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Waldorfkindergarten: Dieses pädagogische Prinzip steckt dahinter

waldorfkindergarten
Foto: CC0 / Pixabay / Design_Miss_C

Ein Waldorfkindergarten richtet sich nach dem anthroposophischen Erziehungskonzept von Rudolf Steiner. Was das genau bedeutet und wie Waldorfpädagogik in der Praxis funktioniert, erfährst du in diesem Überblick.

Ein Waldorfkindergarten unterscheidet sich von herkömmlichen Kindergärten durch ein spezielles pädagogisches Konzept. Die Waldorfpädagogik stellt die individuelle Entwicklung der Kinder besonders stark in den Vordergrund und macht es sich zur Aufgabe, die kindliche Sinneswahrnehmung und kreative Freiheit zu fördern.

Das soll vor allem durch das unmittelbare Erleben und Erfahren der eigenen Lebensumgebung passieren: Im Verständnis der Waldorfkindergärten ist der alltägliche Lebensraum der Kinder ein Raum, in dem sie lernen können. Diesen Raum sollen die Kindergärten möglichst offen und anregend gestalten, um die Kinder zum Lernen zu motivieren. Ein wichtiger Anreiz dafür ist das „freie Spiel“. Dabei können die Kinder ohne Regeln oder Vorgaben von außen selbst bestimmen, was, womit und auf welche Art sie spielen.  

Waldorfkindergarten: Ursprung und Grundlagen

Der erste Waldorfkindergarten öffnete 1920 in Stuttgart – mittlerweile gibt es in Deutschland über 500 Einrichtungen unter diesem Namen. Begründet hat die Waldorfpädagogik der Österreicher Rudolf Steiner. Sie basiert auf seinem Konzept der Anthroposophie (übersetzt etwa: „die Weisheit vom Menschen“). Das anthroposophische Menschenbild gliedert den Menschen in Leib, Seele und Geist. Als zentrale Fähigkeiten der menschlichen Seele sieht Steiner „Denken, Fühlen und Wollen“ an. Die Waldorfpädagogik zielt darauf ab, diese drei Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen gleichberechtigt zu schulen. 

Laut der Vereinigung der Waldorfkindergärten zählt zu den zentralen Grundsätzen außerdem der Glaube an eine unsterbliche „geistige Substanz“ des Menschen. Teil des anthroposophischen Menschenbildes sei deshalb auch der Gedanke von Reinkarnation und Karma“ Steiners Lehre zufolge wird der Geist eines Menschen nach seinem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren. Laut dem Religionsforscher Helmut Zander folgt für die Pädagogik daraus, dass Erzieher:innen über die früheren Leben der Kinder Bescheid wissen sollten.

Inwieweit solche spirituellen Konzepte die konkrete Erziehungsarbeit beeinflussen, ist nicht ganz eindeutig zu beantworten. Nach dem Selbstverständnis der Waldorfkindergärten sind es gerade diese Ansätze, durch die sich die Waldorfpädagogik von konventionellen Erziehungsmodellen unterschiedet. In der erzieherischen Praxis spiele etwa der Gedanke der Reinkarnation aber keine nennenswerte Rolle.

Auch wenn Steiners erzieherische Ideale heute noch Anwendung finden, distanzieren sich die meisten Waldorfschulen und -kindergärten klar von seiner Person beziehungsweise von rassistischen und antisemitischen Textstellen, die sich in seinen Werken wiederfinden. Beispielhaft dafür ist das Projekt „Anthroposophie gegen Rassismus.“

Waldorfkindergärten in der Praxis: Tagesablauf und Spielzeug

Mit Wasserfarben können sich Kinder im Waldorfkindergarten kreativ ausleben.
Mit Wasserfarben können sich Kinder im Waldorfkindergarten kreativ ausleben.
(Foto: CC0 / Pixabay / Bru-nO)

Die Vereinigung der Waldorfkindergärten betont selbst, dass es in der Waldorfpädagogik kein festgelegtes Programm gibt: „Jeder Pädagoge ist aufgefordert, aus eigener Verantwortung die Erziehung der Kinder zu gestalten.“ Dennoch folgen die Betreuer:innen und Kinder in der Regel einem klar strukturierten Tagesablauf. Auch Phasen des freien Spielens sind inhaltlich zwar offen gestaltet, beginnen und enden aber immer zu einer festen Uhrzeit. Anschließend räumen die Kinder auf und frühstücken zum Beispiel gemeinsam. Oft bilden Mahlzeiten wie Frühstück und Mittagessen die Eckpunkte des Tages.

Darüber hinaus kann es Programmpunkte wie etwa Spiele an der frischen Luft, Vorlesestunden oder Puppenspiele geben. Auch der kreative Umgang mit verschiedenen Arbeitsmaterialien wie Holz, Knetwachs oder Wassermalfarben nimmt eine wichtige Stellung im pädagogischen Konzept ein.

Ein weiteres zentrales Element ist die sogenannte Eurythmie, eine von Rudolf Steiner entwickelte Form der Bewegungskunst. Sie soll die Kinder darin schulen, sich bewusst und rhythmisch zu bewegen. Der Grundgedanke der Eurythmie ist es, inneres Empfinden durch die Bewegung zum Ausdruck zu bringen. 

Eine Besonderheit von Waldorfkindergärten sind die Spielmaterialien, die den Kindern während des freien Spielens zur Verfügung stehen. Sie bestehen aus Naturmaterialien und sind meistens sehr schlicht gestaltet, um dem Kind genug Raum für die eigene Phantasie zu geben. Typisches Waldorfspielzeug können zum Beispiel Holzklötze, Tücher, Muscheln, Kastanien, Bohnen, Eicheln, Steine oder Tannenzapfen sein. Auch einfach geschnitzte Tiere und schlichte Stoffpuppen finden sich in Waldorfkindergärten.   

Waldorfkindergarten: Mit welchen Kosten müssen Eltern rechnen?

Die Kosten für den Besuch eines Waldorfkindergartens können von Einrichtung zu Einrichtung variieren. Meistens kommt es darauf an, welche Angebote die Eltern in Anspruch nehmen – ob sie beispielsweise nur für Vormittags- oder auch für Nachmittagsbetreuung bezahlen.

Je nach Einrichtung und Angebot liegt der monatliche Betrag durchschnittlich bei 130 Euro bis 350 Euro. Dies liegt im Einzelfall daran, inwieweit die jeweilige Kommune den Kindergarten finanziell unterstützt. Hinzukommen können noch Vereinsbeiträge oder Verwaltungsgebühren. In manchen Waldorfkindergärten fallen die Preise je nach Alter der Kinder unterschiedlich aus. Andere bieten Ermäßigungen an, wenn mehrere Kinder aus der gleichen Familie denselben Kindergarten besuchen. 

Kritik an der Waldorfpädagogik

Wie das Waldorfkonzept konkret umgesetzt wird, hängt auch immer von den Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung ab.
Wie das Waldorfkonzept konkret umgesetzt wird, hängt auch immer von den Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung ab.
(Foto: CC0 / Pixabay / TJENA)

Die Waldorfpädagogik wird seit ihren Anfängen kontrovers diskutiert. Besonders häufig steht auch heute noch das spirituell bis esoterisch geprägte Menschenbild Rudolf Steiners in der Kritik, auf dem die Erziehung fußt. Manche Kritiker:innen nehmen darin sogar sektenähnliche Züge wahr.

Der Tagesablauf in den Waldorfkindergärten ist ebenfalls ein Streitpunkt. Manche Eltern befürchten, dass die streng geregelten Abläufe die freie Entwicklung ihrer Kinder eher hemmen statt fördern könnten. Andere kritisieren im Gegenteil, dass das Waldorfkonzept den Kindern zu viel Freiheit lasse – etwa in Form des „freien Spiels“. Sie würden so nicht angemessen auf gesellschaftliche Regeln vorbereitet und wären später in der Schule oder im Berufsleben überfordert. Diese Kritik bezieht sich auf Waldorfkindergärten ebenso wie auf Waldorfschulen. 

Nicht zuletzt können auch die relativ hohen Kosten für den Kindergartenbesuch ein Problem für Eltern darstellen. Waldorfkindergärten müssen sich auf dieser Grundlage mit dem Vorwurf auseinandersetzen, zu exklusiv zu sein und nicht allen Einkommensklassen offen zu stehen. Ein erklärtes Ziel der Waldorfkindergärten und -schulen ist es allerdings, kein Kind aus finanziellen Gründen nicht aufzunehmen. Deshalb gibt es in vielen Waldorfeinrichtungen Solidargemeinschaften. Besonders an Schulen sind diese sehr verbreitet und darauf ausgerichtet, die unterschiedlichen ökonomischen Familiensituationen auszugleichen.

Ob Eltern und Kinder mit der Waldorferziehung zufrieden sind, hängt auch immer davon ab, wie individuelle Einrichtungen und Erzieher:innen die Konzepte im Einzelnen umsetzen. Informiere dich deshalb bei Interesse am besten direkt im Kindergarten in deiner Nähe, um dir selbst ein Bild machen zu können.

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