Fisch gilt als gesund – aber oft nicht als nachhaltig. Die Verbraucherzentralen haben gemeinsam mit WWF, Nabu und der DUH eine neue „Guter Fisch“-Liste herausgegeben. Einige wenige Fischarten kann man demnach aus Umweltsicht noch kaufen.
Viele Verbraucher:innen stellen sich viele die Frage: Kann man Fisch überhaupt noch guten Gewissens essen? Dazu gibt es verschiedene Meinungen. Vegetarier:innen und Veganer:innen verzichten auf Fisch. Doch Tierschutz ist nur ein Grund, auf Fisch zu verzichten.
Die Belastung der Meere mit Mikroplastik geht auf die Fische über; auch Überfischung, Beifang und Geisternetze im Meer zählen zu den negativen Auswirkungen des Fischfangs. Organisationen wie der WWF oder Greenpeace veröffentlichten deshalb in der Vergangenheit Fischratgeber, die einen Überblick darüber geben, wie überfischt bestimmte Arten sind und wie groß die Umweltauswirkungen.
Neue „Guter Fisch“-Liste von Verbraucherzentralen und Co. für 2025
Der neueste Kaufratgeber für Fisch ist die überarbeitete „Guter Fisch“-Liste vom Dezember 2024. Sie wurde gemeinsam von den Verbraucherzentralen, der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Geomar), dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sowie dem World Wide Fund For Nature (WWF) veröffentlicht. Die Liste umfasst Meeresfische, Fische aus Aquakulturen werden nicht berücksichtigt.
Dr. Katja Hockun, Teamleiterin Meeresschutz bei der DUH, erklärte zum Fischratgeber: „Unsere Meere stehen unter Druck: Klimakrise, Verschmutzung, Infrastrukturausbau, und auch Fischerei setzen dem Ökosystem zu. Damit die Fischerei eine Zukunft hat, darf nur so viel gefischt werden, wie auch wieder natürlich nachwachsen kann.“
Außerdem müsse konsequent nachhaltiges Fanggerät eingesetzt werden. „Mit der Liste „Guter Fisch“ wollen wir Verbraucher*innen helfen zu verstehen, worauf es beim Fischfang und -kauf ankommt“, so die Expertin weiter.
„Guter Fisch“-Liste: nur noch 12 Meeresfische zu empfehlen
Insgesamt elf Fischarten sowie Miesmuscheln stehen auf der neuen Guter-Fisch-Liste – drei Fischarten sind dabei als nur noch „bedingt empfehlenswert“ eingestuft. Die Liste ist ein Jahr lang gültig, also bis Dezember 2025. Um besseren Fisch zu kaufen, sollte man laut den Umweltverbänden Fischart, Fangmethode und Fanggebiet genau mit der Liste vergleichen.
Bei unverarbeitetem Fisch und Tiefkühlprodukten sind diese Angaben verpflichtend, wenn auch nicht immer detailliert genug, um bewerten zu können, ob ein Produkt ein „guter Fisch“ ist. Im Zweifel muss man deshalb beim Einkauf nachfragen. Nur so kann man nach Ansicht der Verbraucherzentrale vermeiden, dass Fisch aus einem stark bedrohten Bestand auf dem Teller landet. Denn in einem Fanggebiet kann eine Fischart bedroht sein, in einem anderen nicht.
Fischratgeber: Es kommt auf Art, Region und Fangmethode an
Die Fangmethode ist neben der Herkunft der Fischbestände ein wichtiges Kriterium beim Kauf von Fisch. Besonders schädlich sind Grundschleppnetze, da sie meist viel Beifang erzeugen und den Meeresboden zerstören. Aquakulturen sollen Bestände schonen, stehen aber ebenfalls in der Kritik, unter anderem weil als Futtermittel meist Fischmehl aus bedenklichem Wildfang zum Einsatz kommt.
Guter Fisch: Diese Fischarten empfehlen WWF und Co.
Welchen Fisch kann man denn noch essen? Folgende Meeresfische empfiehlt die Guter-Fisch-Liste:
- Flunder, Scholle und Kliesche aus der Ostsee, wenn sie mit Reusen oder Fallen gefangen wurden
- Seelachs aus der Barentssee mit den erlaubten Fanggeräten Umschließungs- und Hebenetzen
- Schellfisch aus der Nordsee, Westlich Schottlands (Skagerrak) mit Haken und Leinen gefangen
- Weißer Thun, wenn er aus dem Nordwestatlantik, Nordostatlantik, Mittleren Westatlantik oder Mittleren Ostatlantik stammt und mit Hand- und Angelleinen oder Schleppangeln gefischt wurde; Langleinen sind dagegen nicht empfehlenswert, die Verbraucherzentrale empfiehlt eine gezielte Nachfrage, wenn die Angabe lediglich „Haken und Leinen“ umfasst.
- Iberischer Stöcker aus portugiesischen Gewässer und der Biskaya, der mit Umschließungsnetzen und Hebenetzen gefangen wurde
- Echter Bonito, ein kleinerer Thunfisch, aus dem Nordwestpazifik, Westlichen Zentralpazifik, Östlichen Zentralpazifik, Südwestpazifik und dem Indischen Ozean, sofern mit Handleinen und Angelleinen gefischt
- Miesmuscheln aus dem Nordostatlantik und als Leinenkultur. Da detaillierte Angaben selten auf dem Etikett zu finden sind, sollte man im Zweifel gezielt nachfragen.
Nur noch bedingt empfehlenswert sind folgende drei Fischarten:
- Hering aus dem Golf von Riga, gefangen durch Schleppnetze, Reusen und Fallen. Die Guter-Fisch-Liste schreibt zur eingeschränkten Verzehrempfehlung: „Der Bestand im Golf von Riga in der Ostsee hat zwar noch eine ausreichende Größe, aber die Fänge sind zu hoch. Um den Hering aus dem Golf von Riga uneingeschränkt zu empfehlen, muss der Bestand nächstes Jahr weniger stark befischt werden.“
- Alaska-Seelachs aus dem Nordostpazifik und der Östlichen Beringsee, wenn mit pelagischen Schleppnetzen gefangen – die Angabe „Schleppnetze“ als Fangmethode ist hier nicht ausreichend.
- Ketalachs aus dem Nordostpazifik um Alaska. Fangmethoden: Umschließungs- und Hebenetze sowie Schleppangeln. Die Bestände von Ketalachs um Alaska haben sich teilweise verschlechtert, Grund dafür ist unter anderem die Klimakrise.
Die vollständige Guter-Fisch-Liste kannst du auch auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg einsehen.
Insgesamt ist die Guter-Fisch-Liste kürzer als zuletzt. Die Makrele und Sprotte aus der Ostsee wurden 2023 noch als bedingt empfehlenswert eingestuft, allerdings war ihr Verbleiben auf der Liste an Bedingungen geknüpft. Da die notwendigen Schutzmaßnahmen nicht ergriffen wurden und die Fischbestände weiter überfischt sind, sind diese Arten nicht mehr zu empfehlen. Auch Rotlachs wird – anders als noch 2024 – nicht mehr empfohlen. Der Zustand der Heringsbestände sowie die einst empfehlenswerten Lachsbestände in Alaska besorgen die Herausgeber der Fisch-Liste.
Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am Geomar erklärt: „Leider wird es immer schwieriger, nachhaltige Bestände für die „Guter Fisch” Liste zu finden, denn die Überfischung unserer Meere hält an. Ein trauriges Beispiel ist der Nordseehering: Schon im letzten Jahr stand er nur als „bedingt empfehlenswert“ auf der Liste und trotzdem sind die Fänge erneut viel zu hoch. Der Bestand schrumpfte weiter und musste folglich komplett von der Liste gestrichen werden.“
Fischratgeber: Nach welchen Kriterien erfolgt die Bewertung?
Bei der Bewertung der Fische für die Guter-Fisch-Liste spielen die Fangtechnik, Beifangvermeidung, die aktuelle Bestandsgröße sowie die Höhe des Fischereidrucks (die Intensität des Fischfangs) eine wichtige Rolle.
Dabei achten die Verbände und das Geomar zum Beispiel auf folgende Voraussetzung: Die mittlere Körpergröße der Fische im Fang muss deutlich über derjenigen liegen, bei der die Tiere geschlechtsreif werden.
Das Ziel des aktuellen Fischratgebers sind nach eigener Aussage gesunde Meere, in denen Fischbestände leben, die trotz ihrer kommerziellen Nutzung groß und gesund sind und die ihre Rolle im Ökosystem erfüllen können.
Fischpopulationen kollabieren, Fischereibetriebe geben auf. Die Fischereipolitik der letzten Jahre ist gescheitert. Wir brauchen endlich ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und Qualität statt auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Wenn „Guter Fisch“ auf den Tellern landet, dann leisten Verbraucher*innen hierbei einen wichtigen Beitrag.
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz
Dr. Philipp Kanstinger, WWF Fischereiexperte, hat einen Tipp für Feiertage: „Wenn Fisch zu Ihrem Fest gehört, dann ist neben den Meeresfischen von der Liste „Guter Fisch“ auch Karpfen aus der regionalen Teichwirtschaft eine sehr gute Wahl für Weihnachten.“
Utopia meint: 38 Prozent der weltweiten Fischbestände sind überfischt, 51 weitere Prozent werden bis an die Grenzen befischt. Dazu kommen zahlreiche weitere Probleme, die die Lust auf Fisch vergehen lassen: Zerstörung wertvoller Lebensräume durch Schleppnetze und Aquakultur, Verschmutzung von Gewässern, die Bedrohung anderer Tierarten durch Beifang. Allein dieser macht nach Angaben des WWF pro Jahr neun Millionen Tonnen aus, zehn Prozent des weltweiten Fischfangs.
Weil die Situation so komplex ist, reichen einzelne Siegel oft nicht aus, um Verbraucher:innen umfassend beim Einkaufen zu beraten. Wer „besseren“ Fisch kaufen und essen will, sollte sich deshalb im Vorhinein genau informieren und sich an der aktuellen Guter-Fisch-Liste orientieren oder keine Meeresfische, sondern regional gefischte Süßwasserfische kaufen.
Oder noch besser: auf Fisch verzichten und dafür eine vegane Fischalternative ausprobieren. Für die Gesundheit brauchen wir Fisch nicht: Unseren Bedarf an Omega-3-Fettsäuren können wir auch über andere Lebensmittel wie Algenöl, Walnüsse oder Leinöl decken.
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