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„Giraffensprache“: So löst du mit guter Kommunikation Konflikte

giraffensprache
Foto: CC0 / Pixabay / birder62

Giraffensprache heißt, respektvoll und wertschätzend miteinander zu sprechen und empathisch zu sein. Wir erklären dir, was hinter diesem Aspekt der gewaltfreien Kommunikation steckt.

Die Giraffensprache in der gewaltfreien Kommunikation

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation dürfte eine der bekanntesten Konfliktlösungsstrategien weltweit sein. Es möchte von einer gewaltvollen, von Vorurteilen und Vorwürfen geprägten Kommunikation hin zu einer Kommunikation gelangen, bei der wir empathisch mit uns selbst und den anderen umgehen. Eine solche Kommunikation erfolgt in vier Schritten:

  1. Beobachten, nicht urteilen
  2. Gefühle erspüren
  3. Bedürfnisse benennen
  4. Eine Bitte formulieren

Das Konzept ist sehr abstrakt und vor allem für Kinder nur schwer greifbar. Deshalb behalf sich Marshall Rosenberg, der Erfinder der gewaltfreien Kommunikation, in seinen Seminaren mit Handpuppen. Für die gewaltfreie Kommunikation wählte er die Giraffe als Symbolfigur – denn sie ist das Landtier mit dem größten Herzen. Daraus hat sich der Begriff „Giraffensprache“ oder auch „Sprache des Herzens“ entwickelt.

  1. Die Giraffe überblickt dank ihren langen Halses das Geschehen. Sie kann sich die Situation also mit einigem Abstand anschauen – das entspricht dem ersten Schritt, dem Beobachten, ohne zu urteilen. 
  2. Sie horcht in ihr großes Herz. Was sind da für Gefühle? Sind es negative Gefühle wie etwa Wut, Unsicherheit oder Traurigkeit?
  3. Das spricht für unerfüllte Bedürfnisse.

Giraffensprache vs. Wolfssprache

In der gewaltfreien Kommunikation kommen Giraffe und Wolf zu Wort.
In der gewaltfreien Kommunikation kommen Giraffe und Wolf zu Wort.
(Foto: CC0 / Pixabay / Counselling)

Hier kommt der Wolf ins Spiel: Der Wolf ist der Kontrahent zur Giraffe. Wo die Giraffensprache aus dem Herzen spricht, spricht der Wolf eine gewaltvolle, lebensfremde Sprache – so wie wir im Alltag nur allzu häufig sprechen.

Der Wolf ist im Vergleich zur Giraffe viel kleiner, er kann die Situation nicht überblicken. Häufig sieht der Wolf es als einzige Lösung, zu bellen. Er reagiert gewaltvoll, indem er die Leute anspringt oder sogar seine Krallen oder Zähne einsetzt.

Wenn du dir den Wolf in dir bewusst machst, kannst du Abstand von dieser Gewalt nehmen. Du blickst stattdessen mit den Augen der Giraffe auf das Geschehen und nimmst wahr, welche Gefühle und Bedürfnisse du und dein Gegenüber haben.

Giraffensprache und Wolfssprache unterscheiden sich in ihrer grundsätzlichen Haltung und den Glaubenssätzen:

  • Während du dich in der Wolfssprache selbst in den Mittelpunkt stellst, lautet der Satz der Giraffe, den du an dein Gegenüber richtest: „Du bist (mir) wichtig“.
  • Giraffensprache heißt „Wir suchen gemeinsam“ statt „Ich mache Druck“.
  • Die Giraffe hört empathisch zu statt über andere zu urteilen, sie zu belohnen oder zu bestrafen.
  • Die Kommunikation von Wertschätzung ist in der Giraffensprache zentral – statt mit Schuldvorwürfen, Angst oder Scham zu kommunizieren, wie es der Wolf macht.
  • Es gilt: Kooperation statt Konfrontation, sodass am Ende ein Win-Win steht und nicht Gewinner:innen gegenüber Verlierer:innen.

Giraffensprache: Ein Beispiel

In der Giraffensprache vermeidest du Schuldzuweisungen.
In der Giraffensprache vermeidest du Schuldzuweisungen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Ashish_Choudhary)

Die beiden Arten zu antworten werden an einem Beispiel klarer: Angenommen, jemand beschimpft dich mit „Du blöde Kuh!“.

  • Deine natürliche erste Reaktion wäre vielleicht, zurückzuschimpfen („Selber blöde Kuh!“) – das wäre dann Wolfssprache.
  • In der Giraffensprache hingegen schaust du dir die ganze Situation an. Du realisierst, dass die Beleidigung deines Gegenübers gar nichts mit dir zu tun hatte, sondern damit, dass er oder sie mit einem unerfüllten Bedürfnis kämpft.
  • Daher versuchst du, mit Empathie zu reagieren und fragst, was dein Gegenüber braucht.
  • Natürlich darfst du auch deinen eigenen Gefühlen Ausdruck verleihen. Aber statt „Selber blöde Kuh“ lautet deine Antwort in Giraffensprache eher: „Du hast mich gerade als „blöde Kuh“ bezeichnet. Ich bin traurig / wütend / verletzt, denn ich wünsche mir einen respektvollen, wertschätzenden Umgang mit dir. Deshalb bitte ich dich, mich nicht als blöde Kuh zu bezeichnen.“

Wichtig dabei ist: Vermeide Schuldzuweisungen wie „Ich bin traurig / wütend / verletzt, weil du mich als blöde Kuh bezeichnet hast.“

Giraffensprache Kindern beibringen

Bereits Grundschulkinder können anhand von Beispielen Giraffensprache lernen.
Bereits Grundschulkinder können anhand von Beispielen Giraffensprache lernen.
(Foto: CC0 / Pixabay / tolmacho)

Mithilfe der Giraffensprache kann bereits Grundschulkindern das Konzept der gewaltfreien Kommunikation nähergebracht werden. Die Tiere Wolf und Giraffe machen für Kinder ihre eigene Sprache anschaulicher. Nach der Einführung der Tiere reicht der Hinweis „Das war jetzt Wolfssprache“ oder „Könntest du bitte versuchen, das in Giraffensprache zu formulieren?“, damit die Kinder ihre eigene Sprache reflektieren.

Für Lehrer:innen gibt es mittlerweile einige Bücher mit Methoden und Trainingsmodulen, wie mit den Kindern gewaltfreie Kommunikation geübt und vertieft werden kann. Ein bekanntes Beispiel ist „Respektvoll miteinander sprechen – Konflikten vorbeugen. 10 Trainingsmodule zur gewaltfreien Kommunikation in der Grundschule – von der Wolfssprache zur Giraffensprache“ von Evelyn und Sven Schöllmann (zum Beispiel** bei Buch7, Thalia oder Amazon).

Fürs Erste hilft es, die einzelnen Schritte mit den Kindern zusammen mithilfe von Gesten zu verdeutlichen:

  • Fürs Beobachten bilden die Kinder mit den Händen eine Kamera vor ihren Augen und sagen, was sie sehen und hören können.
  • Um ihre Gefühle zu benennen, legen die Kinder die Hand aufs Herz.
  • Dann sollen die Kinder ihre Hand auf den Bauch legen, um zu sagen, was sie brauchen oder was ihnen gerade wichtig ist, sprich: welche Bedürfnisse sie haben.
  • Um eine Bitte auszusprechen, legen die Kinder beide Hände in einer bittenden Geste zusammen.

Weitere Anregungen und Übungen kannst du zum Beispiel auch hier nachlesen.

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