In vielen Yogastilen ist der Sonnengruß fester Bestandteil der Praxis. Zurecht: Du kannst die Abfolge leicht erlernen und sie hat zahlreiche positive Wirkungen.
Egal, ob langjähriger Yogi oder Neuling auf der Matte: Der Sonnengruß ist bestens geeignet, um den Tag zu beginnen und Körper und Geist auf ihn einzustimmen. Wir erklären dir die Abfolge und geben dir Tipps, worauf du achten solltest. Außerdem erfährst du, wieso sich der Sonnengruß auch für dich lohnt – denn seine gesundheitlichen Vorteile sind weitreichend.
Yoga und der Sonnengruß: Das solltest du vorab wissen
Yoga ist eine jahrtausendealte praktische Lebensphilosophie, zu der auch Körperübungen gehören, sogenannte Asanas. Beim Sonnengruß handelt es sich um eine Abfolge von mehreren Asanas, die seit dem 20. Jahrhundert existiert und sich weltweit großer Beliebtheit unter Yogis erfreut.
- Im Sanskrit, der altindischen Sprache, wird der Sonnengruß „Surya Namaskar“ genannt. Dies bedeutet wörtlich „die Sonne grüßen“.
- Dabei gibt es nicht den einen Sonnengruß: Je nach Yogastil unterscheidet sich die Abfolge und Übungsweise. Wir stellen dir in diesem Artikel eine der klassischen Varianten vor.
- In vielen Yogarichtungen dient der Sonnengruß zur Aufwärmung. Die Yogaklasse beginnt in der Regel mit einigen Runden Surya Namaskar.
- Aber auch als eigenständige Übung kannst du den Sonnengruß gut durchführen, da die Abfolge sehr ausgewogen ist. Wenn du nur wenig Zeit für Yoga hast, empfiehlt es sich, den Tag zumindest mit ein paar Sonnengrüßen zu beginnen.
- Häufig wird der Sonnengruß am Morgen mit Blick zur aufgehenden Sonne praktiziert. Dies unterstreicht den spirituellen Aspekt der Yogapraxis: Die Sonne ermöglicht alles Leben auf der Erde, und deshalb wird sie dankend begrüßt.
Bevor du mit der Praxis beginnst, solltest du folgende Tipps beherzigen:
- Auch wenn der Sonnengruß sehr einsteigerfreundlich ist, solltest du auf die korrekte Ausführung achten und ihn nicht leichtsinnig praktizieren. Respektiere außerdem immer deine körperlichen Grenzen, um Verletzungen vorzubeugen und von der Abfolge bestmöglich zu profitieren.
- Die Atmung ist das A und O: Atme tief, gleichmäßig und langsam und koordiniere die Körperbewegungen mit deinen Atemzügen. Wenn du deinen Körper anhebst und den Brustkorb weitest, atmest du ein. Beugst du dich nach unten und ziehst den Oberkörper zusammen, atmest du aus. Die Bewegung folgt dabei der Atmung, nicht andersherum.
- Übe mit leerem Magen. Selbstverständlich kannst du vor dem Sonnengruß etwas trinken, du solltest aber vorher nichts essen. Am besten praktizierst du morgens, nachdem du aufgestanden bist.
Der Sonnengruß – die Abfolge der Yoga-Posen
1. Tadasana / Samasthiti (Bergpose)
- Stehe aufrecht, die Füße hüftweit auseinander und fest im Boden verwurzelt.
- Die Wirbelsäule ist gerade, der Scheitel zieht sanft nach oben.
- Die Arme zeigen gestreckt nach unten, die Hände sind nach vorne geöffnet.
- Lasse die Schultern locker nach hinten unten fallen.
- Öffne die Brust und aktiviere die Körpermitte.
2. Urdhva Vrikshasana (Heraufschauender Baum)
- Hebe, während du einatmest, die gestreckten Arme über die Seite nach oben und bringe die Handflächen über deinem Kopf zusammen.
- Schaue nach oben auf deine Daumen.
- Stabilisiere den unteren Rücken mit deinen Bauchmuskeln, sodass du nicht ins Hohlkreuz verfällst.
- Ziehe die Schultern nach unten, um Platz zwischen deinen Schultern und Ohren zu schaffen.
- Versuche, die Arme ganz durchzustrecken und so die Ellenbogen möglichst eng zusammen zu bringen.
3. Uttanasana A (Vorbeuge)
- Atme aus, kippe dabei vom Becken aus deinen Oberkörper nach vorne und beuge dich vor. Bei dieser Bewegung empfiehlt es sich, die Beine leicht anzubeugen, um den Rücken zu entlasten.
- Setze die Handflächen neben den Füßen auf dem Boden ab. Du kannst dazu die Knie beugen, wenn du es nicht mit durchgestreckten Beinen schaffst.
- Falls du den Boden mit durchgestreckten Beinen erreichst, achte darauf, die Knie nicht zu überstrecken: Sie sollten minimal angebeugt bleiben.
- Achte auch darauf, dass dein Brustkorb nicht zusammenfällt. Öffne deinen Brustraum weit und lasse die Körperseiten lang.
- Deine Halswirbelsäule ist eine Verlängerung der restlichen Wirbelsäule. Dementsprechend blickst du auf deine Beine.
4. Uttanasana B (Vorbeuge mit gestrecktem Rücken)
- Hebe deinen Blick mit der nächsten Einatmung an und strecke den Rücken lang.
- Belasse die Hände dabei nach Möglichkeit auf dem Boden. Gerne kannst du weiterhin die Beine anbeugen.
- Als Hilfsmittel kannst du deine Hände auch je auf einen Yogablock abstützen.
- Vermeide es, die Halswirbelsäule zu überstrecken.
5. Chaturanga Dandasana (Viergliedriger Stab)
- Setze, während du ausatmest, ein Bein nach dem anderen nach hinten und komme über den oberen Stütz (wie die Ausgangsposition für Liegestützen) in den unteren Stütz.
- Falls dir für diese komplexe Bewegungsabfolge eine Ausatmung nicht genügt, kannst du zusätzlich noch einmal ein- und ausatmen. Auf Dauer solltest du aber versuchen, deinen Atem so weit auszudehnen, dass er lang genug für die Bewegung ist.
- Die Hände sind hierbei eng neben der Brust fest im Boden verankert.
- Erzeuge eine gerade Linie von den Fersen über die Beine und den Rücken bis zum Scheitel. Dein Blick ist gerade nach unten gerichtet.
- Lege deinen Körper auf dem Boden ab, während du zu Ende ausatmest.
6. Bhujangasana (Kobra)
- Lass die Hände direkt unter den Schultern.
- Ohne dich vom Boden wegzudrücken, hebst du deinen Oberkörper aus der Kraft des Rückens und atmest ein.
- Drücke dabei das Schambein sowie den Fußspann in den Boden und aktiviere die Bauchmuskeln, um deinen unteren Rücken zu entlasten.
- Öffne den Brustkorb und ziehe die Schulterblätter zusammen.
- Die Halswirbelsäule ist eine Verlängerung der restlichen Wirbelsäule. Dein Blick ist dementsprechend leicht vor dir auf den Boden gerichtet.
7. Adho Mukha Svanasana (Herabschauender Hund)
- Atme aus, stelle deine Fußspitzen auf, schiebe dein Gesäß nach hinten oben und strecke den Rücken lang.
- Deine Hände drücken nach vorne in die Matte, während deine Fersen zum Boden ziehen.
- Im Optimalfall sind deine Beine gestreckt. Du kannst sie aber auch anbeugen, wenn sich sonst dein Rücken rundet.
- Das Wichtigste in dieser Yoga-Pose ist nämlich ein langer gerader Rücken: Versuche, möglichst viel Raum vom Steißbein bis zum Scheitel zu erzeugen und deine Wirbelsäule auseinanderzuziehen.
- Schaffe dabei Raum zwischen deinen Ohren und Schultern, indem du die Schulterblätter zusammen und in Richtung Gesäß ziehst und die Oberarme aufrotierst.
- Schaue in Richtung deines Bauchnabels.
- Bleibe hier für fünf tiefe gleichmäßige Atemzüge.
8. Uttanasana B (Vorbeuge mit geradem Rücken)
- Setze, während du einatmest, einen Fuß nach dem anderen zurück zwischen deine Hände.
- Strecke den Rücken und schaue nach vorne.
- Auch hier gilt wieder: Wenn deine Einatmung für den Ablauf nicht ausreicht, kannst du eine Zwischenatmung einfügen. Versuche aber besser, deinen Atem auszudehnen, damit du die Bewegung mit einem Atemzug machen kannst.
- Führe dieses Asana wie bereits oben bei Punkt 4 beschrieben aus.
9. Uttanasana A (Vorbeuge)
- Senke deinen Blick nach unten und kommst in die volle Vorbeuge. Atme dabei aus.
- Achte wieder darauf, deinen Oberkörper nicht einfallen zu lassen. Die Brust sollte geöffnet bleiben.
- Natürlich kannst du auch hier wieder deine Beine leicht anbeugen, um die Hände auf den Boden zu bringen.
- Alle weiteren Aspekte bleiben gleich wie oben beschrieben.
10. Urdhva Vrikshasana (Heraufschauender Baum)
- Beuge leicht deine Beine und richte einatmend deinen Oberkörper auf, sodass du in den aufrechten Stand kommst.
- Gleichzeitig hebst du deine gestreckten Arme seitlich an und bringst die Handflächen über dem Kopf zusammen.
- Schaue nach oben zu deinen Daumen.
- Achte wieder darauf, den unteren Rücken zu entlasten, indem du die Körpermitte aktivierst.
11. Tadasana / Samasthiti (Bergpose)
- Lasse die Handflächen zusammen, während du ausatmest und deine Hände vor deine Brust führst.
- Dein Blick folgt bei dieser Bewegung den Händen, bis er gerade nach vorne gerichtet ist.
- Komme dann in die Ausgangsposition des Bergs zurück.
Du hast eine komplette Runde des Sonnengruß absolviert. Nun kannst du entweder in dieser Position für einige Atemzüge verweilen oder mit dem nächsten Einatmen direkt die nächste Runde beginnen.
Am Ende der Praxis folgt im Yoga die Endentspannung oder auch Savasana: Hierzu legst du dich auf den Rücken, schließt die Augen und entspannst deinen Körper vollkommen. Nach einigen Minuten kannst du dich und deinen Körper wieder langsam aufwecken und erfrischt den Tag beginnen.
Sonnengruß: Weiterführende Tipps und Variationen
- Wie eingangs erwähnt, gibt es keine festgeschriebene Sonnengrußabfolge, sondern viele verschiedene Abwandlungen. Schaue dir gerne auch andere Yogastile an und finde deine persönliche Lieblingsversion.
- Natürlich kannst du den Sonnengruß auch selbst abwandeln, wenn du bereits Erfahrung im Yoga sowie ein gutes Gespür für deinen Körper hast. So kannst du zum Beispiel gut die Kriegerposen mit einbringen oder den Sonnengruß generell als Basis für individuelle Yogaabfolgen nehmen.
- Du kannst den Sonnengruß so oft wiederholen, wie du möchtest. Eine sehr spezielle Praxis ist es, 108 Runden dieser Abfolge durchzuführen. Dafür brauchst du allerdings eine Menge Ausdauer und Kraft und gut zwei Stunden Zeit.
- Im herabschauenden Hund musst du übrigens keine fünf Atemzüge verbleiben. Du kannst hier auch nur drei Atemzüge verweilen oder direkt nach einem Atemzug in die nächste Pose gehen.
- Auf der anderen Seite kannst du den Sonnengruß aber auch so abwandeln, dass du in jeder einzelnen Pose für einige Atemzüge verweilst. So nimmst du das Tempo aus der Übung und intensivierst dafür die einzelnen Asanas.
- Wenn du bereits Erfahrung im Yoga hast und dein Rücken flexibel ist, kannst du anstelle der Kobra auch den heraufschauenden Hund praktizieren. Dazu legst du deinen Körper vorher nicht ab, und streckst die Arme voll durch, während du dich hochdrückst.
- Hast du eine sehr gut trainierte Oberkörpermuskulatur, so kannst du auch nach hinten und vorne springen, anstatt Schritt für Schritt zu gehen. Hierbei ist es äußerst wichtig, dass du kontrolliert springst und sanft landest. Du solltest auf keinen Fall hart auf dem Boden aufkommen, da dies die Gelenke belastet und zu Problemen in der Wirbelsäule und den Bandscheiben führen kann.
Sonnengruß: So wirkungsvoll ist die Yoga-Praxis
Der Sonnengruß stellt eine ausgewogene Praxis dar, deren Effekte weitreichend sind: Ob physische oder mentale Gesundheit – die Yoga-Abfolge hilft auf vielen Ebenen, was mittlerweile auch wissenschaftlich vielfach bestätigt wurde.
Laut einer Review aus dem International Journal of Pharmalogical Research, die sich auf eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen sowie traditionelles Wissen aus Indien stützt, kann der Sonnengruß bei regelmäßiger Praxis:
- den Stoffwechsel verbessern
- das Muskel-Skelett-System stärken
- das Hormonsystem balancieren
- das Zentralnervensystem stärken
- den Urogenitaltrakt unterstützen
- das Verdauungssystem fördern
- den Körper revitalisieren
- den Geist beruhigen
- die Aufmerksamkeit erhöhen
- Stress vorbeugen
Des Weiteren liegen folgende Forschungsergebnisse im Detail vor:
- Forscher einer Studie von 2011 folgerten aus ihren Ergebnissen, dass die regelmäßige Praxis vom Sonnengruß ideal ist, um auf einem „optimalen Fitnesslevel“ zu bleiben.
- Außerdem konnte eine indische Studie von 2016 zeigen, dass der Sonnengruß bei regelmäßiger Praxis gut geeignet zur Gewichtsabnahme bei Übergewicht ist.
- Eine Vergleichsstudie von 2011 kam zu dem Entschluss, dass die Surya Namaskar die Lungenfunktion, die Hände und die Herzgefäße stärkt. Wird die Abfolge schnell ausgeführt, hat sie einen ähnlichen Effekt wie Aerobic-Training.
- Eine amerikanische Studie von 2008 konnte anhand gesunder Erwachsener nachweisen, dass der Sonnengruß die Flexibilität in den Beinen steigert und die Oberkörpermuskulatur stärkt.
- Wie eine indische Studie mit Hochschulstudent:innen zeigte, führt die regelmäßige Praxis vom Sonnengruß nicht nur zur physischer Entspannung, sondern sie beruhigt auch den Geist und stimmt einen freudvoller, während Schläfrigkeit, Stress, Sorgen und negative Emotionen reduziert werden.
Du siehst also: Ob es dir an körperlicher, geistiger oder emotionaler Gesund gelegen ist – es gibt zahlreiche Gründe, den Sonnengruß zu praktizieren. Dabei ist es vor allem wichtig, dass du regelmäßig übst – und seien es nur wenige Runden am Tag. Indem du dir 15 Minuten jeden Morgen nimmst, kannst du so deine Gesundheitheit auf allen Ebenen nachhaltig verbessern. Extra-Tipp: Wir empfehlen dir, diese Morgenroutine noch um Meditation oder Achtsamkeitsübungen zu erweitern.
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