Bambus kennt man vor allem als dekorativen Sichtschutz im Garten oder als Sprossen im Asia-Restaurant. Doch das Gewächs kann viel mehr: Es dient als schnell nachwachsender Rohstoff für Alltagsgüter wie Möbel, Fahrräder, Biokunststoffe und sogar Zahnbürsten.
Bambus ist kein Baum, sondern ein Gras. Die Sortenvielfalt reicht von wenigen Zentimeter hohen Gräsern bis hin zu 40 Meter hohen „Wäldern“. Die Halme von industriell nutzbaren Sorten verholzen während des Wachstums und können so als Alternative zu Baumholz verwendet werden. Viele Bambusarten wachsen extrem schnell (bis zu einen Meter pro Tag!) und können bereits nach drei bis fünf Jahren geerntet werden. Die Pflanze wächst in tropischen Gebieten rund um den Äquator; Hauptexportland ist China.
Schnell nachwachsender Rohstoff für langlebige Möbel, Fahrräder & Co.
Weil Bambus extrem schnell wächst, können jährlich große Mengen gefällt werden ohne den Bestand zu gefährden. Viele Bambusarten haben großflächige Wurzelsysteme, aus denen ständig neue Pflanzen nachwachsen. Daher stirbt durch das Fällen eines Bambushalms nicht die ganze Pflanze – wie es bei Bäumen der Fall ist. Das schnelle Wachstum bedeutet außerdem, dass Bambus im Vergleich mit Bäumen extrem viel CO2 speichern kann.
Beim Anbau werden kaum Düngemittel, Pestizide oder künstliche Bewässerungsmethoden eingesetzt, da die Pflanzen äußerst widerstandsfähig sind. Die unmittelbaren Auswirkungen des Bambusanbaus auf die Umwelt sind daher vergleichsweise gering.
Die Holz-Industrie schwärmt zudem von den Materialeigenschaften des Bambus: Weil das Holz sehr hart und dicht ist, lassen sich robuste, langlebige Möbel und Bodenbeläge aus Bambus fertigen. Gleichzeitig ist es leicht und flexibel und eignet sich beispielweise auch als Baumaterial, als Verkleidungen für Elektrogeräte und sogar als Fahrradrahmen.
Wie fair ist Bambus?
Ein Großteil des hierzulande verkauften Bambus kommt derzeit von Plantagen aus China. Die Umwelt- und Sozialstandards sind dort vergleichsweise niedrig. Doch der Bambusanbau ist bisher wenig industrialisiert, sondern (noch) vorwiegend kleinbäuerlich. „Momentan sind die Strukturen so, dass viele Bauern jeweils kleine Mengen Bambus anbauen und selbst ernten,“ sagt Walter Scheufele, Vorstandsmitglied des Vereins Bamboo Technology Network Europe und Bambusexperte. „Bambus wächst in China vor allem in bergigem Land, dort wird er meistens von Hand geschlagen und dann vom Straßenrand abgeholt und weiter transportiert.“
Scheufele prognostiziert, dass Äthiopien zukünftig China den Rang als weltweit wichtigster Bambuslieferant ablaufen könnte: Dort wird die Pflanze vermehrt angepflanzt, um die sich ausbreitende Wüste zurückzudrängen. Mit einem positiven sozialen Nebeneffekt: „Der Bambusanbau wird dort Arbeitsplätze schaffen, die es bisher nicht gab,“ so Scheufele. Er sieht großes Potenzial in der Verbindung von Bambusanbau mit diversen Entwicklungsprojekten.
Weil die Bambusbranche in Europa noch am Anfang steht, gibt es bisher nur wenige stabile Handelsbeziehungen und kaum Zertifizierungen. Prinzipiell ist der Anbau von Bambus für Umwelt und Arbeiter weitaus verträglicher als die Produktion anderer heikler Agrar-Produkte wie Kaffee, Bananen oder Baumwolle. Um aber sicherzugehen, dass für die Plantagen keine Primärwälder zerstört wurden, ist es sinnvoll, auf nachhaltigen Anbau zu achten und sich im Zweifelsfall beim Händler nach den Produktionsbedingungen zu erkunden. Das FSC®-Siegel ist für Bambusprodukte noch sehr selten. In Weltläden, bei GEPA und in entsprechenden Online-Shops gibt es oftmals eine kleine Auswahl an Bambusprodukten aus fairem Handel.
Bambus statt Erdöl und Tropenholz
Ist Bambus besser als Plastik? Ja, und zwar im doppelten Sinne: Er wird sowohl als Ersatz für Kunststoff als auch als Ausgangsmaterial für Bioplastik verwendet. Im Gegensatz zu Erdöl, aus dem Plastik normalerweise gefertigt wird, ist Bambus eine nachwachsende Ressource. Die Gewinnung ist zudem deutlich weniger riskant als die von Rohöl. Und: Im Gegensatz zu den meisten herkömmlichen Kunsstoffen ist Bambus biologisch abbaubar.
Bioplastik wird oft auf Basis von essbaren Pflanzen wie Mais oder Zuckerrohr gewonnen; die Produktion steht damit in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. „Es gibt rund 1400 Sorten Bambus und je nach gewünschter Anwendung verwendet man ganz verschiedene,“ sagt Scheufele. Jene Sorten, die zu Plastik- oder Holzersatz verarbeitet werden, werden also in der Regel nicht als Nahrungsmittel genutzt. Allerdings: Besser als Bioplastik ist immer noch kein Plastik.
Ist Bambus besser als Holz aus Tropenwäldern? Ja, denn verglichen mit tropischen Bäumen, die oft eine sehr langsame Nachwachsrate von 70 oder 80 Jahren haben, wächst er sehr viel schneller nach. Die Bambusernte gefährdet so nicht das sensible Ökosystem des Regenwalds, das wichtiger Lebensraum und CO2-Speicher ist.
Bambus statt Buche?
Ob Bambus als Holzersatz „besser“ ist als heimische Hölzer, können wir nach gegenwärtigem Stand nicht eindeutig beantworten. Zwar ist er durch seinen extrem schnellen Wuchs, die häufige Ernte und die hohe CO2-Speicherkapazität prinzipiell nachhaltiger als das Holz der meisten Bäume.
Die Transportwege des Bambus nach Europa jedoch sind lang und verursachen große Mengen schädlicher Treibhausgase. Zudem werden die deutschen Wälder zu großen Teilen nachhaltig bewirtschaftet und müssen daher weniger geschützt werden als die Tropenwälder. Letztlich muss man die weitere Entwicklung des noch kleinen Marktes abwarten – bis dahin ist „Bambus oder Holz?“ vor allem eine Frage der Verfügbarkeit und des Geschmacks.
Bambusbecher to go – Finger weg!
Achtung: Coffee-to-go-Becher aus Bambus werden oft als vermeintlich umweltfreundliche Alternative zu Plastikbechern angeboten. Aber sie haben es in sich – Melamin nämlich und andere Schadstoffe.
Was wir schon vor einiger Zeit schrieben, ist nun auch bei Stiftung Warentest angekommen. Die Verbraucherschützer testeten im Sommer 2019 verschiedene Produkte – mit fatalen Ergebnissen: Aus mehr als der Hälfte der getesteten Bambusbecher gingen sehr hohe Mengen Schadstoffe ins Getränk über.
Die übrigen Becher erweckten fast alle mit falschen Werbeversprechen den Eindruck, ein reines Naturprodukt zu sein oder der Umwelt einen Dienst zu erweisen. Faktisch bestanden die „Bambus“becher aber nur zum Teil aus (zermahlenen) Bambusfasern und eben auch aus Kunststoff.
Stiftung Warentest warnt deshalb: „Lassen Sie die Finger von Bambusbechern!“ Eine Warnung, der wir uns gerne anschließen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Bambus-Fahrräder: 5 spannende Modelle
- Nachhaltige Sonnenbrillen aus Holz, Bambus, Stein: coole Labels
- Wie Bio ist Bioplastik?
War dieser Artikel interessant?