Flüssigholz besteht aus natürlichen Materialien, hat aber kunststoffähnliche Eigenschaften. Damit ist das Material eine mögliche Alternative zu erdölbasiertem Kunststoff.
Heutzutage übliche Kunststoffe wie Polyester haben zwei entscheidende Nachteile:
- Sie basieren auf Erdöl und
- wenn sie sich zersetzen, entsteht Mikroplastik.
Folglich suchen Wissenschaftler schon länger nach nachhaltigen Alternativen zu herkömmlichem Plastik.
Ein möglicher Kandidat ist Holz. Das klingt erstmal seltsam, schließlich hat Holz ganz andere Eigenschaften als Plastik. Doch mit der richtigen Verarbeitung und den passenden Zusätzen lässt sich aus Holz tatsächlich ein Material herstellen, das man wie Kunststoff erwärmen, in Form gießen und aushärten lassen kann. Aufgrund dieser Eigenschaft bezeichnet man das Material als „Flüssigholz“.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Flüssigholz:
- Flüssigholz aus Holzmehl oder -spänen und
- Flüssigholz aus dem Holzbestandteil Lignin.
Zwei Arten Flüssigholz
Als Beispiel für Flüssigholz auf Basis von Holzmehl oder -spänen nennt die FH Kaiserslautern das Material „Fasal“, das am Interuniversitären Forschungsinstitut für Agrarbiotechnologie (IFA) in Tulln bei Wien entstanden ist. Es basiert auf
- 50 Prozent Holzspänen oder -mehl (je nach gewünschter Verarbeitungsart),
- cellulosereichen Fasern wie Hanf oder Flachs und
- Stärke oder Proteinen als Bindemittel.
Lignin ist neben Cellulose einer der wichtigsten Bestandteile von Holz. Da Lignin viele verschiedene Polymere enthält, ist der Stoff eine potentielle Quelle für Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen. Forscher*innen des Fraunhofer Instituts für chemische Technologie haben schon vor etwa 30 Jahren auf Basis von Lignin ein Flüssigholz namens „Arboform“ entwickelt. Genau wie Fasal enthält Arboform neben Holzbestandteilen auch cellulosereiche Fasern wie Hanf.
Flüssigholz als Plastikersatz
Flüssigholz hat laut der FH Kaiserslautern in vielen Belangen plastikähnliche Eigenschaften und lässt sich auch wie dieses verarbeiten. Wie die Stadt Würzburg in einer Publikation beschreibt, entsteht aus Lignin bei etwa 170 Grad eine zähflüssige Masse. Diese kann man mit stabilisierenden Fasern mischen, heiß in Form gießen und aushärten lassen.
Die Erfinder des Flüssigholzes Arboform wurden 2010 vom Europäischen Patentamt als „Erfinder des Jahres“ ausgezeichnet. Dem Kulturmagazin „Cicero“ zufolge findet das Material inzwischen vielfältige Verwendung, beispielsweise für
- Musikinstrumente,
- Becher,
- Kuchenformen,
- Sonnenbrillen und
- Kosmetikfläschchen.
Laut der FH Kaiserslautern eignet sich Flüssigholz darüber hinaus gut
- als Furnier-Ersatz bei Auto-Armaturen,
- für Gehäuse von Elektrogeräten,
- für Möbel und
- für Spielzeuge.
Flüssigholz ist also vielseitig und kann vor allem Hartplastikprodukte ersetzen. Zumindest Arboform ist der FH Kaiserslautern zufolge auch nicht teurer als hochwertiger Kunststoff. Als Hauptkritikpunkt am Flüssigholz nennt die FH, dass es spröder ist als herkömmliches Plastik.
Produkte aus Lignin-basiertem Flüssigholz findest du beispielsweise im Avocadostore**.
Wie nachhaltig ist Flüssigholz?
Nachhaltigkeit ist ein Hauptgrund für die Suche nach Plastikalternativen. Erfüllt Flüssigholz diesen Anspruch?
- Flüssiges Holz wird als Biokunststoff verwendet. Anders als Bioplastik aus Maisstärke oder Milchsäure basiert der Stoff aber nicht auf Lebensmitteln, steht also nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion.
- Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, auf der anderen Seite ist der Abbau nicht immer nachhaltig. Für nachhaltiges Flüssigholz ist es wichtig, dass dieses auf Holz aus nachhaltiger heimischer Forstwirtschaft basiert. Lignin-basiertes Flüssigholz hat im Bezug auf den Rohstoff einen großen Vorteil: Lignin ist ein Abfallprodukt der Papierindustrie – jährlich entstehen etwa 50 Millionen Tonnen weltweit.
- Der FH Kaiserslautern zufolge ist Flüssigholz grundsätzlich biologisch abbaubar. Dies gilt jedoch nicht mehr unbedingt, wenn den Rohstoffen weitere Chemikalien beigemischt werden. Richtig nachhaltig ist Flüssigholz also nur, wenn es keine bedenklichen Zusätze enthält und sich ohne schädliche Rückstände zersetzt.
- Das Unternehmen Tecnaro der Arboform-Erfinder vermarktet sein Flüssigholz inzwischen weltweit. Aus Sicht der Nachhaltigkeit wäre es jedoch besser, wenn Flüssigholz möglichst lokal produziert und vermarktet wird. Je weniger Transportwege es zurücklegt, desto geringer ist sein CO2-Fußabdruck.
Die Nachhaltigkeit von Flüssigholz zu beurteilen ist also gar nicht so einfach. Gegenüber erdölbasiertem Kunststoff scheint der Stoff Vorteile zu haben – insbesondere biologisch-abbaubare Varianten ohne Zusätze, die auf dem Abfallprodukt Lignin basieren. Doch Studien zur allgemeinen Ökobilanz haben wir im Zuge der Recherche nicht finden können.
Übrigens: Mehr Informationen zu den Eigenschaften und der Herstellung von Flüssigholz findest du in dieser Veröffentlichung der FH Kaiserslautern.
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