Ein Montessorikindergarten ist eine beliebte Alternative zu staatlichen Kitas. Wir erklären dir die pädagogischen Montessori-Prinzipien und wie diese in der Praxis umgesetzt werden.
Ein Montessorikindergarten basiert wie eine Montessori-Schule auf den theoretischen Prinzipien der italienischen Medizinerin Maria Montessori. Diese entwickelte nach einigen Jahren auf der Kinderpsychiatrie einen pädagogischen Leitfaden sowie das erste Montessori-Material. Im Jahr 1907 eröffnete sie das erste Kinderhaus für Kinder mit einem sozial schwächeren Hintergrund.
Heute gibt es in Deutschland etwa 600 Kinderhäuser und -krippen, die die Montessori-Pädagogik umsetzen. Auch international haben sich Montessori-Einrichtungen einen Namen gemacht.
Montessorikindergarten: Der pädagogische Ansatz
Im Zentrum der Montessori-Pädagogik steht die Selbstständigkeit des Kindes. So sollen Kinder aus eigenem Antrieb und eigenen Kräften heraus lernen. Das bedeutet, Kinder im Montessorikindergarten entscheiden selbst, wann sie mit welchem Material lernen und spielen möchten. Das soll ihre Selbstwirksamkeit und ihr Selbstvertrauen stärken.
Anstatt also allen Kindern einen strikten Stundenplan zu geben, gehen Montessorikindergärten durch die sogenannte Freiarbeit auf die individuell unterschiedlichen Entwicklungsphasen ein und lassen jedes Kind in seinem eigenen Tempo die Welt entdecken.
Erzieher:innen unterstützen die Lernprozesse nach dem berühmten Montessori-Zitat „Hilf mir, es selbst zu tun!“ So ist es ihre Aufgabe, die Umgebung der Kinder vorzubereiten, indem sie das entsprechende Montessori-Material bereit stellen und selbst als Vorbild agieren.
Zudem sollten Erzieher:innen Kinder in erster Linie beobachten und den richtigen Moment abpassen, um ihre Hilfe anzubieten. Auch das Einhalten von Regeln wird von den Betreuer:innen kontrolliert. Schließlich gibt es auch im Montessorikindergarten Regeln und Grenzen, die ein rücksichtsvolles Miteinander fördern.
Was ist das Montessori-Material?
Das Material im Montessorikindergarten soll Kindern in erster Linie ermöglichen, die alltäglichen Dinge des Lebens kennenzulernen. Es sollte möglichst so konzipiert sein, dass das Kind all seine Sinne nutzen kann. Wichtig ist zudem, dass es aus natürlichen Werkstoffen wie Holz oder Stoff besteht und einen festen Platz im Raum hat. Die natürlichen Stoffe sollen das Material besonders hochwertig und ansprechend gestalten, sodass das Kind von selbst Lust bekommt, es zu berühren.
Eine zentrale Regel ist, dass Kinder das Material nach dem Spielen wieder an dessen festen Platz zurückbringen. So ist garantiert, dass die Übungen immer für alle Kinder wieder zugänglich sind und vollständig bleiben. Zudem lernen die Kinder, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.
Typisches Montessori-Material umfasst zum Beispiel:
- Bausteine
- geometrische Formen
- Farbtafeln
- Reis und Bohnen
- Holzrahmen mit Klettverschlüssen
- Tastbretter
- Lesehefte
Jedes Material ist vollständig und logisch auf einem Tablett aufgebaut. Kennt das Kind die Übung noch nicht und signalisiert, dass es sie gerne ausprobieren möchte, macht der/die Erzieher:in sie einmal von Anfang bis Ende vor. Das Kind soll in dieser Zeit nur beobachten. Anschließend kann es die Übung selbst ausführen.
So gibt es zum Beispiel Übungen, bei denen das Kind geometrische Formen aus Holz in die jeweilig passende Hülle stecken oder Reis oder getrocknete Bohnen von einer Schüssel in eine andere löffeln soll. Auch Puzzeln, das Sieben von Sand und kleinen Steinen oder das Ordnen von Knöpfen, Murmeln und anderen Materialien sind typische Aktivitäten im Montessorikindergarten.
Durch die Beschäftigung mit dem Material sollen Kinder ihr Wahrnehmungsvermögen fördern. Zudem werden die Begriffsbildung, die Muskelerziehung durch Greifen, Drücken und Tasten und die Koordinationsfähigkeit geschult.
Tagesablauf im Montessorikindergarten
Der Tagesablauf im Montessorikindergarten unterscheidet sich in der Regel nicht wesentlich von anderen Kitas. So gibt es normalerweise einen Morgenkreis, feste Essenszeiten, eine Mittagspause und Spielzeiten. In einigen Einrichtungen gibt es Wochenpläne, in denen geregelt ist, wann der Fokus auf bestimmte Materialien gerichtet ist beziehungsweise wann spezielle Materialen nicht genutzt werden sollten. Dies ist insbesondere in der Vorschule der Fall.
Wirkt das Montessori-Konzept?
Laut einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2012 schneiden sowohl Montessorischulen als auch Montessori-Kinderhäuser im Vergleich zu anderen Einrichtungen mindestens gleich und oft sogar besser ab. So waren die Leistungen der Montessori-Kinder am Ende der Kindergartenzeit im Lesen und Rechnen besser.
Auch die sozialen Fähigkeiten waren stärker ausgeprägt: Laut der Studie gingen Montessori-Kinder positiver mit kritischen Situationen um und achteten mehr auf Fairness und Gerechtigkeit.
Montessorikindergarten: Das sind die Kosten
Was die Kosten betrifft, gibt es für Montessorikinderhäuser keine einheitlichen Vorgaben. Jede Einrichtung hat ihre eigenen Regelungen. Teilweise unterscheiden sich diese kaum von regulären Kitas, in manchen Fällen fallen jedoch hohe Zusatzkosten an.
Die teilweise hohen Kosten sind ein verbreiteter Kritikpunkt an Montessori-Kitas. So können sich besonders Familien aus sozial schwächeren Familien im schlimmsten Fall keinen Kitaplatz leisten. Das führt eventuell dazu, dass sich in teuren Montessori-Kinderhäusern nur Kinder einer gehobenen sozialen Klasse sammeln.
Dies muss jedoch nicht in jeder Einrichtung der Fall sein. Für genauere Informationen erkundigst du dich am besten im Montessorikindergarten in deiner Nähe. Dort erfährst du auf Nachfrage auch, wie das Montessori-Konzept in dieser Kita genau umgesetzt wird. Auf der Website von Montessori Deutschland findest du eine Deutschlandkarte mit den aktuellen Montessori-Einrichtungen.
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