Mit bloßem Auge sind sie nicht erkennbar und dennoch stark verbreitet: Nanopartikel wie Titandioxid. Wir erklären dir, warum du den Stoff meiden solltest.
Titandioxid (auch: Titan(IV)-oxid) ist ein Farbpigment, das industriell hergestellte Lebensmittel und andere Produkte optisch aufwerten soll. Es ist eines der drei Titanoxide. Auf Lebensmittelverpackungen kannst du den Zusatzstoff unter der Nummer E 171 erkennen, in Kosmetika wird er unter der Bezeichnung CI 77891 gelistet. Allein im Jahr 2013 wurden rund 6,5 Millionen Tonnen des Weißmachers produziert.
EU-Verbot von Titandioxid für Lebensmittel
Seit August 2022 ist Titandioxid nach einer Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verboten. Bereits im Mai 2021 warnte die Institution, dass Titandioxid „als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen wird“. Jedoch fehlten eindeutige wissenschaftliche Belege zur gesundheitsschädlichen Wirkung.
Jetzt ist klar: Es gibt Bedenken hinsichtlich der Genotoxizität, also der Fähigkeit von chemischen Substanzen, genetisches Zellmaterial zu verändern. Die Wirkung kann nicht ausgeschlossen werden. Titandioxid darf nun also nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden.
Die Chemikalie wurde zur „Verschönerung“ von Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt. Etwa in:
- Mozzarella
- Backmischungen & Fertigdesserts
- Fertigsuppen
- Kaugummi
- Marshmallows
- Fondant
- Zahnpasta
- Sonnencreme
- Körper- und Haarpflegeprodukten
Außerdem wird Titandioxid zum Bleichen von Tabletten verwendet.
In welchen Produkten steckt Titandioxid ?
Titandioxid ist nicht nur in der Lebensmittelindustrie weit verbreitet. Das chemisch hergestellte Pigment eignet sich gut, um Produkte aufzuhellen oder ihnen einen frischen Glanz zu verleihen.
Du kannst Titandioxid als Zusatzstoff unter anderem in diesen Produkten finden:
- Farbe und Lacke
- Kunststoff
- Klebstoff
- Gummi
- Gebleichtes Papier
Hierzu äußert sich die Europäische Kommission nicht. Das Verbot von Titanoxid gilt nur für den Lebensmittelfarbstoff E171, nicht aber für andere Produkte wie die oben genannten oder Medikamente.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) soll bis April 2024 prüfen, wie und ob der Stoff weiterhin in der Medizin eingesetzt wird. Die gesundheitlichen Risiken werden aufgrund der niedrigen Dosierung bei Medikamenten für ebenso gering gehalten. Es sei aber mit einem Verbot auch in Medikamenten zu rechnen.
Titandioxid in Kosmetika: kein Verbot
Die winzigen Titandioxidpartikel dienen beispielsweise in Sonnencreme als mineralischer Lichtschutzfilter. Sie reflektieren die UV-Strahlung und verhindern so Sonnenbrand. Klar ist allerdings auch: Über gesunde Haut kann Titandioxid nach jetzigem Kenntnisstand nicht in den Körper gelangen, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bekräftigt.
Für Cremes oder Make-Up gilt Titandioxid – als CI77891 oder Titanium Dioxide deklariert – weiterhin als unbedenklich, da es rein oberflächlich wirkt.
Allerdings kann Titandioxid eingeatmet werden, wenn Lacke oder Sonnencremes aufgesprüht werden. Dann spricht die europäische Chemikalienbehörde (ECHA) von „vermutlich krebserregenden“ Stoffen. Im Februar 2020 hat die EU-Kommission daraufhin Titandioxid als Gefahrenstoff mit dem Zusatz „vermutlich krebserzeugend bei Inhalation“ eingestuft. Die EU-Kosmetikverordnung verbietet deshalb bereits den Einsatz von Titandioxid in Nano-Größe für Sonnenschutzsprays.
Kosmetika, die verschluckt werden können, etwa Lippenstifte, Lipgloss, Lippenpflege mit UV-Schutz oder Zahnpasta, befinden sich gerade in der Prüfphase. Bis zu 57 Milligramm können da im Laufe eines Tages zusammenkommen, hat das für Kosmetik zuständige EU-Gremium SCCS einmal errechnet. Das Gremium wurde von der EU-Kommission beauftragt, die Forschung zu Titanoxid in verschluckbaren Kosmetika erneut zu prüfen. Ein Ergebnis ist im März 2023 zu erwarten.
Die Forschung zu Titandioxid
Mehrere Studien lassen Zweifel daran aufkommen, dass das Titanoxid ungefährlich ist. So etwa eine großangelegte Studie an der Universität Zürich aus dem Jahr 2017. Verdacht der Studie: Titandioxid könnte Darmentzündungen verstärken oder gar begünstigen.
- Das Problem: Titandioxid wird oft in Form winziger Partikel, sogenannter Nanopartikel beigemischt. Diese sind beispielsweise oft in Sonnencreme enthalten. Sind die Partikel unter 100 Nanometer groß, können sie laut dem Gastroenterologen Gerhard Rogler von der Universität Zürich in Zellen eindringen. Dort sollen sich die Stoffe laut der Studie auch anreichern und Entzündungen verursachen können. Die Forscher der Universität Zürich empfehlen bereits 2017 insbesondere Darmerkrankten daher, Nahrungsmittel mit Titandioxid zu vermeiden.
- Weiterhin wird befürchtet, dass das Einatmen von Titandioxid-Partikeln krebserregend sein kann. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die EU-Kommission beschlossen, Titandioxid als Gefahrstoff mit dem Hinweis „vermutlich krebserzeugend bei Inhalation“ einzustufen. Das Risiko betrifft vor allem kosmetische Sprays, Aerosole und Pulver und nicht Produkte, die den Weißmacher in fester Form enthalten.
Aufgrund der unsicheren Faktenlage hat Frankreich Anfang 2021 als erstes europäisches Land ein Verbot von Titandioxid in Lebensmitteln durchgesetzt. Auch die Niederlande wollten folgen. In Deutschland gab es ein solches Verbot jedoch noch nicht. Eine Entscheidung der EFSA führt zum Verbot von Titandioxid in Lebensmitteln. Der Lebensmittelzusatzstoff E 171 darf in keinem EU-Land mehr verwendet werden.
Wie du Titandioxid vermeiden kannst
Übrigens: Dr. Oetker verzichtet seit April 2020 auf Titandioxid in seinen Produkten, nachdem foodwatch einen Protestaktion gestartet hatte, die rund 40.000 Personen unterschrieben.
Insgesamt ist es wohl sicherer, den Stoff nicht nur in Lebensmitteln zu vermeiden. Das ist gar nicht so kompliziert: Beim Einkaufen einfach nach Titandioxid/Titanoxid oder den Nummern E 171 und CI 77891 Ausschau halten. Frage außerdem bei deinem Arzt, ob er dir Arzneimittel oder Präparate ohne Titandioxid verschreiben kann.
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