Wir wollen weniger Fleisch und Fisch essen, doch Protein-Alternativen wie Soja sind auch kein Allheilmittel. Aber es gibt eine Lösung: den Insektenburger. Bald könnten Wurmlarven und Krabbelkäfer Fleisch und Wurst von unseren Tellern verdrängen.
Insekten essen? Kommt drauf an, wen man fragt. Für etwa 2 Milliarden Menschen in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas sind sie Teil des Speiseplans. Für Experten sind sie gesunde, nahrhafte Proteinquellen mit Vitaminen und Mineralstoffen. Für Max Krämer und Baris Özel vom Startup Bugfoundation sind Insekten eine Zutat ihrer Burger-Patties, für ihre Kunden einfach nur lecker.
Der „Bux Burger“ von Bugfoundation besteht zu 43 Prozent aus sogenannten Buffalo-Würmern. „Die restlichen Zutaten halten wir derzeit geheim“, sagt Max Krämer von Bugfoundation; aber rein vegetarisch sollen sie sein und ohne Aromen oder Konservierungsstoffe auskommen. „Normales“ Fleisch, von Rindern oder Schweinen, ist im Insektenburger nicht drin – obwohl viele das immer wieder glauben würden. „Bio“ ist der vegetarische Teil noch nicht.
Getreideschimmelkäferlarvenburger gefällig?
Der Insekten-Burger ist eigentlich ein Wurm-Burger, oder besser ein Larven-Burger, denn verarbeitet werden die Larven des Getreideschimmelkäfers. Das klingt aber halt nur halb so lecker wie „Buffalo-Würmer“. Und ein bisschen Marketing muss ja auch sein, vor allem angesichts der krabbelnden Zutat, die in unseren Breiten nicht den besten Ruf hat.
In Belgien ist das anders, dort sind bereits zehn Insektenarten für den Verzehr zugelassen. Max Krämer, der seine Bachelorarbeit (eBook) über Insekten als „Nahrungsmittel der Zukunft“ geschrieben hat, hat sich mit seinen Partnern durch alle hindurchgegessen und am Ende für die „Buffalo-Würmer“ entschieden, weil die am besten schmecken. Die Larven werden in Europa gezüchtet, stammen von Lieferanten in Holland und Belgien und werden ausdrücklich für den menschlichen Verzehr gezüchtet.
Wird McDonalds bald den McInsect einführen? “Manche Menschen empfinden einen gewissen Ekel, den kann man nicht wegreden“, so Krämer. „Doch immer mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, welche Auswirkungen ihr Fleischkonsum hat. Wir jedenfalls hoffen auch in Sachen Insekten auf ein Umdenken“. Für ihn ist Bugfoundation kein Spaßprojekt, obwohl es sich noch nicht trägt. Er steckt jede feie Minute in die Wurm-Burger.
Insektenburger: derzeit nur hier zu haben
Zwar steht hinter dem Bux Burger ein deutsches Startup, doch die dürfen ihn nicht in Deutschland herstellen. Insekten als Lebensmittelzutat – das ist in Deutschland aufgrund der Novel-Food-Verordnung eine Grauzone, und daran wird sich bis 2018 wohl auch nichts ändern. Erst dann gilt eine neue Novel-Food-Verordnung, erst dann wird es überhaupt möglich sein, Insekten einer Zulassung zuzuführen. Update: Den Insektenburger gibt es inzwischen als Tiefkühlprodukt bei Rewe.
Es gibt nur wenige Ausnahmen: Der Farbstoff E120 wird mit Insekten gemacht, E904 aus Insekten-Ausscheidungen gewonnen. Oder anders: Wer M&Ms knabbert, hat schon Insekten verspeist.
Dennoch produziert das deutsche Unternehmen derzeit nur den vegetarischen Teil, der Rest kommt aus dem Ausland. Und nur dort kann der Burger derzeit auch gegessen werden, nämlich in Brüssel.
Im „B34 Steak & Burger House“ kann man ihn jederzeit für 16,50 Euro ordern. Gäste kamen – getestet hat Bugfoundation das mit einer Coupon-Aktion – durchaus auch ein zweites Mal, nur um ausdrücklich den Bux Burger zu essen. In einem weiteren belgischen Lokal befindet sich der ungewöhnliche Burger ein Mal pro Woche auf der Karte und muss vorbestellt werden. Das wird die Welt des Burger-Verzehrs 2016 noch nicht verändern, aber es ist ein Anfang.
Insekten sind kaltblütig – sie zu essen wäre gut
Denn Insekten zu essen ist nachhaltiger, als Kühe und Schweine zu verzehren. Schon 2013 wies die UNO-Organisation FAO darauf hin, dass das Potential für Insekten als Proteinquelle noch nicht richtig erkannt wird. Dabei können Insekten problemlos auch Abfälle, Kompost, Aas verspeisen und produzieren kaum Treibhausgase, Methan oder Ammoniak. Sie sind Kaltblüter, weshalb sie effizienter darin sind, Pflanzen zu tierischem Protein zu machen.
„Für eine Gewichtszunahme von einem Kilogramm benötigen Insekten durchschnittlich eine Menge von zwei Kilogramm Futter“, rechnet der aid infodienst in der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“ (PDF) vor. „Hühner hingegen benötigen dazu im Schnitt 2,5 Kilogramm, Schweine rund fünf Kilogramm und Rinder sogar acht bis zehn Kilogramm.“ Rechne man die nicht essbaren Anteile heraus, falle die Bilanz noch deutlicher zugunsten der Krabbeltiere aus.
Keineswegs alle Insekten lassen sich essen, manche sind giftig, einige lösen Allergien aus. Weil sie samt Darm gegessen werden, stellt sich die Frage der hygienischen Bedingungen ihrer eigenen Futtermittel. Auch besteht prinzipiell die Gefahr, dass Krankheitserreger übertragen werden. Das alles ist aber nicht anders als bei den anderen Tieren, die viele von uns essen – bei Hexapoden ist es nur einfach noch nicht richtig erforscht.
Insekten schmecken und sind ethisch besser
Doch wie genau schmeckt nun so ein Insektenburger? „Der Geschmack geht in Richtung eines vegetarischen Burgers, ist ein bisschen falafelartig“, so Max Krämer. Er verspricht außerdem ein leicht nussiges Aroma, wie wenn man Nüsse in der Pfanne anröstet. Wichtig beim Braten seit der richtige Zeitpunkt – zu lang gebraten könnte es schnell trocken werden.
„Auch Heuschrecken schmecken sehr gut“, so Max Krämer von Bugfoundation, „sind aber schwieriger zu züchten und daher noch teurer.“ In den USA werden laut Krämer hauptsächlich Heuschrecken gegessen. Wachsmottenlarven sollen auch sehr lecker sein: Weil die Larven weiß sind, entsteht hier ein weißer Burger, was natürlich auch optisch was her macht.
Empfindet Max Krämer Mitleid mit den Getreideschimmelkäferlarven? „Ich würde niemals sagen: Mir egal, das sind ja nur Würmer. Nein, es sind auch Lebensformen, auch Wesen“, sagt er. „Aber vergleiche ich die Insektenzucht mit der Tierzucht, finde ich letztere ethisch einfach vertretbarer.“ Die Insekten werden eingefroren und schlafen dabei wie bei einem natürlichen Kälteeinbruch langsam ein.
Auch ohne Insektenburger werden wir mehr Insekten essen
Noch werden die meisten Insekten, die auf der Welt verspeist werden, von Hand eingesammelt. Eine Insektenindustrie gibt es noch nicht, sieht man von Unternehmen wie Proti-Farm oder Insect Europe in Holland ab. Das kann sich mit steigendem Bedarf natürlich ändern, und mit dem Projekt PROteINSECT erforscht die EU schon ganz offiziell die Möglichkeiten von Insekten.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat auch schon eine erste Einschätzung vorgelegt (PDF). Es mag im ersten Schritt gar nicht darum gehen, die EU-Bürger zur Kerbtierspeise zu bekehren – Experten gehen davon aus, dass man mehr als eine Generation braucht, um Insekten bei Tisch hoffähig zu machen. Doch Insekten als Tierfutter anstelle von Fischfutter ist einer der vielen Ansätze, die in der EU verfolgt werden.
US-Startups sind da schon weiter. Exo sammelte 2014 via Kickstarter Millionen für einen Proteinriegel aus Grillen ein. Utopia hat ihn importiert und probiert – und findet, dass es nichts gibt, wovor man sich da ekeln muss.
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