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Stiller Burnout: Diese Warnzeichen solltest du nicht ignorieren

Stiller Burnout
Foto: CC0 / Unsplash - Milada Vigerova

Ein stiller Burnout wird von Betroffenen lange verdrängt und bleibt deshalb oft unerkannt, bis es zu spät ist. Welche Anzeichen du nicht ignorieren solltest und wie du einen stillen Burnout vermeidest.

Der Begriff Burnout ist vielen bekannt. Doch oft denkt man dabei nur an offensichtliche Burnout-Symptome wie körperliche Erschöpfung oder ständige Gereiztheit. Was jedoch häufig übersehen wird, ist der stille Burnout. Diesen bei sich selbst oder anderen zu erkennen, ist eine größere Herausforderung.

Wie der Name schon andeutet, verläuft der stille Burnout langsamer und weniger auffällig als der klassische Burnout: „Die Betroffenen verdrängen oft die Symptome und wollen es gar nicht wahrhaben, dass irgendwas nicht passt. Sie versuchen, die Fassade eines leistungsstarken Menschen, der ein erfülltes Leben führt, aufrechtzuerhalten“, sagt die Psychologin Brigitte Bösenkopf. Während beim klassischen Burnout körperliche Symptome oft deutlich machen, dass etwas nicht stimmt, spielen sich die Zeichen des stillen Burnouts überwiegend im psychischen Bereich ab. 

Diese unterschwellige Art des Burnouts ist besonders riskant, da die Betroffenen weitermachen wie zuvor und ihre mentalen Herausforderungen für andere schwerer erkennbar sind. Daher ist es laut Christina Jochim, stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), umso wichtiger, auf subtile Warnsignale zu achten. Denn: Ein Burnout kann ein erheblicher Risikofaktor für klinische Depressionen sein und auch Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wodurch entsteht ein stiller Burnout?

Die Hauptursachen für einen Burnout sind oft unveränderte Spannungen und ungelöste Konflikte, sei es im Privatleben oder am Arbeitsplatz. Problematisch ist auch, wenn die Werte, etwa am Arbeitsplatz, nicht mit den eigenen übereinstimmen, so Brigitte Bösenkopf.

Beim klassischen Burnout sind häufig Workaholics betroffen, die ihre Grenzen überschreiten und Warnsignale ignorieren. „Vom stillen Burnout sind oft die betroffen, die sehr hilfsbereit sind und die eigenen Bedürfnisse vernachlässigen“, so Bösenkopf. Irgendwann fühlen sich Betroffene dann überfordert und ausgebeutet. Beide Formen von Burnout resultieren meist aus langfristigen Belastungen, aber die Symptome und der Verlauf unterscheiden sich.

Was sind die Symptome eines stillen Burnouts?

Sowohl beim stillen als auch beim klassischem Burnout sind laut Psychologin Bösenkopf folgende Symptome häufig: Betroffene werden gereizter, nervöser, ungeduldiger und erleben mehr Konflikte. 

Etwas, das beim stillen Burnout häufiger auftritt, ist die erhöhte Sensibilität gegenüber Sinneseindrücken, so Bösenkopf. Betroffene finden Lärm, grelles Licht und sogar Berührungen unangenehm und vermeiden Nähe zu anderen. Oft wird ein stiller Burnout fälschlicherweise als vorübergehende Laune abgetan – vor allem von Betroffenen selbst. Doch ohne angemessene Maßnahmen verstärken sich die Warnsignale und Symptome mit der Zeit.

Beim stillen Burnout wird zudem häufig ein fröhliches Gesicht gezeigt, sagt Christina Jochim, obwohl die Person innerlich erschöpft ist: „Wenn ich wirklich lächle, weil ich gut gelaunt bin, dann hat das was mit Ausgeglichenheit zu tun. Nur so zu tun, als würde man gut gelaunt sein, ist bei einem stillen Burnout eher ein Kompensationsmechanismus.“

Auf welche Warnsignale können Mitmenschen achten?

Da Betroffene den stillen Burnout oftmals verdrängen, bis es zu spät ist, ist es umso wichtiger, dass Mitmenschen – etwa Kollegen und Kolleginnen oder die Familie – bei bestimmten Warnsignalen aufhorchen. Ein Hauptzeichen ist Schlafmangel, besonders wenn Einschlaf- oder Aufwachstörungen auftreten. Schlaf ist entscheidend für die psychische und körperliche Erholung. Schlechter Schlaf kann am Folgetag zu Reizbarkeit und Nervosität führen.

Zynismus und Sarkasmus, die normalerweise nicht auftreten, können ebenfalls Hinweise auf ein Burnout sein, so Christina Jochim. Auch Stimmungsumschwünge bei Nichtigkeiten und die Unfähigkeit, Nein zu sagen, während die betroffene Person ihre eigenen Bedürfnisse ständig zurückstellt und sich immer verfügbar zeigt, können Anzeichen für einen Burnout sein.

Erschöpfung ist ebenfalls ein klares Zeichen für sowohl klassischen als auch stillen Burnout. Betroffene fühlen sich zunehmend müder, machen häufiger Fehler bei Aufgaben, die zuvor leicht fielen, und haben Gedächtnisstörungen. 

Ein weiteres Warnsignal ist der Rückzug von sozialen Aktivitäten, etwa wenn jemand weniger Kontakt zu anderen sucht, weil die Energie nicht mehr ausreicht. Auch wenn jemand bei der Arbeit weniger lacht, sollte das als Hinweis auf mögliche Probleme verstanden werden, so Jochim.

Wozu kann ein stiller Burnout führen?

Der Burnout an sich ist keine psychische Erkrankung, sondern ein Syndrom. Es beschreibt laut Christina Jochim eine Gruppe von Symptomen, die häufig zusammen auftreten. Dabei könne ein Burnout „ein ernstes Risiko für klinische Depressionen darstellen“.

Zudem kann er Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben, erhöhter Blutdruck und andere Herzkrankheiten können die Folge sein. Bewegungsmangel, welcher oft mit einem Burnout einhergeht, kann auch zu Übergewicht und weiteren Gesundheitsproblemen führen. Ferner können soziale und berufliche Probleme auftreten, etwa der Verlust von Job oder Freundschaften. 

Wie kann ich einem stillen Burnout vorbeugen?

Eine gute Maßnahme zur Prävention ist es, die eigene Belastungsgrenze zu kennen und die Arbeitszeiten gegebenenfalls entsprechend anzupassen, wenn dies finanziell möglich ist. Jochim sagt, dass Überengagement nicht glorifiziert werden, Burnout keine Auszeichnung für Fleiß sein sollte. Dazu helfen die bekannten Klassiker: Achten Sie auf ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, soziale Kontakte sowie Erholung und Entspannung.

Oft sind es innere, psychische Konflikte, die Betroffene daran hindern, die Maßnahmen umzusetzen. Wem es schwerfällt, trotz besseren Wissens achtsam und umsichtig zu agieren, kann laut Jochim auf diese Punkte achten:

  • Innere Antreiber erkennen: Über die eigenen Grenzen zu gehen, resultiert oft aus verinnerlichten Glaubenssätzen wie „Ich muss perfekt sein!“ oder „Ich muss es allen recht machen!“. Diese Antreiber zu kennen, hilft, sie zu entmachten.
  • Werteorientierung verfolgen: Welche Werte im Leben sind Ihnen wirklich wichtig? Setzen Sie Ihre Energie gezielt dort ein. „Wer seine Werte im Leben wirklich kennt und seinen Alltag danach ausrichtet, kann oft besser Grenzen setzen“, so Jochim.
  • Selbstakzeptanz stärken: Reflektieren Sie, woraus sich Ihr Selbstbewusstsein speist. Häufig ist es an Vorstellungen und Rollen im Beruf oder Privatleben gebunden. Eine gesunde Selbstakzeptanz führt laut der Psychologin dazu, sich nicht allein über Leistung zu definieren und verringert die Gefahr des Überengagements.

Was kann ich tun, wenn ich merke, dass ich bereits einen stillen Burnout habe? 

Wenn man selbst von einem stillen Burn-out betroffen ist, ist es laut Brigitte Bösenkopf wichtig, Warnsignale wie Schlafstörungen, Erschöpfung und häufige Fehler ernst zu nehmen. Bei stillen Burnouts neigen Betroffene oft dazu, das Problem zu verbergen, was die Situation verschärfen kann. Der erste Schritt ist es, ehrlich zu sein – sowohl sich selbst, als auch Kollegen und Kolleginnen und anderen Mitmenschen gegenüber. Klare Kommunikation und die Bitte um Unterstützung sind die ersten Schritte zur Besserung.

Zusätzlich rät die Psychologin dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Burn-out-Workshops, Coaches und Therapeuten können wertvolle Unterstützung bieten. In frühen Stadien des Burnouts kann durch Gespräche, Anpassungen der Einstellungen und Stressbewältigungstechniken viel bewirkt werden. Je länger man wartet, desto schwieriger wird die Situation, und es können auch körperliche Symptome auftreten. Ziel sollte es sein, frühzeitig Hilfe zu suchen, um längere Krankheitszeiten zu vermeiden.

Wie kann man befreundete Betroffene am besten darauf ansprechen, dass man so einen Verdacht hat? 

Die Beobachtungen zu benennen, ist oft schwierig, aber notwendig, damit sich die Situation nicht verschlimmert. Dabei sollte man sensibel und umsichtig vorgehen, um nicht übergriffig zu wirken. Eine gute Methode ist, Beobachtungen als Ich-Botschaft zu formulieren, wie zum Beispiel: „Ich habe den Eindruck, dass du in letzter Zeit viele Aufgaben von anderen übernimmst und deine eigenen Bedürfnisse zurücksteckst. Könnte das sein?“

Selbst wenn die Person zunächst ablehnt, kann sie später über Ihre Worte nachdenken. Christina Jochim sagt: „Es geht nicht darum, Menschen mit der Ratgeberkeule zu erwischen, sondern zum Nachdenken anzuregen und Unterstützung anzubieten, wenn diese gewünscht ist.“

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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