohnmacht: Unser Gehirn ist sediert, also nur gemindert funktionsfähig und kann keine neuen Informationen abspeichern. Dem Wissenschaftsmagazin Spektrum zufolge handelt es sich dabei aus medizinischer Sicht um eine temporäre anterograde Amnesie. Das bedeutet, für einen begrenzten Zeitraum kann unser Gehirn keine neuen Erinnerungen bilden, da es das Erlebte nicht abspeichern kann.
Der Gegensatz dazu ist die sogenannte retrograde Amnesie. Dabei bildet unser Gehirn Erinnerungen und speichert diese auch ab. Betroffenen fehlt jedoch der Zugang zu diesem Erinnerungsspeicher. Da sich bei einem Alkoholexzess jedoch keine Erinnerungen im Kurzzeit– und erst recht nicht im Langzeitgedächtnis bilden, können Betroffene die verlorenen Erinnerungen auch nicht mehr zurückholen, so die BZgA.
Dass nach ein paar Tagen doch noch ein paar Erinnerungsfetzen zurückkehren, liegt daran, dass sich die Wirkung des Alkohols während des Trinkens langsam aufbaut. Laut Suchtmediziner Jähne gibt es dabei einen Graubereich, in dem Informationen teilweise schon nicht mehr im Gehirn ankommen, aber es einige Erinnerungen noch abspeichern kann. Dass das Gehirn schon nicht mehr richtig arbeitet, merken Betrunkene dabei anfangs meist nicht.
So entsteht ein Filmriss: Abläufe im Gehirn
Warum und auf welche Weise ein Filmriss entsteht, ist noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Klar ist jedoch, dass dabei Vorgänge im Hippocampus gestört werden, so Spektrum. Der Hippocampus ist ein Hirnareal, das für die Erinnerungsbildung und -speicherung, aber auch für die Abrufung dieser Erinnerungen zuständig ist. Zudem ist es aktiv, wenn wir Neues lernen.
Für die Bildung von Erinnerungen werden normalerweise Informationen zwischen Nervenzellen (Neuronen) übertragen. Dies geschieht über die Synapsen. Alkohol stört die Aktivität der Synapsen, sodass keine Übertragung stattfinden kann. Dass die Synapsen nicht mehr richtig arbeiten können, liegt laut Spektrum daran, dass sich in Folge des Alkoholkonsums die Aktivität gewisser Rezeptoren und Hormone verändert.
Lange Zeit nahmen Forschende übrigens an, ein Filmriss entstehe, weil Alkohol Nervenzellen abtötet. Heute weiß man, dass das nicht stimmt. Trotzdem kann Alkohol Nervenzellen und damit auch unser Gedächtnis langfristig schädigen.
Wie gefährlich ist ein Blackout?
Ab welcher Menge Alkohol es zu einem Filmriss kommt, ist pauschal nicht feststellbar, sondern hängt von individuellen Faktoren ab. Laut der BZgA zeigen Forschungen, dass das Risiko für einen Filmriss höher ist, wenn Personen in kurzer Zeit sehr viel Alkohol zu sich nehmen. Ab etwa 1,5 Promille im Blut steigt die Wahrscheinlichkeit erheblich. Deshalb ist ein Filmriss in jedem Fall ein sicheres Zeichen für einen gesundheitsschädlichen Alkoholexzess.
Alkohol schadet laut Jähne dabei nicht nur deinen Nervenzellen und deinem Gedächtnis, sondern auch deiner Leber und anderen Organen. Nicht zuletzt lauern auch kurzfristig weitere Gefahren, wenn dein Gehirn nicht richtig funktionsfähig ist. So steigt laut Suchtmediziner Jähne etwa die Gefahr, dass du dich aufgrund deiner eingeschränkten Wahrnehmung verletzt, unterkühlst, Unfälle verursachst oder anderen Menschen schadest. Ein Filmriss ist deshalb immer mit hohen kurz- und langfristigen Risiken verbunden.
Um ihn zu vermeiden, gilt deshalb: Trinke weniger! Behalte deinen Alkoholkonsum im Auge und trinke an einem Abend zwischendurch regelmäßig nicht-alkoholische Getränke. Um deinen Alkoholkonsum langfristig zu reduzieren oder zu hinterfragen, kann auch ein alkoholfreier Monat (etwa der Dry January) sinnvoll sein. Weitere Hinweise und Infos dazu findest du hier: Weniger Alkohol trinken: Mit diesen Tipps schaffst du es.
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