Mit bloßem Auge sind sie nicht erkennbar und dennoch weit verbreitet: Nanopartikel wie Titandioxid. Wir erklären dir, warum du den Stoff meiden solltest.
Titandioxid – auch: Titan(IV)-oxid – ist ein Farbpigment, das industriell hergestellte Lebensmittel und andere Produkte optisch aufwerten soll. Es ist eines der drei Titanoxide. Auf Lebensmittelverpackungen kannst du den Zusatzstoff an der Nummer E171 erkennen, in Kosmetika wird er unter der Bezeichnung CI 77891 gelistet. Allein im Jahr 2020 wurden rund 6,45 Millionen Tonnen des Weißmachers produziert.
EU-Verbot von Titandioxid für Lebensmittel
Seit August 2022 ist Titandioxid nach einer Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verboten. Bereits im Mai 2021 warnte die Institution, dass Titandioxid „als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen wird“. Jedoch fehlten eindeutige wissenschaftliche Belege zur gesundheitsschädlichen Wirkung.
Jetzt ist klar: Es gibt Bedenken hinsichtlich der Gentoxizität, also der Fähigkeit von chemischen Substanzen, genetisches Zellmaterial zu verändern. Diese Wirkung kann nicht ausgeschlossen werden. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg legen wissenschaftliche Studien nahe, dass Titandioxid zum Brechen der DNA-Stränge führen und auf diese Weise Chromosomenschäden verursachen kann. Solche Schäden führen zu potenziell zu Veränderungen des Erbguts.
Titandioxid darf aufgrund dieser Gefahr seit dem 7. August 2022 nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden. Zuvor wurde die Chemikalie zur „Verschönerung“ vieler Produkte eingesetzt – etwa in Mozzarella, Backzutaten, Fertiggerichten, Salatsoßen und Süßigkeiten wie beispielsweise Kaugummi und Marshmallows, berichtet Öko-Test. Vereinzelt seien trotz des Verbots auch weiterhin Lebensmittel mit Titandioxid im Umlauf, warnte das Verbrauchermagazin 2023 – etwa aus Restbeständen.
In welchen Produkten steckt Titandioxid sonst noch?
Titandioxid ist nicht nur in der Lebensmittelindustrie weit verbreitet. Das chemisch hergestellte Pigment eignet sich gut, um Produkte aufzuhellen oder ihnen einen frischen Glanz zu verleihen.
Zum Bleichen von Tabletten und in Kosmetik wird Titandioxid beispielsweise immer noch verwendet. Das betrifft etwa Medikamente wie Ibuprofen, aber auch Sonnencremes und Zahnpasta. Ökotest nennt außerdem Lippenstifte.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hatte zuletzt angekündigt, bis April 2024 prüfen zu wollen, wie und ob der Stoff weiterhin in der Medizin eingesetzt werden soll. Stand Juni 2025 sind aber noch keine neuen Ergebnisse veröffentlicht worden.
Als Zusatzstoff ist Titandioxid außerdem in diesen Produkten zu finden:
- Farbe und Lacke
- Kunststoff
- Klebstoff
- Gummi
- Gebleichtes Papier
Hierzu äußert sich die Europäische Kommission nicht. Das Verbot von Titanoxid gilt nur für den Lebensmittelfarbstoff E171, nicht aber für andere Produkte wie die oben genannten oder Medikamente.
Titandioxid in Kosmetika: Kein Verbot
Die winzigen Titandioxidpartikel dienen beispielsweise in Sonnencreme als mineralischer Lichtschutzfilter. Sie reflektieren die UV-Strahlung und verhindern so Sonnenbrand. Klar ist laut Öko-Test allerdings auch: Über gesunde Haut kann Titandioxid nach jetzigem Kenntnisstand nicht in den Körper gelangen, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bekräftigt.
Für Cremes oder Make-up gilt Titandioxid – als CI77891 oder Titanium Dioxide deklariert – weiterhin als unbedenklich, da es rein oberflächlich wirkt.
Allerdings kann Titandioxid eingeatmet werden, wenn Lacke oder Sonnencremes aufgesprüht werden. Dann spricht die europäische Chemikalienbehörde (ECHA) von „vermutlich krebserregenden“ Stoffen. Im Februar 2020 hat die EU-Kommission daraufhin Titandioxid als Gefahrenstoff mit dem Zusatz „vermutlich krebserzeugend bei Inhalation“ eingestuft. Diese Einstufung hob sie jedoch im November 2022 wieder auf.
Kosmetika, die verschluckt werden können, etwa Lippenstifte, Lipgloss, Lippenpflege mit UV-Schutz oder Zahnpasta, befinden sich gerade in der Prüfphase. Bis zu 57 Milligramm können da im Laufe eines Tages zusammenkommen, hat das für Kosmetik zuständige EU-Gremium SCCS einmal errechnet. Die EU-Kommission hat das Gremium beauftragt, die Forschung zu Titanoxid in verschluckbaren Kosmetika erneut zu prüfen. Ein Ergebnis wurde für März 2023 erwartet. Auch in diesem Fall liegen aber noch keine endgültigen Ergebnisse vor.
Begünstigt Titandioxid Darmentzündungen?
Schon vor dem Verbot ließen wissenschaftliche Ergebnisse Zweifel daran aufkommen, dass Titanoxid ungefährlich ist – so etwa eine großangelegte Studie an der Universität Zürich aus dem Jahr 2017. Verdacht der Studie: Titandioxid könnte Darmentzündungen verstärken oder gar begünstigen.
Das Problem: Titandioxid wird oft in Form winziger Partikel, sogenannter Nanopartikel beigemischt. Diese sind beispielsweise oft in Sonnencreme enthalten. Sind die Partikel unter 100 Nanometer groß, können sie laut dem Gastroenterologen Gerhard Rogler von der Universität Zürich in Zellen eindringen. Dort sollen sich die Stoffe laut der Studie auch anreichern und Entzündungen verursachen können. Die Forschenden der Universität Zürich empfahlen insbesondere Darmerkrankten daher bereits 2017, Nahrungsmittel mit Titandioxid zu vermeiden.
Aufgrund der unsicheren Faktenlage hat Frankreich Anfang 2021 als erstes europäisches Land ein Verbot von Titandioxid in Lebensmitteln durchgesetzt. Mittlerweile ist der Stoff EU-weit verboten.
Wie du Titandioxid vermeiden kannst
Bis endgültige Ergebnisse vorliegen, ist es insgesamt wohl sicherer, den Stoff nicht nur in Lebensmitteln zu vermeiden. Das ist gar nicht so kompliziert: Schau beim Einkaufen einfach auf der Liste der Inhaltsstoffe nach, ob ein Produkt Titandioxid/Titanoxid enthält und halte nach den Nummern E 171 und CI 77891 Ausschau. Frage außerdem bei Arztbesuchen gezielt nach Arzneimitteln oder Präparaten ohne Titandioxid.
Überarbeitet von Philipp Multhaupt
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