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Precision Farming: Das steckt hinter der digitalisierten Landwirtschaft

precision farming
Foto: CC0 / Pixabay / clarrycola

Mit Precision Farming ziehen digitale Technologien und Verfahrenstechniken in die Landwirtschaft ein. Hier erfährst du, was genau sich hinter der Precision Farming-Technologie verbirgt.

Mithilfe moderner Technologien wird die Landwirtschaft immer zielgerichteter und dadurch effektiver. Diese Art der Landwirtschaft heißt Precision Farming oder auch Präzisionslandwirtschaft.

Precision Farming ist ein Sammelbegriff für digitale Verfahrenstechniken, mit denen eine Teilflächenbewirtschaftung oder ortsspezifische Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Nutzflächen möglich ist. Häufig fällt in diesem Zusammenhang auch der Begriff „Landwirtschaft 4.0“. 

Hier erfährst du, welche Vorteile Precision Farming mit sich bringt und wie Landwirt:innen sie – auch in Deutschland – bereits angewenden.

Warum Precision Farming?

Mit Precision Farming können durch Relief bedingte Unterschiede im Pflanzenbau auf Basis von Daten bedarfsgerechter ausgeglichen werden.
Mit Precision Farming können durch Relief bedingte Unterschiede im Pflanzenbau auf Basis von Daten bedarfsgerechter ausgeglichen werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / MonikaP)

Bisher bewirtschaften Landwirt:innen ihre Betriebsflächen einheitlich. Damit ist gemeint, dass sie die Einstellung ihrer Arbeitsgeräte zu Beginn der Feldarbeit einmal vornehmen und diese Einstellung für die gesamte Bearbeitung des Feldes nicht verändern.

Das Problem: Diese Vorgehensweise berücksichtigt nicht, dass es innerhalb eines Feldes unterschiedliche Bodenzonen gibt. Jeder Schlag – also eine zusammengehörige Ackerfläche, die mit nur einer Frucht bestellt ist – weist unterschiedliche Gegebenheiten auf, die für den Pflanzenanbau von Bedeutung sind. Damit sind zum Beispiel die Bodeneigenschaften, wie Relief (die Art des Geländes), Bodenart oder Wasserspeicherkapazität gemeint. Folgen der einheitlichen Bewirtschaftung sind eine unterschiedliche Wasserversorgung der Pflanzen und eine abweichende Nährstoffverfügbarkeit. Aufgrund der genannten Folgen wachsen die Pflanzen ungleichmäßig oder schlecht. Dadurch sinkt der mögliche Ertrag, der mit den Früchten der Pflanzen oder der Pflanzen selbst erzielt werden möchte. Den Landwirt:innen entsteht so ein ökonomischer Nachteil. Auch die Gefahr, dass Düngemittel ins Grundwasser gelangen, zählt zu den Folgen der einheitlichen Bewirtschaftung. Dies stellt ein ökologisches Problem dar.

Die Teilflächenbewirtschaftung stellt dagegen eine nachhaltigere Landwirtschaft dar, die gleichzeitig effizienter ist. Diese erlaubt den Landwirt:innen, die schlagspezifischen Unterschiede besser auszugleichen. Sie können dadurch genauer bestimmen, wie sie welche Bodenzone und welche Pflanze versorgen müssen. Ziel des Precision Farming ist es, die Bodeneigenschaften und die Ertragsfähigkeit von Teilflächen möglichst gut zu kennen, um zielgerichtet, bedarfsgerecht, effizient und gleichzeitig nachhaltig arbeiten zu können. Nachhaltig wird es beispielsweise durch den gezielteren und dadurch geringeren Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden. Diese belasten nicht nur den Boden, sondern auch die Umwelt. Umso mehr Daten den Landwirt:innen also über den Boden, die Pflanzen und das Klima zur Verfügung stehen, desto bedarfsgerechter können sie arbeiten.

Mit Precision Farming können Landwirt:innen besser auf das Dilemma der steigenden Nachfrage nach hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten und den gleichzeitig immer höher werdenden Anforderungen der Ressourcenschonung und den Umweltauflagen reagieren.

Wie sieht Precision Farming in der Praxis aus?

Im Precision Farming erkunden Drohnen Pflanzenbestände auf dem Acker.
Im Precision Farming erkunden Drohnen Pflanzenbestände auf dem Acker.
(Foto: CC0 / Pixabay / Herney)

Grundlage für die Bearbeitung mit Precision Farming bilden gesammelte Daten.

Mit Sonden und Sensoren ausgestattete Agrartechnik sammelt Daten zur Bodenfeuchte, zum Nährstoffgehalt im Boden, zur Bodenverdichtung, zur Biomasse, zum Geländeprofil und zu fotosynthetischen Tätigkeiten von Pflanzen und deren Qualität. Auch Wetterdaten werden analysiert. Der Einsatz von Drohnen hilft, Pflanzenschäden frühzeitig zu erkennen. Mithilfe von Satelittenfotos erkennen Landwirt:innen die Wachstumsfortschritte ihrer Pflanzen. 

Alle gesammelten Daten speichern die Landwirt:innen in einer Ackerschlagkartei. In dieser werden Daten über Boden und Pflanzen sowie genaue Aufzeichnungen über alle Tätigkeiten auf dem Feld (Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz, Ernte) mit Art und Umfang verwaltet und kontrolliert. Die Landwirt:innen kombinieren diese gesammelten Daten mit der aktuellen Situation auf den Feldern. Dadurch ist eine zielgenaue Bewirtschaftung der Felder möglich. So können sie beispielsweise Saatgut, Düngemittel und Pflanzenschutzmittel zielgerichtet ausbringen. Auch den Boden können die Landwirt:innen je nach Teilfläche differenziert bearbeiten, denn anhand der Daten lässt sich beispielsweise feststellen, welche der Teilflächen sie pflügen müssen.

Anwendung in der Praxis:

  • Mithilfe von GPS-Technik übernimmt der Computer das Lenken des Traktors.
  • RTK-Lenksysteme (Real Time Kinematic) ermöglichen zusammen mit Satellitenkoordinaten eine exakte Navigation. So können beispielsweise Sämaschinen die Spur im Feld genau einhalten und dadurch präzise aussäen.
  • Moderne Drüsentechnik ermöglicht, dass man einzelne Drüsen abschalten kann, damit bestimmte Flächen (zum Beispiel solche, deren Boden noch gut mit Nährstoffen versorgt ist) nicht gedüngt werden.
  • Stickstoffsensoren ermöglichen ebenfalls eine teilflächenspezifische Düngung. Mithilfe von Lichtwellen erkennt die Technologie die Blattfärbung der Pflanzen und entscheidet aufgrund dessen, ob die Düse Dünger abgeben soll oder nicht. 
  • Feldroboter jäten beispielsweise Unkraut oder bringen Saat aus. Weil sie ein geringeres Gewicht haben, schonen sie dabei den Boden.
  • Autonome Agrarfahrzeuge übernehmen das Steuern der Maschinen. Die Landwirt:innen lenken die Maschinen nicht mehr selbst, sondern überwachen diese nur noch.
  • Drohnen nehmen Luftbilder von Äckern auf, die den Landwirt:innen Informationen zu Bodenqualität, Begleitflora (Unkräuter) und Krankheiten an Pflanzen geben.

Welche Vorteile bringt der Einsatz von Precision Farming?

Mit Precision Farming erreichen Landwirt:innen homogenere Pflanzenbestände, wodurch Ertragssteigerungen möglich sind.
Mit Precision Farming erreichen Landwirt:innen homogenere Pflanzenbestände, wodurch Ertragssteigerungen möglich sind.
(Foto: CC0 / Pixabay / shawnkonopaski)

Precision Farming soll zu folgenden Verbesserungen in der Landwirtschaft führen:

  • Landwirt:innen können höhere Ernteerträge einfahren, da sie ihre Felder bedarfsgerecht bewirtschaften. Höhere Ernten sind wichtig, damit der wachsenden Weltbevölkerung genug Nahrung zur Verfügung steht.
  • Landwirt:innen müssen weniger Ressourcen, Düngemittel, Diesel, Pflanzenschutzmittel, Maschinenstunden und Saatgut aufwenden, weil sie genau wissen, wie sie ihre Pflanzen versorgen müssen.
  • Das bedeutet, dass die Landwirt:innen mehr Gewinne erbringen können.
  • Durch eine gezielte Bodenbearbeitung wird nicht nur die natürliche Ressource Boden erhalten, sondern es entsteht auch eine bessere Wasser- und Nährstoffversorgung für die Pflanzen. Dadurch erhalten Landwirt:innen homogenere Pflanzenbestände.
  • Die Qualität der Ernteprodukte steigt. Dazu tragen auch die geringeren Pestizid-, Herbizid- und Fungizidanwendungen bei.
  • Der gezielte Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln belastet die Umwelt nicht so stark.
  • Die Daten in den Ackerschlagkarteien dienen den Landwirt:innen zu langfristigen Analysezwecken.

Kritik an Precision Farming

Intensive Nutztierhaltung führt zu hohen Nitratgehalten im Grundwasser. Precision Farming behebt dieses Problem jedoch nur zum Teil.
Intensive Nutztierhaltung führt zu hohen Nitratgehalten im Grundwasser. Precision Farming behebt dieses Problem jedoch nur zum Teil.
(Foto: CC0 / Pixabay / PhilippT)

Der Weg in die digitale Landwirtschaft bringt auch einige Herausforderungen mit sich:

  • Teilweise scheitert die Umsetzung am mangelnden Ausbau des Glasfasernetzes. Die Precision Farming-Technik erfordert schnelles Internet, um die Daten in Echtzeit auswerten zu können. 
  • Ein weiterer Kritikpunkt sind die erheblich höheren Kosten. Die Befürchtung besteht, dass sich nur große Agrarbetriebe diese Technik leisten können. Laut Agrarheute lohnt sich Precision Farming allerdings bereits ab einer Betriebsgröße von 32 Hektar. Diese Betriebsgröße entspricht einem Kleinbetrieb.
  • Mit Precision Farming steigt jedoch die Abhängigkeit von Technik und den einzelnen Anbietern dieser Technik. Deswegen solle Precision Farming nicht als Heilsbringer verstanden werden, wie eine Landwirtin gegenüber Agrarheute bemerkt.
  • Laut dieser Landwirtin löse Technik nicht alle landwirtschaftlichen Probleme. Oftmals würde es mehr helfen, die Ursachen der Probleme zu bekämpfen und nicht die Symptome. Ein Beispiel betrifft die Düngerausbringung via Precision Farming. Mithilfe von Sensoren können Landwirt:innen Stickstoff gezielt ausbringen. Dadurch sollen Grundwasser und anliegende Wälder nicht mit Stickstoff belastet werden. Die hohen Nitratgehalte im Grundwasser kann die Precision Farming-Technik allerdings nicht beheben, da sie nicht das zugrundeliegende Problem behandelt: Nämlich, dass in einigen Regionen zu intensive Viehhaltung stattfindet. Durch intensive Viehhaltung fällt eine große Menge an Gülle an. Diese bringen die Landwirt:innen auf den Feldern aus. Wenn die Menge der ausgebrachten Gülle die Aufnahmekapazität des Bodens überschreitet, gelangt Nitrat in das Grundwasser. Precision Farming kann also möglicherweise dazu beitragen, dass der Nitratgehalt im Grundwasser abnimmt. Um das Problem jedoch ganz zu lösen, muss die Viehhaltung zurückgehen.

Wie sieht die Situation in Deutschland aktuell aus?

Grundsätzlich beträgt die Nutzung von Precision Farming-Technologien in Deutschland zwischen zehn und 30 Prozent. Wie Agrarheute aus einer Umfrage heraus berichtet, nutzen die Hälfte aller befragten Landwirt:innen die Precision Farming-Technik im Bereich Düngung. Rund 40 Prozent nutzen die Ertragskartierung. Hier misst und dokumentiert eine Precision Farming-Technologie zum Beispiel die Erträge bei der Kornernte. Ein Drittel der Befragten nutzt teilflächenspezifischen Pflanzenschutz. Dagegen ist die Nutzung von Robotern, Drohnen und teilflächenspezifischer Bodenbearbeitung kaum vertreten. 

Exakte Prognosen für die Entwicklung von Precision Farming in Deutschland gibt es bisher nicht. Jedoch ist aufgrund der steigenden Digitalisierung und der zunehmenden Wichtigkeit des Ressourcen- und Umweltschutzes davon auszugehen, dass die Technik in den kommenden Jahren vermehrt Einsatz in der deutschen Landwirtschaft findet.

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