Nachhaltige Banken? Grünes Girokonto? Ja, das gibt es. Es bleibt nur immer etwas abstrakt, was die eigentlich machen. Utopia hat sich daher ein paar ganz konkrete Projekte „guter Banken“ angeschaut und stellt sie hier vor.
Wo man sein erstes Konto eröffnet? Das wird von vielen Berufsanfängern recht simpel und pragmatisch beantwortet: Man geht dorthin, wo die Eltern schon seit Jahrzehnten Kunde sind – oder die Oma das erste Nachwuchs-Sparbuch anlegte. Kostenlos soll es nach Möglichkeit sein und mit Online-Zugang. Und dann „ist gut“. Ein bisschen später im Leben, wenn sich die ersten Ersparnisse angesammelt haben, stellen sich andere Fragen. Wem vertraue ich mein Geld an? Und was macht die Bank damit?
Für eilige Leser: 10 Beispiele für Projekte, die es ohne ‚grüne Banken‘ nicht gäbe
Banken ohne Atomkraft, Waffen, Gentechnik
Utopia.de hat bereits über eine kleine Reihe von Banken berichtet, die sich aufgrund ihrer Geschäftspraxis von den herkömmlichen Geldhäusern absetzen – siehe Grünes Girokonto und Die besten nachhaltigen Banken. Sie investieren die Einlagen ihrer Kunden ausdrücklich nicht in Produzenten von Rüstungsgütern, Gentechnik oder Atomstrom. Auch Spekulation mit Nahrungsmitteln oder landwirtschaftlichen Flächen, Einsatz von Kinderarbeit und die Missachtung von Menschenrechten sind ein No-Go. Stattdessen können die Kunden bei der Verwendung ihres Geldes mitentscheiden und häufig für bestimmte Zwecke direkt stiften oder spenden – zum Teil schon seit Jahrzehnten.
Das Verbraucherportal Fair Finance Guide hat in einer ersten Untersuchung acht deutsche Banken augenfällig auf die Einhaltung von mehr als 200 ökologischen und sozialen Kriterien untersucht. Spitzenreiter war die Bochumer GLS-Bank – sie erhielt 92 von 100 möglichen Punkten. Auch der Deutschland-Ableger der niederländischen Triodos-Bank (82) und die Dortmunder Bank für Kirche und Diakonie (63 Punkte) schnitten deutlich besser ab als Großbanken und die größte Sparkasse im Lande. Commerzbank und Deutsche Bank kamen lediglich auf 35 bzw. 21 Punkte.
10 coole Projekte, die es ohne die Unterstützung „guter Banken“ nicht gäbe
Aber wohin fließt das Geld der „guten Banken“? Die GLS-Bank veröffentlicht beispielsweise gewerbliche Kredite quartalsweise in ihrer Mitgliederzeitschrift. Andere präsentieren Interessenten eine Auswahl unterstützter Projekte auf ihren Webseiten. Oft stellt sich dabei heraus, dass es so manches Projekt ohne diese Kredite nicht in dieser Form oder womöglich überhaupt nicht gäbe.
Utopia.de stellt zehn solcher Projekte vor: aus sehr verschiedenen Branchen und Regionen Deutschlands. Die Frage, wie man zusammen mit der Bank seinem Geld „Sinn geben“ kann, dürfte danach nicht mehr so häufig für Stirnrunzeln sorgen. Einer Forsa-Umfrage zufolge haben nämlich 45 Prozent der Kunden von der Möglichkeit nachhaltiger Geldanlagen noch gar nichts gehört. Schon das wäre ein guter Grund, diesen Post zu verbreiten und zu teilen…
1: „Hühnerstall mobil“ (Triodos-Bank)
Wenn Landwirte ihr Federvieh im Freiland halten, muss dafür genügend Fläche vorgehalten werden. Kleiner Schönheitsfehler: Auch dann bleiben die Hühner immer in der Nähe ihres Stalls. Entsprechend intensiv wird dieser überschaubare Grün-Kreis abgefressen und mit den Ausscheidungen überdüngt – ein idealer Nährboden für Krankheitskeime.
Mit dem versetzbaren Hühnermobil des hessischen Stallbauers Weiland kann der Standort auf dem Areal regelmäßig gewechselt und der Boden ökologisch geschont werden. Der Hersteller sagt: Das wirkt sich natürlich auf die Qualität der Eier aus. Der Verbraucher könne es am kräftigen Dotter-Gelb und dem Geschmack erkennen.
Die Triodos-Bank finanzierte eine Fertigungshalle und die Maschinen, um eine Serienproduktion in verschiedenen Größen zu ermöglichen.
2: „Zündstoff“ Eco-Fashion (GLS-Bank)
Seit zehn Jahren bringt das Team aus Freiburg „korrekte Klamotten“ unters Volk. Das meint: Fair und ökologisch produzierte Kleidung und Schuhe von mehr als 30 unterschiedlich großen und bekannten Brands. Hinzugesellt hat sich die „Zündstoff“-Hausmarke, die aus einer nicaraguanischen Arbeiterinnen-Kooperative stammt: „Bio, ohne Chef und von lieben Menschen.“
Anfangs ausschließlich übers Web vertrieben, gibt es die Sachen mittlerweile auch zum Direkt-Anfassen in einem mehr als 100 qm großen Laden. Die selbst gestaltete Einrichtung aus nachhaltig aufgearbeitetem Material – Ex-Einwegpaletten, Fahrradschläuche, Gerüstbau-Elemente – ist ein Hingucker, erst recht die Metall-Theke mit der eingepassten alten Kasse. Unterstützt wurde die Ladeneröffnung mit einer Finanzierung der GLS-Bank.
3: „Hotel Grenzfall“ (Bank für Kirche und Diakonie)
Der Name stimmt im doppelten Sinn. Denn das außergewöhnliche Berliner Projekt an der Ackerstraße ist nicht nur nah zur ehemaligen Mauer-Grenze gelegen. Hier sollen auch im täglichen Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen Grenzen fallen. Konkret: 26 Menschen mit Handicap haben hier, jenseits der Behindertenwerkstatt, tariflich bezahlte Arbeit und Anerkennung gefunden.
Der Umbau des ehemaligen Altenwohnheims stieß anfangs auf Probleme. Die meisten Banken oder Finanzvermittler wollten oder konnten die ungewöhnliche Idee nicht unterstützen. Ein Fall also für die evangelische Bank für Kirche und Diakonie, die sich intensiv mit dem Konzept auseinandersetzte und es finanzierte. Der Erfolg hat allen Beteiligten recht gegeben – schon nach zwei Jahren schrieb das neue Haus schwarze Zahlen.
4: „Forum Kreuzberg“ (GLS-Bank)
Das älteste Bild in der Web-Galerie des Forum Kreuzberg stammt von 1981 und zeigt – in Schwarz-weiß – Menschen in einer Tischlerei. De facto ist das Projekt, das mit gemeinsamem Wohnen, Lernen und Arbeiten eine neue Gesellschaftsform ausprobiert, noch fast zehn Jahre älter. Ein Hauskauf war der formale Start, inzwischen hat das Geflecht verschiedener Initiativen und Gesellschaften ihr sechstes Gebäude errichtet.
Hier finden unter anderem Theatergruppen und eine Künstleragentur, Kindertagesstätten und ein Schülerladen, Handwerksbetriebe und das Restaurant „Richard“ ein gemeinsames Dach. Mit Wohnungsgenossenschaft und Energiegesellschaft ist die Liste längst nicht komplett. Den Ansatz „Das eigentliche Kapital sind nicht Spekulationsmilliarden, sondern die Fähigkeiten in unseren Köpfen“ findet die GLS-Bank seit 40 Jahren unbedingt unterstützenswert.
5: Energieautarkes Haus (EthikBank)
In der Energieszene ist Timo Leukefeld als Solartechnik-Unternehmer, Buchautor und Träger des Deutschen Solarpreises bekannt. Zudem lehrt er an der TU Freiberg (Sachsen) das Wissen um Energieautarke Gebäude – und setzt es um. Nebeneinander entstanden dort zwei Einfamilien-Neubauten, die ohne Gasleitung und Öltank auskommen, theoretisch auch ohne Stromanschluss. Denn das 162-qm-Haus versorgt sich mit der Kraft der Sonne über Solarthermie und Photovoltaik auf dem Süddach.
Überschüssige Energie wird per Akku und Langzeit-Wärmespeicher festgehalten. Im Winter sorgen Buchenscheite zeitweise für die Heizungs-Ergänzung und einen Jahreswärmebedarf von 5 kWh/qm. Ein Konzept, das die EthikBank als Finanzier überzeugte. Den Stromanschluss gibt’s trotzdem – für den Notfall und zum Einspeisen weiterer Strom-Überschüsse ins Netz.
6: Shambhala-Meditationszentrum (Triodos-Bank)
Die Triodos-Bank unterstützte Shambhala Europa mit einem Kredit für den Kauf von Räumen für das Zentrum im „Alten Pfandhaus“ am Kartäuserwall, einem über 100 Jahre alten Gebäudekomplex in der Kölner Innenstadt. Dieser wird heute als Teil eines Netzwerks von weltweit mehr als 200 Meditationszentren und -Gruppen genutzt. Sie orientieren sich an der Tradition des Tibetischen Buddhismus und den Lehren über eine erleuchtete Lebensführung.
Shambhala gilt dabei nicht als äußerer Ort in der Welt, sondern als Urgrund von Gesundheit und Wachheit. „Wir unterstützen den freien Ausdruck religiösen Glaubens“, lautet die Philiosophie der Bank. „Daher vergeben wir Kredite an ein breites Spektrum spiritueller und religiöser Gruppen, die die Freiheit des Menschen respektieren und die Geistesbildung fördern.“
7: Bio-Waschmittel Sonett (GLS-Bank)
Deggenhausen in der nördlichen Bodensee-Region ist der Sitz von Sonett, dem Pionier für ökologische Wasch- und Reinigungsmittel. Hier entsteht eine ganze Palette von Produkten, bei denen auf Zusätze wie Tenside, Enzyme, Farb- und Duftstoffe oder Konservierungsmittel verzichtet wird. Umgekehrt kommen die pflanzlichen Inhaltsstoffe aus Oliven, Raps oder Kokos aus kontrolliert-biologischem Anbau. Die nötige Energie stammt zur Hälfte aus einem eigenen Wasserkraftwerk.
Neben den 50 Stammkräften finden bei weiteren Tätigkeiten auch 25 Menschen mit besonderem Hilfebedarf aus den benachbarten Camphill-Werkstätten dauerhafte Beschäftigung. Im kommenden Jahr feiert das mehrfach ausgezeichnete Unternehmen schon seinen 40. Geburtstag. Überwiegend die GLS-Bank finanzierte den Neubau der Logistik- und Lagerhalle mit rund 1,5 Mio. Euro.
8: Handwerkerhof Ottensen (GLS-Bank)
Nicht nur Wohnungssuchende haben es derzeit schwer, in Ballungszentren eine passende und bezahlbare Bleibe zu finden. Auch Handwerker und andere Kleinbetriebe vermissen passende Angebote am Markt. Zudem sorgt der Verdrängungsdruck dafür, dass viele alte Betriebe ohne Nachfolger einfach schließen. In Hamburg gründeten deshalb 15 Einzelpersonen und Betriebe mit dem Mietshäuser-Syndikat eine genossenschafts-ähnliche Trägergesellschaft und errichteten den „Handwerkerhof“.
Er bietet Raum für Zimmerer, Instrumentenbauer, Polsterer, einen Reparaturservice und andere Kleingewerbler. Drei der Etagen des Neubaus im angesagten Stadtteil Ottensen sind für Handwerker reserviert, ein viertes für Büros. Die GLS-Bank übernahm die Finanzierung des Projektes mit einem Volumen von 2,1 Mio Euro.
9: Hofgemeinschaft Heggelbach (Triodos-Bank)
Am Anfang standen drei junge Familien, die gemeinsam in Süddeutschland einen Hof kauften. Der Plan: gemeinsam biologisch wirtschaften und davon leben. Nach einer Entwicklung mit Wechseln, Umstrukturierungen (und auch leidvollen Erfahrungen) sind es nun fünf Familien, die den Demeter-Betrieb „stemmen“. Entstanden ist im Laufe der Zeit neben der Feld- und Viehwirtschaft eine eigene Käserei, die Alpkäse, Tilsiter und Camembert liefert.
Solar- und eine Holzhackschnitzel-Anlage sorgen für die nötige Energie und bescherten 2009 den Deutschen Solarpreis. Inzwischen beschäftigt sich die Gemeinschaft intensiv mit dem Thema „Generationswechsel“ und den Fragen, wie für alle Generationen Raum und Entfaltungsmöglichkeit auf dem Hof geschaffen werden kann. Übrigens: Das von der Triodos-Bank unterstützte Projekt bietet auch die Gelegenheit zum Urlaub machen.
10: Freshhunter Bio-Salatdressing (GLS-Bank)
Gepfeffert, herbsüß, vegan … oder einfach nur „brutal frisch“: Mit diesen Adjektiven bringen die steirischen Gründerinnen Karin Haimburger und Janine Wagner als „Freshhunter“ ihre Salatsaucen-Kreationen über den Bio-Handel und das Web unters ambitionierte Koch-Volk. Dabei setzen sie auf Rohstoffe aus ökologischem Anbau, fairen Handel und den Verzicht auf künstliche Aromen und tierische Produkte.
Außerdem: Glas- statt Plastikflaschen – der Recyclingfähigkeit wegen. Als es um eine Betriebserweiterung ging, wechselte das junge Unternehmen aus Pullach bei München zur GLS-Bank. Diese begleitete das Durchstarten mit der Anschaffung von neuem Verarbeitungs-Equipment und stellte weitere Betriebsmittel zur Auftrags-Vorfinanzierung zur Verfügung.
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