Ob dauerhaft oder temporär für den Urlaub – ein Wohnungstausch ist in Deutschland eine Möglichkeit, an eine neue Bleibe zu gelangen. Es gibt, wie so oft, Vor- und Nachteile sowie rechtliche Hürden.
In deutschen Großstädten ist die Wohnungssituation angespannt. In Berlin gab es 2022 einen Wohnungsleerstand von gerade einmal 0,3 Prozent. In München waren es mit 0,1 Prozent noch weniger. Wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schätzt, könnten im Jahr 2025 in Deutschland 700.000 Wohnungen fehlen – davon könnten dann 1,4 Millionen Menschen betroffen sein.
Im Angesicht dessen kann der Wohnungstausch eine Lösung für das Problem sein. Menschen, denen ihre Wohnung zu groß ist – gerade im Alter – könnten beispielsweise mit jungen, wachsenden Familien tauschen.
Statt bei einem herkömmlichen Wohnungswechsel tauschen bei einem Wohnungstausch zwei Parteien ihre Wohnungen entweder dauerhaft oder temporär. John Weinert, Gründer der Plattform Tauschwohnung (teils kostenfrei) berichtet gegenüber der Wirtschaftswoche ein steigendes Interesse am Wohnungstausch. Mittlerweile werden monatlich 6.000 bis 10.000 Wohnungen neu zum Tausch angeboten.
Die Arten des Wohnungstausches
Es gibt zwei Arten, die Wohnung zu tauschen:
1) Dauerhafter Wohnungstausch: Hierbei tauschen zwei Parteien ihre Wohnung dauerhaft. Sie ziehen also mit ihrem kompletten Mobiliar in die jeweils andere Wohnung. Dafür braucht es die Zustimmung der Vermieter:innen, ähnlich wie wenn du Nachmieter:innen für deine Wohnung suchst. Somit erhalten beide Parteien einen Mietvertrag für die Wohnung, in die sie einziehen.
2) Temporärer Wohnungstausch: Vor allem für Urlaube oder kürzere Aufenthalte in einer anderen Stadt können Menschen ihre Wohnung mit jemand anderem tauschen. Diese Variante ist unkomplizierter, da du im Normalfall deine Vermieter:innen lediglich informieren musst. Du brauchst aber keinen Mietvertrag. Natürlich kannst du mit deinem:r Tauschpartner:in informell Absprachen treffen und diese (schriftlich) festlegen.
Vor- und Nachteile des dauerhaften Wohnungstausches
Möchtest du deine Wohnung tauschen, hat das Vor- und Nachteile.
Vorteile:
- Mögliche Kosteneffizienz: Wenn zwei Parteien ihre Wohnung mit gleichbleibender Miete tauschen, können die Parteien eine Mieterhöhung umgehen. Bei einem herkömmlichen Umzug besteht sonst häufig die Möglichkeit, dass Vermieter:innen die Miete erhöhen.
- Sozialer Vorteil: Ein Tausch in der eigenen Stadt oder sogar im eigenen Viertel ermöglicht es, in der gewohnten Umgebung zu bleiben.
- Bessere Anpassung an Lebensumstände: Familien, die mehr Platz benötigen, können mit alleinstehenden Senior:innen tauschen, die weniger Platz brauchen. So kann jede Partei in die Wohnung ziehen, die am besten zu den eigenen Lebensumständen passt.
Nachteile:
- Komplexität: Ein Wohnungstausch erfordert die Zustimmung der Vermieter:innen beider Parteien. Ebenso müssen neue Mietverträge ausgearbeitet werden. Das erfordert Zeit und Bürokratie.
- Mögliche Mietsteigerung: Da Vermieter:innen am Ende zustimmen müssen, sind sie durchaus in der Lage ihre Bedingungen zu stellen. Somit kann es passieren, dass sich die Miete erhöht.
- Logistische Herausforderungen: Organisatorisch kann es schwierig sein, da die Umzüge am selben Tag stattfinden müssen. Wer in eine leere Wohnung zieht, kann dies nach und nach erledigen oder eine Weile in zwei Wohnungen leben. Beim Wohnungstausch geht das nicht. Da muss alles in einem Stück umgezogen werden. Auch eventuell nötige Renovierungsarbeiten müssen höchstwahrscheinlich entfallen oder die neuen Mieter:innen übernehmen sie nach Bedarf.
Vor- und Nachteile des temporären Wohnungstausches
Beim temporären Wohnungstausch gibt es ebenso Vor- sowie Nachteile.
Vorteile:
- Kostenersparnis: Wer für den Urlaub die Wohnung tauscht, verlangt in der Regel kein Geld dafür. Das bedeutet, beide Seiten stellen ihre Wohnung zur Verfügung und können in der jeweils anderen umsonst hausen.
- Authentische Erfahrungen: Statt in einem Hotel kann man in einer privaten Wohnung viel besser erfahren, wie Menschen an diesem Ort wohnen und leben.
- Vielfalt: Es gibt mehrere Plattformen wie Homelink oder Homeexchange (beide kostenpflichtig in der Vollversion), über die deutschlandweit Mieter:innen ihre Wohnungen zur Verfügung stellen. Auch weltweit gibt es immer mehr Menschen, die ihre Wohnung tauschen wollen. Somit hast du sogar international eine große Auswahl an Wohnungen.
Nachteile:
- Planungsaufwand: In der Regel braucht es Zeit, eine passende Wohnung zum Tauschen zu finden. Auch Planung und Absprachen mit den Tauschpartner:innen fallen an, in die du Zeit investieren solltest. Denn selbst wenn du dich für eine bestimmte Tauschwohnung interessierst, heißt das noch nicht, dass die Tauschpartner:innen zur selben Zeit und in deiner Region einen Urlaub planen.
- Vertrauensfrage: Da sich fremde Menschen in deinem Zuhause einquartieren, brauchst du Vertrauen. Du hast nie die Sicherheit, wer das ist – außer du tauschst mit Freund:innen oder Bekannten.
- Versicherung: Du solltest im Vorfeld absprechen, dass jede Tauschperson eine Haftpflichtversicherung besitzt.
Weder Vor- noch Nachteil, sondern ein Ratschlag, den Lisa Hödgen von der Verbraucherzentrale Brandenburg gegenüber Geo nennt: Du solltest die Nachbar:innen informieren, dass du mit jemandem für den Urlaub deine Wohnung tauschst. Dann gibt es keine aufkommenden Fragen, wenn plötzlich jemand Unbekanntes in deiner Wohnung aus- und eingeht.
Wohnungstausch in deutschen Städten – das sagt die Politik
Neben Tauschbörsen aus der freien Marktwirtschaft bieten einige Städte in Deutschland Online-Tauschbörsen an. Die Börsen von den Städten sind im Gegensatz zu den privaten in der Regel kostenlos. So zum Beispiel Freiburg im Breisgau mit der Freiburger Wohnungstauschbörse. Die Stadt Berlin bietet ebenfalls eine Tauschbörse inberlinwohnen an. Auch München hat mit der Wohnungsbörse München eine Plattform geschaffen, die es Mieter:innen ermöglicht, ihre Wohnungen zu tauschen. Hinter der Idee steht Oberbürgermeister Dieter Reiter, der die Möglichkeit, dass Menschen ihre Wohnung tauschen, für eine „grundsätzlich tolle Idee“ hält. Die Tauschbörse ist Teil des wohnungspolitischen Handlungsprogramms „Wohnen in München VII“, das bezahlbaren und klimaneutralen Wohnraum schaffen soll.
Ein gesetzlicher Anspruch auf Wohnungstausch besteht derzeit nicht. Am 25. September 2023 gab es im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum Thema Recht auf Wohnungstausch. Im Zuge dessen forderten die Linken einen Wohnungstausch bei gleichbleibender Miete. Während die SPD den Vorschlag begrüßte und dieses Vorgehen für „zulässig“ hält, lehnen andere Parteien diesen Vorschlag ab.
So erklärten Vertreter:innen der CDU gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), dass ein gesetzlicher Anspruch auf einen Wohnungstausch „ein schwerwiegender Eingriff in die Privatautonomie“ sei. Die FDP und die AfD sprachen sich ebenfalls dagegen aus. Man müsse „mehr, schneller und günstiger bauen“, so ein Sprecher der FDP. Laut einem Vertreter der AfD dürfe die „falsche Bau- und Migrationspolitik der Bundesregierung“ nicht „auf dem Rücken von Vermietern und Mietern ausgetragen“ werden.
Die Grünen lehnten den Vorschlag nicht kategorisch ab, verwiesen jedoch auf Österreich. Dort klappe der Tausch von Wohnungen nur dann, wenn es genügend sozialen und gemeinnützigen Wohnraum gebe, beispielsweise durch Wohnungsgenossenschaften.
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