Die aktuellen Nachrichten aus der Ukraine gehen auch an Kindern nicht unbemerkt vorbei. Das kann verunsichern und Ängste auslösen. Daher ist es wichtig, mit Kindern Fragen zum Krieg zu klären und mit ihnen über die Ereignisse zu sprechen. Hier erfährst du Tipps.
Gerne würden viele Eltern die aktuellen Nachrichten über den Krieg in der Ukraine von ihren Kindern fernhalten. Doch in Radio, Fernsehen, Kindergarten, Schule oder auf der Straße aufgeschnappt, werden Kinder (unbeabsichtigt) damit konfrontiert. Das Gehörte und Gesehene kann verunsichern und Ängste auslösen. Daher gilt es Kinder ernst zu nehmen. Doch der Satz „Du musst keine Angst haben“ ist wenig hilfreich, weil er die Gefühle abspricht. Hier also ein paar Tipps, wie du am besten mit Kindern über die Situation sprichst.
Wie und wann mit Kindern über den Krieg sprechen?
Kinder erfahren je nach Alter und Alltag unterschiedlich von den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine. Mehrere Expert:innen sind sich jedoch einig, dass immer die Kinder bestimmen sollten, wann Eltern mit ihnen über die Ereignisse sprechen. Pädagogin Inke Hummel rät beim Bayerischen Rundfunk Eltern davon ab, das Thema von sich aus anzusprechen. „Die Kinder, die mit der Thematik schon was anfangen können, werden sich sicher äußern.“
Zudem sagt Psychologin Felicitas Heyne gegenüber dem Focus, dass der ideale Zeitpunkt für so ein Gespräch der Nachmittag sei. So bleibe genügend Zeit zwischen dem Gespräch und dem Zubettgehen, um alles zu verarbeiten. Auch bleibe Zeit, um später auftauchende Fragen vor dem Einschlafen zu klären. Empfehlenswert sei es dann auch zum Beispiel die Lieblingsgeschichte vorzulesen, damit der Moment vor dem Schlafen positiv besetzt ist.
Doch was ist mit sehr stillen Kindern, die das Thema nicht von sich aus ansprechen? Michael Gurt vom Institut für Medienpädagogik in München empfiehlt gegenüber der Apotheken Rundschau daher, Kinder im Spiel zu beobachten, weil sie dabei ihre Gefühle und Gedanken ausleben. Wenn Wörter wie Flucht, Krieg und Bombe fallen, Kinder Krieg oder Flucht nachspielen oder sie etwas in der Richtung malen, sollten Eltern aufmerksam werden.
So kannst mit Kindern über den Krieg sprechen
Im eigentlichen Gespräch gilt auch wieder: Auf Fragen des Kindes warten. Denn diese geben einen Hinweis, wie viel das Kind bereits weiß und welche Ängste es hat. Sozialpädagogin Dana Mundt empfiehlt im Interview mit der Apotheken Rundschau, die Fragen dann mit ruhigen Worten zu beantworten – sachlich und ohne zu dramatisieren. „Wer zu viel informiert, kann unnötig verängstigen“, sagt die Erziehungsberaterin. Auch Mutmaßungen sollten Eltern für sich behalten.
Mit Kindern über den Krieg sprechen mit kindgerechten Informationen
Eine Möglichkeit, um über den Krieg zu sprechen, kann sein, mit Kindern gemeinsam auf Informationssuche zu gehen. Dabei ist es jedoch wichtig, kindgerechte Nachrichten zu konsumieren und sich diese gemeinsam anzuschauen.
Folgende Redaktionen bereiten Nachrichten speziell für Kinder und Familien auf:
- Logo – tägliche Nachrichtensendungen und Erklär-Videos
- Sendung mit der Maus – Themenspezial zum Ukraine-Krieg (ohne Videos)
- Hanisnauland – ein Informationsangebot der Bundeszentrale für politische Bildung, Hintergründe zu Russland und der Ukraine
- Kiraka – Kinderradiokanal vom WDR mit aktuellen Infos und Berichten
Wer seinen Kindern den Konflikt selbst erklären möchte, solle laut Inke Hummel dafür eine Situation verwenden, die Kinder aus ihrer Lebenswelt kennen. Zum Beispiel: „Da zanken sich Menschen, die sind so wütend, dass man sie nicht richtig ansprechen kann und deswegen wird das ein ganz doller Zank. Jetzt müssen andere dabei helfen, dass sie das lösen können. Und da sind jetzt alle dabei und das kann ein bisschen dauern.“ Weiter müsse man auch gar nicht spekulieren. „Es sei denn, es kommen weitere Nachfragen, dann muss man gucken, wie man das wieder so konkret und runtergebrochen wie möglich erklären kann.“
Der Twitter-User Bassman4Strings hat eine mögliche Erklärung für Kinder in diesem Thread festgehalten:
Der Umgang mit Bildern aus dem Fernsehen
Im Idealfall erfahren Kinder nur gefilterte und für sie aufbereitete Informationen. Doch die „normalen“ Nachrichten mit schrecklichen Bildern lauern überall, egal ob Fernsehen, Internet oder Social Media. Da kann es passieren, dass Kinder sie zu sehen bekommen – auch zufällig, wenn es Eltern gar nicht beabsichtigen.
In so einem Fall heißt es ruhig bleiben, das Kind fragen, was genau es gesehen hat und dann das Gesehene wie oben beschrieben einordnen.
Medienpädagoge Michael Gurt erklärt, dass Bilder vom Krieg Erwachsene verunsichern und verängstigen, aber „auf Kinder wirken sie extrem bedrohlich.“ Laut ihm verstehen Kinder schon sehr früh, dass Nachrichtenbilder etwas anderes sind als Zeichentrick oder andere Filme und dass die Dinge wirklich passieren. „Sie können das Geschehen aber nicht einordnen und das verängstigt sie“, erklärt Michael Gurt. Dazu komme: Die vielen Bilder von Müttern und Kindern auf der Flucht und von Vätern, die in der Ukraine bleiben, berührt Kinder besonders. „Von den Eltern getrennt zu werden und sie zu verlieren, ist die Urangst von Kindern“, sagt der Experte.
Wer sich informieren möchte, wenn die Kinder dabei sind, solle Nachrichten lesen. „Für kleine Kinder ist das, was im Fernsehen passiert, sehr nah und auch real“, erklärt Dana Mundt. „Wir als Erwachsene wissen, dass Kiew 2000 Kilometer weit weg ist und können das Geschehen etwas von uns fernhalten. Für Kinder findet das, was im Fernsehen gezeigt wird, mitten im Wohnzimmer statt.“
Kommt der Krieg auch zu uns?
Die Entfernung kann auch helfen, Kindern zu erklären, dass der Krieg nicht unmittelbar bei uns stattfindet – falls Kinder Angst haben, dass der Krieg auch zu uns kommen wird. Größeren Kindern kann man zum Beispiel auf einem Globus zeigen, wo die Ukraine ist, und auch zeigen, an welchen Orten noch Krieg ist (zum Beispiel Afrika und Syrien), und dass das nicht bedeutet, dass der Krieg auch zu uns kommen wird.
Wenn das Kind alt genug ist, kann man ihm auch erklären, dass es die UNO und Friedensmissionen gibt und Politiker:innen nach Lösungen suchen, den Krieg in der Ukraine bald zu beenden. Auch hier gilt, die Ängste der Kinder ernst nehmen und nicht einfach sagen, dass uns das nicht betrifft.
Eigene Ängste zulassen
Die Situation belastet natürlich nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene. Für Eltern ist das eine doppelte Herausforderung – man hat Ängste, aber möchte den Kindern Sicherheit geben. Doch auch Eltern dürfen sagen, wenn sie besorgt sind. Kinder spüren das eh und die Offenheit kann den Kindern helfen, diese Gefühle einzuordnen.
Wenn Eltern jedoch mit ihrer eigenen Angst schwer umgehen können, sollten sie keine Scheu haben, sich Hilfe zu suchen bei Familie, Freund:innen oder Berater:innen. „Eltern sind die wichtigsten Orientierungspunkte für ihre Kinder. Nur wenn sie selbst stabil sind, können sie ihren Kindern Stabilität bieten“, meint Michael Gurt.
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