Die Überfischung der Meere nimmt immer weiter zu: Viele Fischbestände sind völlig erschöpft und Fischarten vom Aussterben bedroht. Seit einigen Jahren sollen strengere Fangquoten und andere Maßnahmen die Überfischung aufhalten.
In den 1950er Jahren schienen die Fischbestände im Meer unendlich zu sein. Kein Wunder, konnten sich die Fische während des Zweiten Weltkriegs doch ungehindert ausbreiten und vermehren. Als die Fischer nach Kriegsende wieder aufs Meer rausfuhren, machte sich kaum jemand Gedanken über nachhaltiges Fischen. Heute jedoch sind viele Fischvorkommen durch industriellen Fischfang stark erschöpft.
Es gibt hauptsächlich zwei Formen von Überfischung:
- Rekrutierungsüberfischung: Wissenschaftler sprechen von Überfischung, wenn einem Bestand mehr Fische entnommen werden, „als in den Folgejahren durch natürliche Vermehrung und Zuwanderung nachwachsen können“. Das sei aber bis jetzt noch nicht vorgekommen.
- Wachstumsüberfischung: Man spricht davon, wenn Fisch vor seinem maximalen Gewichtszuwachs gefangen wird, also zu früh in seinem Lebenszyklus. Würde man ihn später fischen, gäbe es einen höheren Ertrag.
Überfischung: Wie schlimm steht es um die Fische im Meer?
Die wichtigsten Daten und Fakten zur Überfischung auf einen Blick:
- Ein Drittel der Fischbestände weltweit sind überfischt.
- Nach EU-Definition sind im Mittelmeer über 90 Prozent der Fischbestände überfischt.
- von 1970 bis 2010 haben sich die Fischpopulationen insgesamt halbiert.
- Pro Jahr holen Menschen circa 80 Millionen Tonnen Fisch aus dem Meer.
- Die Menge an Beifang beträgt pro Jahr knapp 40 Millionen Tonnen.
- 88 Prozent der gefangenen Fische landen auf dem Teller.
- Etwa 20 Kilogramm Fisch isst jeder Mensch im Schnitt jährlich – doppelt so viel wie vor 50 Jahren.
(Quellen: UN-Fischreport, WWF, EU-Kommission)
Warum ist die Überfischung problematisch?
Eigentlich klingt es ganz leicht: Wenn das Meer überfischt ist, setzt man einfach die Fischerei für ein paar Jahre aus, bis sich die Fischbestände erholt haben. Doch genau das funktioniert nicht, sagt der BUND: „Die freiwerdenden Lebensraumnischen im Ökosystem werden von anderen Fischarten besetzt. Dies kann selbst dann noch zu einem Verschwinden von Arten führen, wenn Fangverbote eingeführt werden“. Wenn wichtige Arten fehlen, könne dies das gesamte Ökosystem verändern.
Außerdem werden die Fische immer kleiner und früher geschlechtsreif. Denn solche kleinen Fische sind evolutionär im Vorteil, da sie leichter durch die Maschen im Netz entwischen und sich fortpflanzen können, so der BUND. Wenn die Fische immer kleiner werden, verschärft das aber nur noch die Abnahme der Fischbestände. Denn Fangquoten werden in Kilogramm festgelegt und so steigt die Anzahl der gefischte Meerestiere bei gleichbleibendem Gewicht.
Doch wie werden die riesigen Mengen an Fisch überhaupt aus dem Meer geholt? Vor allem durch große Fangschiffe. Die großen Beutefische am oberen Ende der Nahrungskette landen besonders oft im Netz: Thunfisch, Schwertfisch, Marlin, Kabeljau, Heilbutt und Rochen. Das bringt das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Mit modernster Technik ausgestattet orten Fangschiffe die Fischschwärme im Meer. Bei der Grundschleppnetzfischerei werden die Netze über den Meeresboden gezogen und können so zum Beispiel Korallen zerstören.
Überfischung: Kritik an Fischerei-Methoden und Fangquoten
Die vielen Tonnen Beifang stehen immer wieder in der Kritik. Auf 80 Millionen Tonnen Fisch kommen fast 40 Millionen Tonnen Beifang. Denn:
- werden Netze über den Meeresboden geschleppt, bleiben dort auch Seesterne und andere Meeresbewohner hängen
- verhakt sich das Netz an Muscheln, werden die vom Netz mit abgerissen.
Die Tiere werden dann tot oder verletzt ins Meer zurückgeworfen. Darunter befinden sich laut BUND jedes Jahr weltweit etwa 300.000 Wale, 300.000 Seevögel, mehrere Millionen Haie, 650.000 Robben und 250.000 Meeresschildkröten.
Kritik gibt es auch immer wieder an den Fangquoten. Zwar hat die Europäische Union im Rahmen ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) festgelegt, wie viel Fisch dem Meer entnommen werden darf. Dabei berät sie der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES). Doch die festgesetzten Fangquoten übersteigen die Empfehlung der Wissenschaftler oft, kritisiert der WWF. „Das ist dann zwar legal, aber bei weitem nicht mehr nachhaltig“, so die Umweltschützer.
Die Überfischung der Meere hat ernste Konsequenzen: Wenn die Fischbestände einer bestimmten Art zusammenbrechen, müssen viele Menschen um ihre Jobs bangen. In Neufundland waren plötzlich 40.000 Menschen arbeitslos, nachdem der Kabeljau 1992 weggefischt war, berichtet Greenpeace. Auch an den Küsten Afrikas und Südamerikas haben die leeren Meere Folgen für die Küstenbewohner: Sie können sich nicht mehr durch Fischfang ernähren und sehen sich zur Piraterie gezwungen, so der BUND.
Lösungen: Was tun gegen die Überfischung?
Einige Staaten haben bereits Schutzgebiete eingerichtet, wo Fischen ganz oder zumindest die Tiefseefischerei verboten ist. Solche Schutzzonen gibt es zum Beispiel vor einigen Küsten von Australien und Neuseeland. Auch Schleppnetze sind inzwischen mehr und mehr verboten, weil sie über Kilometer auf dem Meeresgrund schleifen und viel Beifang an die Wasseroberfläche holen. Pelagische Schleppnetze berühren den Boden jedoch nicht und zerstören ihn somit auch nicht, das Problem des Beifangs bleibt jedoch bestehen.
Die EU hat 2013 eine Fischereireform beschlossen, um die Überfischung zu verringern. Sie beinhaltet Regelungen zu Beifang, Fangmenge und der Größe der Schiffe. Wie der Deutschlandfunk berichtet, mangelt es aber an Kontrollen, vor allem beim Beifang. Wissenschaftler vom Thünen-Institut fordern daher ein hochseetaugliches Überwachungssystem nach dem Vorbild Kanadas.
Doch die Reformen sind nicht genug: Der WWF fordert Mehrjahrespläne der EU statt jährliche Fangquoten und dass dabei das gesamte Ökosystem in Betracht gezogen wird. Die Mehrjahrespläne sollten sich zudem an den Empfehlungen der Wissenschaftler orientieren. Außerdem seien faire Fischereiabkommen mit Drittstaaten notwendig, damit internationale Großkonzerne nicht das Meer vor Afrika und Südamerika leer fischen.
Das kannst du gegen Überfischung tun
Die beste Lösung gegen Überfischung ist natürlich, selbst auf Fisch zu verzichten. Wer doch hin und wieder Fisch essen möchte, sollte einen Blick in die beiden großen Fischratgeber werfen. Dort steht drin, welche Fische aus welchen Meeren nicht überfischt sind. Achte hier auf Siegel wie MSC und Naturland.
Außerdem können Fische aus Aquakulturen eine Alternative sein, auch wenn diese Form der Haltung und Züchtung umstritten ist. Zum Beispiel wegen des Medikamenteneinsatzes und der großen Menge an Fischfutter (Fischmehl), für das ebenfalls Meerestiere gefischt werden müssen. Hier solltest du unbedingt auf Produkte mit Bio-Siegel achten, zum Beispiel Bioland.
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English version available: 4 Solutions to Overfishing and What You Can Do
Überarbeitet von Lena Kirchner
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