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Zufriedenheits-Tipps aus Finnland: Was wir von Finn:innen lernen können

zufriedenheit finnland
Foto: CC0 / Pixabay / MabelAmber

Zum sechsten Mal in Folge landet Finnland auf dem ersten Platz des Weltglücksberichts. Die finnischen Einwohner:innen gelten damit als die zufriedensten Menschen der Welt. Woran das liegt, erfährst du hier.

Der World Happiness Report ermittelt jedes Jahr, wie zufrieden Menschen aus unterschiedlichen Ländern mit ihrem Leben sind. Dass Finnland in diesem Ranking nun schon seit sechs Jahren an oberster Stelle steht, mag einige angesichts der langen dunklen Winter, der kalten Temperaturen und der teilweise sehr weit abgelegenen Wohnsiedlungen ungewöhnlich erscheinen. Doch diese Aspekte scheinen die hohe Zufriedenheit der Finn:innen nicht zu beeinträchtigen.

Zudem punktet das nordische Land mit einem hohen sozialen Vertrauen innerhalb der Gesellschaft, einem ausgeprägten Bewusstsein für eine gesunde Work-Life-Balance und einer starken Naturverbundenheit. Zum Großteil liegt der Umstand, dass finnische Menschen so zufrieden mit ihrem Leben sind, laut Expert:innen an den politischen Institutionen des Landes.

World Happiness Report: Skandinavische Länder an der Spitze

Beim World Happiness Report wird einer bestimmten Anzahl an Menschen aus verschiedenen Ländern tatsächlich nur eine Frage gestellt: Forschende bitten die Befragten, sich eine Leiter mit Stufen von null bis zehn vorzustellen. Die Spitze der Leiter stellt das bestmögliche Leben dar und das untere Ende der Leiter das schlechtestmögliche. Nun sollen die Befragten einschätzen, auf welcher Stufe sie aktuell stehen.

Finnland erreichte bei dieser Befragung 2023 einen Wert von 7,8. Es folgen Dänemark, die Schweiz, Island, die Niederlande, Norwegen und Schweden mit Werten zwischen 7,6 und 7,36. Deutschland landete mit 6,89 Punkten auf dem 16. Platz.

Dass besonders die skandinavischen Länder so gut abschneiden, wird gern mit kulturellen Eigenheiten, wie etwa dem dänischen Hygge-Konzept, der finnischen Saunakultur, Naturverbundenheit und Besinnlichkeit in Verbindung gebracht. Vor allem die Tourismusbranche macht sich dies zunutze. 

Hygge, Sauna und Natur für mehr Zufriedenheit?

In Finnland herrscht ein hohes soziales Vertrauen.
In Finnland herrscht ein hohes soziales Vertrauen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Tumisu)

Frank Martela war selbst einmal Co-Autor des World Happiness Reports, lebt in Finnland und gilt heute als einer der Expert:innen für die Erklärung der finnischen Zufriedenheit. Im Interview mit dem Spiegel erläutert er, dass kulturelle Aspekte die Zufriedenheit der Finn:innen kaum erklären können.

Stattdessen sei sie vielmehr auf politische Strukturen zurückzuführen, wie etwa einen funktionierenden Sozialstaat, den Schutz von Minderheiten und ein möglichst inklusives Bildungssystem. Demokratie und materielle Sicherheit können die Solidarität untereinander fördern und auch das hohe soziale Vertrauen der Finn:innen untereinander erklären.

Wie stark ein ausgeprägtes soziales Vertrauen den Alltag beeinflussen kann, erläutert Martela genauer gegenüber dem Business Insider. So erzählt er, dass finnische Eltern ihre Kinder etwa ohne weitere Bedenken alleine draußen spielen lassen können. Schon mit sieben Jahren fahren viele Kinder zudem schon eigenständig mit dem Fahrrad zur Schule.

Sisu: Der finnische Schlüssel zur Zufriedenheit?

Dass die Finn:innen ein so hohes Maß an Zufriedenheit aufweisen, wird teilweise auch auf eine gewisse Form auf die Mentalität zurückgeführt – bekannnt als „Sisu„. Das finnische Konzept „Sisu“ ist schwer zu übersetzen, kann aber als eine Mischung aus Durchhaltevermögen, Entschlossenheit und innerer Stärke angesehen werden.

Es geht dabei darum, sich trotz widriger Umstände nicht entmutigen zu lassen und Herausforderungen mit Mut und Beharrlichkeit anzugehen. Sisu hat tief verwurzelte historische und kulturelle Wurzeln in Finnland und spiegelt die Mentalität wider, schwierige Zeiten mit Entschlossenheit und einem positiven Geist zu überwinden.

Die Anwendung des Sisu-Konzepts im Alltag kann dazu beitragen, die individuelle Zufriedenheit zu steigere. Konzentriere dich dafür auf die Stärkung der eigenen inneren Ressourcen, um Hindernisse zu überwinden. Konkret funktioniert dies in etwa so:

  • Setze dir klare und realistische Ziele.
  • Fokussiere dich bewusst auf die positiven Aspekte einer Situation.
  • Übe im Alltag, Schwierigkeiten nicht auszuweichen, sondern ihnen mutig zu begegnen.

Die Praxis von Sisu ermutigt generell dazu, auch in schwierigen Momenten nicht aufzugeben. Auch wenn dies eventuell zum Teil das gute Abschneiden der Finn:innen im World Happiness Report erklären kann, ist es laut Expert:innen wie Martela definitiv nicht die grundlegende Ursache. So ist die eigene Zufriedenheit immer auch zum großen Teil von den Rahmenbedingungen abhängig.

Warum der World Happiness Report politisch ist

In Finnland ist man laut Business Insider nicht unbedingt erfreut über das erneut gute Abschneiden des nordischen Landes. So nehmen sich viele Finn:innen selbst nicht unbedingt als überdurchschnittlich glücklich war. Stattdessen ist die Mentalität auch von einem starken Pessimismus geprägt. Die Sozialpsychologin Jennifer De Paola erklärt gegenüber dem Magazin, dass dieses Phänomen vor allem in einer begrifflichen Unschärfe begründet ist. So misst der World Happiness Report eigentlich nicht das „Glück“ der Menschen, sondern ihre Zufriedenheit.

Wie glücklich wir gerade sind, habe sei dabei eher mit unseren Emotionen verbunden und auf welche Art wir diese unseren Mitmenschen kommunizieren (zum Beispiel durch Lächeln und ein fröhliches Auftreten). Auch Martela betont, dass es sich beim Weltglücksbericht eigentlich nicht um einen „Gute-Laune-Index“ handelt und Pessimismus und Zufriedenheit durchaus nebeneinander existieren können.

Treffender wäre also eigentlich der Begriff des Weltzufriedenheitsberichts. Doch auch angesichts dieser Begriffsverwirrung hat der Bericht für Martela auch einen hohen politischen Wert. So sollten wir anfangen Politiker:innen deutlich mehr danach zu bewerten, wie stark sie ihre Politik an der Lebenszufriedenheit einer Bevölkerung ausrichten. Auch wenn Politiker:innen dabei Menschen nicht direkt unglücklicher machen können, könnten sie doch Gründe für Unglück minimieren und Solidarität unter den Menschen fördern.

Wie dies aktuell gut funktioniert, können Staatsoberhäupter also relativ gut bei einem Trip nach Finnland herausfinden.

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