Kapitalismus – was ist das eigentlich genau? Und was hat es mit Kapitalismuskritik auf sich? Wir erklären dir, was du zu diesem Thema wissen solltest.
Wurzeln und Grundprinzip des Kapitalismus
Kapitalismus ist der Ursprung der Umweltzerstörung, der Grund für die Ausbeutung von Menschen und Ökosystemen, der Motor für soziale Ungerechtigkeit. So lautet häufig die Meinung in Klimaschutzbewegungen und der grünen und der linken Szene. Wer verstehen möchte, woher diese Kritik kommt, der sollte sich erstmal anschauen, was Kapitalismus überhaupt ist, wo er herkommt – und wo in der Realität die Probleme des Kapitalismus liegen.
Der Duden bezeichnet Kapitalismus als ein Wirtschaftssystem, das dadurch gekennzeichnet ist, dass sich Produktionsmittel in Privateigentum befinden und dass sich das Wirtschaftsgeschehen über den Markt steuert. Das grundlegende Prinzip dahinter ist die Gewinnmaximierung.
Entstanden ist der Kapitalismus Ende des 18. beziehungsweise Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der Industrialisierung, so die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Der Begriff Kapitalismus leitet sich, wie der Wortstamm vermuten lässt, von „Kapital“ ab. Er nimmt damit Bezug auf die damalige Wirtschaftssituation, wo einige wenige das Kapital hatten und somit über die Produktionsmittel verfügten. Die große Masse konnte dagegen nur ihre eigene Arbeitskraft zur Verfügung stellen und war abhängig von den Kapitalbesitzern.
Kapitalismus in seiner Reinform bezeichnet eine Wirtschaft, in die der Staat nicht eingreift. Unsere heutige Wirtschaftsform ist streng genommen eine Marktwirtschaft, so die bpb. Denn der Staat greift ins Wirtschaftsgeschehen ein und reguliert es durch Rahmenbedingungen, die Gesetze.
Wie Kapitalismus funktionieren könnte
Im Grundgedanken kann Kapitalismus ein ermächtigendes System sein, wie Adena Friedman in einem Ted-Talk zur Zukunft des Kapitalismus erklärt. Demnach gibt uns Kapitalismus als Konsumenten die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wo wir investieren möchten anstatt dass andere es für uns entscheiden – wie es in der Planwirtschaft im Kommunismus der Fall wäre. Das gibt uns Freiheit. Regulieren und steuern, so Friedman, soll der Staat im Kapitalismus dennoch, um für das Gemeinwohl und einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Prinzipiell liegt aber die Entscheidung, wofür du dein Geld hergeben möchtest und wo du es anlegen möchtest, bei dir. Das gibt dir die Wahl und Freiheit.
Im Prinzip der Gewinnmaximierung sind noch weitere Mechanismen verankert, die durchaus dem Wohl von Mensch und Welt dienen könnten: Gewinnmaximierung heißt auch Kosten senken. Indem du beispielsweise deine Maschinen energieeffizienter machst, meidest du unter andere CO2-Emissionen. Damit wiederum meidest du Abgaben, die du für Emissionen leisten musst und sparst so Geld. Das Prinzip der Gewinnmaximierung kann also durchaus für Fortschritt und mehr Umweltschutz sorgen, wenn der Staat es richtig steuert.
Genau das soll ja beispielsweise beim Emissionszertifikatehandel geschehen:
- Für einige Unternehmen ist es günstiger, Emissionen zu reduzieren und den Ausstoß von Schadstoffen zu verringern, als Zertifikate zu kaufen.
- Andere Unternehmen müssten teurere Maßnahmen durchführen, um Emissionen einzusparen.
- Sie kaufen dann lieber von den einsparenden Unternehmen Zertifikate auf.
Die Gesamtmenge an Emissionen, die ausgestoßen werden darf, liegt in staatlicher Hand: Der Staat kann entscheiden, wie viele Zertifikate er insgesamt vergibt. Wenn es weniger Zertifikate gibt, treibt die Nachfrage den Preis entsprechend in die Höhe. So wird es für einige Unternehmen irgendwann günstiger, Emissionen zu vermeiden, statt Zertifikate zu kaufen.
Auch der Wettbewerb, der mit dem Prinzip des Kapitalismus einhergeht, kann durchaus förderlich für die Umwelt sein. Durch die Konkurrenz bist du permanent angehalten, dein Produkt attraktiver und innovativer zu machen und Fortschritt zu fördern, um dich von den anderen abzuheben. Wenn die Nachfrage der Konsumenten hoch genut ist, kann das heißen: grüner, umweltfreundlicher, energieeffizienter.
Argumente der Kapitalismuskritik
Heutzutage betrachten viele Kapitalismus eher kritisch, weil er eben nicht so funktioniert, wie er funktionieren könnte. Stattdessen sehen wir viele Schattenseiten und negative Folgen unseres Wirtschaftssystems. Zentrale Argumente für die Kapitalismuskritik sind folgende:
- Kapitalismus verstärkt Ungleichheit und Ausbeutung: Nur wer Geld hat, hat auch die Macht, am Marktgeschehen mitzuwirken. Dabei ist der Kapitalbesitzer vor allem an seinem Vorteil interessiert, an seiner eigenen Gewinnmaximierung. Er wird daher darauf achten, selbst mit so viel Gewinn wie möglich rauszukommen. Andere entlohnt er dementsprechend wenig. Global gesehen sind es nur wenige, die über viele Ressourcen und damit über viel Kapital verfügen.
- Kapitalismus zerstört die Umwelt: Das Prinzip der Gewinnmaximierung treibt dazu an, so viel Geld wie möglich zu machen. Das heißt auch, möglichst große Flächen erschließen, möglichst viele Rohstoffe verfügbar machen und nutzen. Außerdem kosten Umweltschutzmaßnahmen oft zusätzlich: Wenn du zur Luftreinhaltung einen Filter einbauen musst, dann kostet dich das und das geht von deinem Gewinn ab – warum also solltest du es machen, wenn der Staat dich nicht dazu zwingt? Dieses Denken bedroht nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit und Unversehrtheit der Menschen.
- Zuletzt heißt Kritik am Kapitalismus auch Kritik am Wachstum: Denn wie soll ein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten mit begrenzten Ressourcen möglich sein? Irgendwann sind die Rohstoffe aufgebraucht, dann können wir recyceln und reparieren, aber ein ständiges Neu und Mehr ist auf Dauer nicht möglich.
Eine ausführliche Darstellung dieser Kritikpunkte und der Folgen unseres heutigen globalen Kapitalismus findest du zum Beispiel in einem Beitrag des Deutschlandfunks.
Alternativen zum Kapitalismus
Der ursprüngliche Gegenentwurf zum Kapitalismus stammt unter anderem vom wahrscheinlich ersten Kapitalismuskritiker Karl Marx: Der Sozialismus. Er soll den Kapitalismus abschaffen. Die Produktionsmittel im Privatbesitz sollen verstaatlicht werden und die Kapitalbesitzer enteignet. Der Staat übernimmt die zentrale Steuerung und Planung der Produktion. Die DDR und die anderen Ostblockstaaten werden heute als real existierender Sozialismus angesehen, so die bpb.
Ein moderneres Konzept ist das der Postwachstumsökonomie oder auch Degrowth, wie es zum Beispiel Niko Paech, einer der wichtigsten Vertreter des Konzepts, erklärt. Kooperation, Solidarität und Achtsamkeit benennt das das Degrowth-Webportal als zentrale Werte dieser Wirtschaftsform – anstelle von Konkurrenz, Beschleunigung, Überforderung und Ausbeutung. Auch ein Wirtschaften innerhalb unserer planetaren Grenzen, sodass unsere ökologische Lebensgrundlage erhalten bleibt, gehört zentral zu dem Konzept. Der Grundgedanke, der dahinter steht, ist der oben bereits angesprochene: Sich immer steigerndes Wachstum ist nicht möglich.
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