Viele von uns greifen alle paar Minuten zu ihrem Handy. Immer mehr Menschen machen deshalb bewusst eine Smartphone-Diät. Doch bringt die digitale Diät langfristig was? Unsere Autorin hat die Handy-Diät an sich selbst getestet.
20,2 Stunden pro Woche – so viel Zeit verbringen wir einer Studie von 2022 zufolge an unseren Handys. Ich denke, das kommt auch bei mir manchmal hin. Mein Smartphone ist zum ständigen Begleiter geworden – selbst zum Einkaufen kommt es mit. Es ist das Erste, das ich am Morgen ansehe und das Letzte am Abend.
Auf diese Entwicklung bin ich nicht gerade stolz, aber sie ist eben einfach so passiert und mittlerweile leider auch irgendwie schon ziemlich normal. Jede:r von uns verbringt zusammengerechnet mehrere Stunden am Tag an dem Mini-Computer.
Nun könnte man sich fragen: Was kann man denn so oft und so lange an seinem Handy machen? Man checkt seine Nachrichten, das Wetter, WhatsApp, Instagram, seine Mails und wenn man mit all dem fertig ist, kann man ohne Probleme wieder von vorne anfangen – und ich glaube, genau das ist der Grund, warum Smartphones süchtig machen können: Irgendwas ist garantiert wieder passiert. Irgendwas ist immer neu. Irgendwas hast du bestimmt noch nicht gesehen.
Smartphone-Diät: Nur wann?
Und so bewegen wir uns in einem ständigen Informationskreislauf, aus dem es wahnsinnig schwierig ist, auszubrechen. Als sich bei mir vor einiger Zeit ein Urlaub auf Kreta ankündigte – ohne Internet, ohne Handyempfang, ohne Steckdosen – stand für mich fest: Jetzt oder nie. Das ist die Chance, sich einmal ganz ohne Smartphone zu versuchen.
Am einfachsten ist es natürlich, wenn man wegfahren kann, zumindest einen Ausflug macht – und das Handy dabei einfach zu Hause bleibt. Für kleinere Smartphone-Diäten braucht es allerdings nicht gleich einen Urlaub. In vielen Fällen reicht schon ein Wochenende. Auch die Fastenzeit ist ein guter Anlass, den Handykonsum zu reduzieren oder vielleicht sogar ganz darauf zu verzichten, wenn man es beruflich und privat für diesen Zeitraum kann.
Manchen fällt es schon schwer, erst einmal einen ganzen Tag auf das Handy zu verzichten. Durchhalten lohnt sich, kann ich nur sagen. Hier einmal ein paar Argumente, die für die Smartphone-Diät sprechen.
Smartphone-Diät: Eine Woche leben ohne Handy?
Das spricht für eine digitale Diät und den Verzicht aufs Handy:
- Ich habe plötzlich so viel Zeit – wenn zwei bis drei Stunden (ja, so viel Zeit verbringen wir im Schnitt tatsächlich pro Tag mit unserem Smartphone!) plötzlich übrig bleiben, ist da eine ganze Menge übriger Zeit. Ich dachte immer, ich habe wegen der Arbeit keine Zeit mehr zu lesen, jetzt merke ich, das Handy ist Schuld – und verschlinge dank Handy-Diät plötzlich wieder Zeitschriften und Bücher. (Lies auch: Gebrauchte Bücher verkaufen & kaufen: So geht’s)
- Ich bin konzentrierter – wenn nicht ständig mein Handy neben mir liegt, kann ich mich wesentlich besser konzentrieren. Ich glaube, alleine die Möglichkeit, dass etwas auf dem Smartphone passieren könnte, macht schon unruhig. Wenn zudem alle paar Minuten eine Push-Nachricht, eine Benachrichtigung oder eine SMS reinkommt, macht es das natürlich nicht besser. Die digitale Diät hilft mir, mich zu fokussieren.
- Es geht mir besser – ohne soziale Medien, ohne Instagram, ohne Vergleichen. Da jede:r nur die Schokoladenseiten seines Lebens postet, denkt man, bei allen anderen passieren nur gute Sachen – wenn auch nur unterbewusst. Studien belegen, dass das auf Dauer unzufrieden macht. Schon nach wenigen Tagen Leben ohne Smartphone bin ich komplett in mein eigenes Sein zurückkehrt und befinde mich nicht im Leben irgendwelcher Leute, die ich gar nicht oder nur wenig kenne.
Leben ohne Smartphone, 1. Phase: Langeweile
Wie sehr man an das Handy gewöhnt ist, merkt man tatsächlich erst, wenn es dank Smartphone-Diät nicht mehr da ist. Schon am ersten Morgen in meinem Urlaub, den ich ja für gewöhnlich immer noch lange mit meinem Handy im Bett verbringe, fehlt etwas. Weil ich aber nicht unbedingt gleich aufstehen möchte, fange ich stattdessen an zu lesen. Das klappt anfangs noch nicht ganz so gut – da ist tatsächlich diese leichte Unruhe in mir, die aus dem Gefühl heraus entsteht, ich könnte gerade etwas im großen, weiten Internet verpassen. Total blöd, das weiß ich, aber sie ist da.
Auch mein erster Kaffee auf der Terrasse – digitale Diät pur: ohne Handy, ohne Laptop, ohne Internet – ist irgendwie anders. Ich gucke aufs Meer und auf die Berge und bin so richtig da. Nichts lenkt mich ab und alles, worauf ich achte, sind die Geräusche der Schafe, der Geruch des Kaffees und die Wärme der Sonnenstrahlen. Das machen Smartphones mit uns: dass wir permanent abgelenkt sind. Von unserer Umwelt, von unserem Leben, von uns selbst.
Leben ohne Smartphone, 2. Phase: Entspannung
Nach ein paar Tagen digitaler Diät ist der morgendliche Griff zum Buch schon normal geworden. Mein Handy liegt vernachlässigt in der Ecke. Ich benutze es nur noch, um die Uhrzeit zu checken und Fotos zu machen. Ich merke: Umso weniger ich mein Smartphone in der Hand habe, desto weniger brauche ich es auch. Es ist eine Spirale, aus der ich langsam aber sicher herauskomme. Und ich schaltete es sogar oft ganz aus, was ich zuhause wirklich lange nicht getan habe.
Stattdessen wird in unserem Urlaub viel geredet, nachgedacht, geguckt. Wichtig ist nur: Es wird immer nur eine Sache getan. Denn Smartphones haben uns auch zu Multitasking-Profis gemacht, was gar nicht mal so gut ist wie es klingt. Ich weiß ja nicht, wie es anderen Menschen geht, aber mich stresst es unheimlich, wenn ich mehrere Dinge zugleich mache. Abends spielen wir dann Karten. Alle sind da, bei keinem leuchtet ein Bildschirm unter dem Tisch. Und es ist schön. Ich weiß nicht, wann wir sowas das letzte Mal hatten. Denn eine:r ist – und wenn nur aus Langweile – immer mal am Handy.
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Zudem schwindet in einer Smartphone-Diät auch der Drang, alles per Kamera festzuhalten zu müssen. Wir sind tiefentspannt und holen nicht einmal unsere Handys, als man in der letzten Nacht die Milchstraße ganz klar am Himmel erkennen kann. Wir gucken und können es nicht fassen, wie schön es ist. Aber fotografiert wird gar nichts mehr.
Leben ohne Smartphone, 3. Phase: Angst
Zurück am Flughafen bei der Rückreise gibt es dann plötzlich wieder WLAN. Und mit ihm ein Zögern. Wenn man jetzt online geht, nach einer Woche digitale Diät, wird die Benachrichtungs-Flut nur so auf einen einprasseln. Und tatsächlich – der Moment, in dem man wieder Internet hat, ist aufregend und angsteinflößend zugleich. Absolute Reizüberflutung, bei all den Push-Mitteilungen, kleinen roten Einsen und lauten Tönen.
Nach nur kurzer Zeit sind wir alle wieder drin, die erste halbe Stunde wird erst einmal nicht geredet, jeder starrt auf seinen Bildschirm, beantwortet Nachrichten, checkt Benachrichtigungen. Schade, denke ich, wirklich gefehlt hat es mir nicht. Nach nur einer Woche habe ich mich schon richtig dran gewöhnt – an mein smartphone-freies Leben. Und es hat mich unheimlich entspannt.
Tipps: So geht’s nach der Smartphone-Diät weiter
Genauso schnell, wie ich draußen war, bin ich auch wieder drin – in meinem Leben mit Smartphone. Dank Handy-Diät habe ich aber für mich ein paar Dinge herausgefunden, damit der Alltag nicht mehr ganz so stark von meinem Smartphone gesteuert wird:
- Push-Mitteilungen ausschalten: Auch nach dem Urlaub bleiben die Push-Mitteilungen für E-Mails, Facebook, Instagram & Co. aus. Sozusagen digitale Ernährungsumstellung statt Handy-Diät. So schaue ich nur dann in die Apps rein, wenn es mir passt – und nicht jedes Mal, wenn etwas passiert. Zudem habe ich gemerkt, dass mich die vielen kleinen Benachrichtigungen und roten Zahlen ziemlich stressen. Ständig hatte ich das Gefühl, noch hier antworten und das erledigen zu müssen.
- Das Smartphone auch mal daheim lassen: Alles eine Frage der Gewöhnung – zum Einkaufen und zum kurzen Kaffee mit der Freundin muss das Handy vielleicht nicht immer mit. Versuche einfach, es auch ab und zu mal daheim zu lassen. Ab und zu mal ein digitaler Diät-Tag ist nur ein kleiner Schritt, aber er wirkt Wunder.
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- Kein Handy im Bett: Ich habe einen Wecker zum Geburtstag bekommen, seitdem habe ich auch mein Smartphone nicht mehr neben oder auf dem Bett liegen. Dass das Bett zur internetlosen Zone wird, entspannt mich unheimlich. Ab 22 Uhr bin ich zudem nicht mehr erreichbar und schalte mein Handy nun jeden Abend in den Flugmodus oder sogar ganz aus. So bleibt noch genug Zeit zum Lesen und nichts tun.
Dieser Beitrag wurde erstmals 2016 veröffentlicht.
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