Ein Tempolimit auf deutschen Straßen ist eigentlich längst überfällig und hätte viele Vorteile. Diese sechs Argumente für das Tempolimit verdeutlichen, was eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Klimaschutz und Sicherheit bewirken könnte.
Ein Tempolimit war auf deutschen Straßen lange Zeit undenkbar – doch es gibt gute Argumente, das jetzt zu ändern. Tatsächlich gab es ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen schon einmal: Das Wissensmagazin Quarks erinnert daran, dass während der Ölkrise von 1973 das Tempo 100 galt, um Sprit zu sparen. Nach der Krise fielen auch die Geschwindigkeitsbegrenzungen wieder.
Deutschland ist das letzte Land in Europa, das noch kein Tempolimit eingeführt hat. Mit einer Petition fordert ein Bündnis von Umweltorganisationen und Interessenverbänden die Bundesregierung auf, endlich zu handeln. In dem Bündnis für ein Tempolimit sind unter anderem die Gewerkschaft der Polizei und die Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland e.V. zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe, dem BUND und Greenpeace vertreten.
Laut einer Mitgliederumfrage des ADAC aus dem Jahr 2022 befürwortet erstmalig eine Mehrheit von 52 Prozent die Einführung eines Tempolimits. Die Beweggründe, die zu diesem allmählichem Umdenken führen, sind der Klimaschutz und die Sicherheit auf den Straßen. Außerdem lehrt die Ölkrise der 1970er Jahre, dass sich durch eine langsamere Fahrweise Treibstoff und damit auch Geld sparen lassen.
Es sprechen also viele Argumente für ein Tempolimit auf der Autobahn. Die sechs wichtigsten Gründe haben wir in dieser Übersicht für dich zusammengefasst.
1. Argument: Das Tempolimit spart Treibhausgase ein
Ein Hauptargument von Greenpeace ist, dass ein Tempolimit die Gesamtmenge an verkehrsbedingten CO2-Emissionen senken würde. Das Tempolimit wäre somit eine Sofortmaßnahme, um die für das Jahr 2030 angezielten CO2-Einsparungen zu ermöglichen. Laut dem Umweltbundesamt hat sich die Bundesregierung vorgenommen, die Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr bis 2030 um 48 Prozent zu senken (im Vergleich zu 1990). Durch langsameres Fahren kann jede:r sofort und ohne zusätzliche Kosten zu diesem Ziel beitragen und so aktiv das Klima schützen.
- Greenpeace zufolge ließen sich durch ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf den Autobahnen 1,9 Millionen Tonnen an CO2 pro Jahr einsparen.
- Bei einem Tempolimit von 100 Stundenkilometern würden die möglichen Einsparungen sogar 5,4 Millionen Tonnen betragen.
- Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) berechnet, dass sich durch Tempolimits auf allen Straßen insgesamt über neun Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen ließen. Zusätzlich zum Tempo 100 auf den Autobahnen fordern die DUH und das Bündnis für ein Tempolimit daher, den Landstraßenverkehr auf 80 Stundenkilometer und den Stadtverkehr auf 30 Stundenkilometer zu begrenzen.
2. Argument: Das Tempolimit senkt schädliche Dieselabgase
Eine langsamere Fahrgeschwindigkeit hat bei Dieselmotoren den Effekt, dass weniger schädliche Abgase entstehen, die Stickoxide und Feinstaub enthalten. Die DUH führt die Niederlande als positives Beispiel an. Nach der Einführung eines Tempolimits rechnen die Verantwortlichen dort mit einer Einsparung von 0,3 Prozent der jährlichen Stickstoffdioxid-Belastung der Böden.
Auch in Deutschland ist die Qualität der Böden und des Trinkwassers durch Stickoxide gefährdet. Das Wissensmagazin Quarks erläutert, dass sich nicht nur eine Geschwindigkeitsbegrenzung, sondern vor allem ein konstanter Verkehrsfluss günstig auf die Stickoxid- und Feinstaubbelastung in Innenstädten auswirkt. Insbesondere sei es deshalb wichtig, den Stadtverkehr zu beruhigen.
3. Argument: Weniger Lärm durch das Tempolimit
Das Tempolimit senkt die Lärmbelastung der Anwohner:innen. Quarks erläutert, dass der Verkehrslärm in der Stadt teilweise durch das Fahrgeräusch der Reifen entsteht. Durch ein Tempolimit in der Stadt auf 30 Stundenkilometer ließe sich die Lärmbelästigung gegenüber Tempo 50 im Mittelwert um vier Dezibel senken.
Mehr dazu, warum Lärm schädlich ist:
4. Argument: Das Tempolimit könnte mehr Sicherheit bringen
Das umstrittenste Argument ist wahrscheinlich, ob ein Tempolimit tatsächlich zu mehr Sicherheit führt.
Skeptische Quellen wie der ADAC halten einen Zusammenhang zwischen der Zahl schwerer Unfälle und der Fahrzeuggeschwindigkeit nicht immer für klar belegbar. Der Automobilclub verweist darauf, dass Länder mit einem Tempolimit wie Belgien oder Frankreich ähnliche Unfallzahlen wie Deutschland haben. Er befürwortet daher streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzungen, um gefährliche Autobahnabschnitte sicherer zu machen. Wie vergleichbar die Beschaffenheit der Straßen und das Fahrverhalten in Deutschland und den anderen Ländern sind, bleibt dabei allerdings offen.
Einen Vergleich mit und ohne Tempolimit auf der gleichen Strecke führt dagegen Quarks an. In Brandenburg häuften sich auf dem Autobahnabschnitt zwischen Havelland und Wittstock früher die Unfälle. Nachdem eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 130 eingeführt worden war, sanken die Unfälle um 57 Prozent.
Unumstritten ist, dass gefährliche Situationen dann entstehen können, wenn der Verkehrsfluss etwa durch Bremsmanöver unterbrochen ist. Ein Tempolimit könnte solche Gefahrensituationen entschärfen.
5. Argument: Mit Tempolimit gibt es weniger Staus
Durch das Tempolimit fahren alle Fahrzeuge mit der gleichen Geschwindigkeit. Es kommt weniger dazu, dass Fahrzeuge ausscheren und andere herunterbremsen – der Verkehr ist im gleichmäßigen Fluss. Dieser Effekt ist ein Schlüsselaspekt dabei, die Sicherheit und Reisequalität zu verbessern. Bei gleichmäßiger Fahrgeschwindigkeit entstehen so weniger Staus.
Der BUND weist zusätzlich darauf hin, dass sich durch einen gleichmäßigen Verkehrsfluss auch die Auslastung der Straßen verbessert. Das bestehende Straßennetz könnten somit mehr Fahrzeuge nutzen. Das Argument der Umweltorganisation ist dementsprechend, dass sich durch das Tempolimit ein weiterer Ausbau des Straßennetzes vermeiden ließe.
6. Argument: Das Tempolimit ermöglicht entspanntes Fahren
Die beiden zuletzt genannten Argumente legen nahe, das ein Tempolimit zu mehr Sicherheit und weniger Staus auf den Straßen führen könnte. Damit ginge es im Straßenverkehr nicht mehr so hektisch zu und die Fahrer:innen kämen entspannter ans Ziel.
Übrigens kommst du trotz Tempolimit immer noch schnell genug voran: Quarks argumentiert, dass bei einer Entfernung von 62 Kilometern der Unterschied zwischen Tempo 100 und 130 nur sechs Minuten ausmacht.
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