Wer kein Fleisch isst, reduziert Tierleid, Umwelt- und Klimaschäden. Aber was ist mit der eigenen Gesundheit? Fachleute sind sich inzwischen weitgehend einig, dass eine fleischlose Ernährung für viele Menschen gesünder ist. Wir zeigen, was passiert, wenn du aufhörst, Fleisch zu essen.
Artwidrige Massentierhaltung, Regenwaldrodungen, Überdüngung der Böden, Ausbeutung in Schlachtbetrieben, große Mengen an Klimagasen: Es gibt viele überzeugende Gründe, auf Fleisch zu verzichten. Aktuell tun das in Deutschland bereits zehn bis zwölf Prozent der Bevölkerung – sie leben vegetarisch oder vegan.
Dennoch bleiben bei vielen Menschen Zweifel: Ist es wirklich eine gute Idee, komplett auf Fleisch zu verzichten? Immerhin enthalten Fleischprodukte Nährstoffe, die für unsere Gesundheit wichtig sind. Wir haben uns Einschätzungen von Expert:innen und Studien angesehen – das sind die wichtigsten Erkenntnisse:
1. Du kannst dich immer noch mit (fast) allen Nährstoffen versorgen
Fleisch enthält unter anderem wichtige Vitamine und Mineralstoffe, Proteine und viel Eisen. Aber so gut wie alle diese Nährstoffe stecken auch in fleischlosen und pflanzlichen Lebensmitteln.
Oder anders gesagt: Der tägliche Nährstoffbedarf lässt sich relativ problemlos auch ohne Fleisch decken – zu diesem Schluss kommt unter anderem eine Studie, die im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde. Für die Studie hat ein Team von Wissenschaftler:innen Mahlzeiten analysiert, bei denen Fleisch durch pflanzenbasierte Lebensmittel ersetzt wurden. Die Forscher:innen interessierten sich dabei für die Nährstoffgehalte. Das Fazit: Ersetzt man Fleisch mit pflanzlichen Alternativen etwa aus Soja, grünen Bohnen oder Buchweizen, nimmt man weiterhin alle benötigten Nährstoffe zu sich. Zwar bezieht sich die Studie auf die typische Ernährung von Menschen in Amerika, die Ergebnisse lassen sich aber übertragen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch weitere wissenschaftliche Untersuchungen, etwa diese Studie aus dem Jahr 2021 mit dem Anspruch, medizinisches Personal mit Richtlinien zu versorgen.
Die Studienlage ist allerdings eindeutig: Voraussetzung ist eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährungsweise, welche insbesondere den Bedarf an Eiweiß, Eisen, Calcium, Jod, Zink, B-Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren deckt. Stark verarbeitete Produkte sollten die Ausnahme bleiben.
Besonders reichhaltige Eisen– und Proteinquellen sind etwa Nüsse, Saaten und Hülsenfrüchte. Sie sind zugleich auch zinkhaltige Lebensmittel und versorgen den Körper mit Calcium – insbesondere bei einer veganen Ernährung. Wichtige Nährstoffquellen sind außerdem viele Gemüsesorten und Vollkorngetreide. Omega-3-Fettsäuren bekommt man, wenn man auf Fisch verzichtet, unter anderem aus Lein-, Raps- und Walnussöl sowie Algenöl.
Wer aufhört, Fleisch zu essen, muss sich also – bei einer ausgewogenen Ernährungsweise – erstmal nicht um die Nährstoffversorgung sorgen. Mit einer Ausnahme: Vitamin B12 sollten Menschen, die sich nicht nur fleischlos, sondern rein pflanzlich ernähren, zusätzlich als Präparate einnehmen.
2. Dein Risiko für Krebserkrankungen sinkt
Die Internationale Krebsforschungsbehörde (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft rotes Fleisch als „wahrscheinlich krebserregend“ und verarbeitetes Fleisch sogar als „krebserregend“ ein. Zu rotem Fleisch zählt Schweine-, Rind-, Lamm-, Kaninchen-, Pferde- und Ziegenfleisch. Verarbeitet ist Fleisch dann, wenn es haltbar gemacht wurde – etwa durch Salzen oder Räuchern. In diese Kategorie gehören also unter anderem Wurst, Salami und Schinken.
Die WHO-Behörde hat für ihre Einschätzung mehr als 800 bestehende Studien ausgewertet, die den Zusammenhang von Fleischkonsum und Krebserkrankungen untersuchen. Die Studien beziehen sich auf mehr als 15 verschiedene Krebsarten und stammen aus verschiedenen Ländern.
Laut WHO gibt es „begrenzte Beweise“, dass rotes Fleisch Krebs direkt verursacht. Für einen „krebserregenden Effekt“ seien die Belege hingegen „stark“. Das heißt, der Konsum von rotem Fleisch kann mindestens die Entstehung von Krebs begünstigen. Anders ist es bei verarbeitetem Fleisch: Hier spricht die WHO von „überzeugenden Beweisen“, dass der Konsum von Wurst, Schinken und Co. Krebs verursachen kann.
Der Zusammenhang von Krebserkrankungen und rotem bzw. verarbeitetem Fleisch lasse sich vor allem bei Darmkrebs feststellen. Es gebe aber auch entsprechende Hinweise für Bauchspeicheldrüsenkrebs und Prostatakrebs.
3. Dein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes sinkt
Verarbeitetes Fleisch kann außerdem Herzkrankheiten und Diabetes begünstigen, darauf weisen mehrere Studien hin – etwa eine Meta-Studie der Harvard School of Public Health (HSPH). Das zuständige Forscherteam hat 20 Studien aus zehn Ländern ausgewertet. In die Analyse flossen damit Daten von mehr als 1,2 Millionen Menschen ein.
Das Ergebnis: Bei durchschnittlich 50 Gramm täglichem Konsum von verarbeitetem Fleisch steigt das Risiko einer Herzkrankheit um 42 Prozent. Das Risiko an Diabetes zu erkranken, erhöhe sich um 19 Prozent. Die HSPH-Studie führt das vor allem auf die enthaltenen Konservierungsstoffe wie Natriumnitrit zurück.
Weitere Studien finden außerdem immer wieder Zusammenhänge zwischen unverarbeitetem rotem Fleisch und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Typ-2-Diabetes. Einen Überblick gibt eine chinesisch-amerikanische Meta-Studie: Sie weist darauf hin, dass der Konsum von 50 Gramm verarbeitetem oder 100 Gramm unverarbeitetem rotem Fleisch täglich ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Folgeerkrankungen sowie Typ-2-Diabetes mit sich bringt.
4. Dein Risiko für einen Schlaganfall sinkt
Die oben genannte Studie legt auch einen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Schlaganfällen als Folge von Herzerkrankungen nahe. Eine weitere Meta-Studie, veröffentlicht im „Journal for Internal Medicine“, hat ebenfalls den Zusammenhang von Schlaganfällen und Fleischkonsum analysiert. Sie untersuchte dafür Studien aus den Jahren 2003 bis 2012 und wertete Daten von über 300.000 Teilnehmer:innen sowie über 10.000 Schlaganfall-Patient:innen aus. Die Proband:innen stammten aus den USA, Europa und Japan.
Auch hier zeigten die Ergebnisse in eine eindeutige Richtung: Der Konsum von rotem Fleisch geht mit einem höheren Risiko für einen Schlaganfall einher. Gleiches gilt für verarbeitetes Fleisch – bei ihm ist die Gefahr sogar noch größer: Es reichen deutlich geringere Mengen verarbeitetes Fleisch pro Tag, damit das Schlaganfall-Risiko steigt.
5. Dein BMI kann sinken – und dein Gewicht
Menschen, die kein oder wenig Fleisch essen, haben im Durchschnitt einen niedrigeren Body-Mass-Index (BMI) und ein niedrigeres Körpergewicht als fleischessende Menschen. Zu diesem Schluss kam 2020 das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Das Institut hat für eine Studie 8.943 Menschen in Leipzig drei Jahre lang zu ihren Essgewohnheiten befragt und außerdem ihren BMI ermittelt.
Die beteiligten Wissenschaftler:innen erklären den Effekt auf das Gewicht damit, dass tierische Produkte oft kalorienreicher sind und mehr gesättigte Fettsäuren enthalten. Außerdem werden sie häufiger in verarbeiteter Form konsumiert, welche noch mehr Kalorien enthält. Eine fleischlose Lebensweise könne ein wirksames Mittel gegen Übergewicht sein.
Wichtig jedoch: Die Aussagekraft des BMIs ist begrenzt. Auch ein niedriger BMI kann gesundheitliche Nachteile mit sich bringen, ein hoher BMI kann etwa auf viel Muskel- statt Fettmasse hinweisen.
Unabhängig davon können vegetarische und vegane Lebensmittel aber fast alle wichtigen Nährstoffe für eine gesunde Ernährung liefern (siehe Punkt 1) – und auch als Sportler:in kann man sich problemlos vegan ernähren.
Wichtig bleibt eine Ernährung mit vielseitigen, frischen und möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln: Häufig sehr stark verarbeitete pflanzliche Lebensmittel zu konsumieren, kann ebenfalls das Gewicht beeinflussen und zu einem höheren BMI führen kann.
Fleischkonsum und Gesundheit: Die Datenlage
Die Auswirkungen von Fleischkonsum auf die Gesundheit sind Gegenstand zahlreicher Studien. Nicht alle kommen dabei auf die exakt selben Ergebnisse – teilweise widersprechen sie sich auch.
Das Problem bei Studien zum Ernährungsverhalten: Um eindeutige Aussagen über Ursache und Wirkung treffen zu können, wären kontrollierte Studien nötig. Es bräuchte zwei Gruppen von Proband:innen, die sich nur darin unterscheiden, ob sie Fleisch essen oder nicht. Sie müssten abgesehen davon beispielsweise gleich viel Sport machen, die gleichen Mahlzeiten zu sich nehmen oder ein ähnliches Stresslevel haben. In der Realität ist das kaum möglich, vereinzelte Versuche gibt es mit Zwillingspaaren.
Trotzdem lassen die Studien zum Fleischkonsum einige Rückschlüsse zu – vor allem solche, die mit großen Datensätzen arbeiten. Auch wenn Analysen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Ländern zu ähnlichen Erkenntnissen kommen, lassen sich Zusammenhänge ableiten. Dass rotes und verarbeitetes Fleisch das Risiko für Krebserkrankungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann, lässt sich damit wissenschaftlich nicht bestreiten.
Es gibt gute Alternativen zu Fleisch
Wer seinen Fleischkonsum reduziert oder ganz auf Fleisch verzichtet, kann in vielen Fällen gesundheitlich profitieren. Fast alle in Fleisch enthaltenen Nährstoffe kann man durch andere Lebensmittel aufnehmen – mit der Ausnahme von Vitamin B12, das man bei einer veganen Ernährung supplementieren sollte. Wem der Verzicht schwerfällt, kann klassische Fleischgerichte heute gut mit diversen Fleisch-Alternativen oder Gemüse zubereiten.
Allerdings ist eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Saaten und Nüssen und möglichst wenig verarbeiteten Produkten der Schlüssel zu einer guten Nährstoffversorgung.
Untersuchungen von Testinstituten wie Stiftung Warentest und Öko-Test zeigen immer wieder, dass Fleischalternativen sogar oft gesünder als Fleisch sind. Vegetarische und vegane Produkte auf Basis von Soja, Weizen und Lupine enthalten demnach oft weniger ungesunde Inhaltsstoffe als vergleichbare Fleischerzeugnisse. Sie haben außerdem eine gesündere Nährstoffzusammensetzung.
Tipps und Rezepte für eine fleischlose oder fleischarme Ernährung:
- Weniger Fleisch essen: Die 5 besten Tipps aus unserer Community
- So geht vegan: Ein Guide für Vegan-Anfänger:innen
- Vegane Einkaufsliste für Vorräte und jeden Tag
- Vegane Ernährungspyramide: So gelingt die gesunde Ernährung
- Fleischersatz: Die 5 besten Produkte und Rezepte
- Vegan kochen ohne Ersatzprodukte: Ganz einfach mit diesen Rezepten
- Veganes Hack: Die besten Alternativen für pflanzliche Bolognese
- Rezepte ohne Fleisch: Klassische Gerichte als vegetarische Variante
- 10 Tipps, um ein bisschen veganer zu werden
Dieser Artikel wurde erstmals am 15.07.2020 veröffentlicht. Er wurde von unserer Redaktion aktualisiert.
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