Von Berlin über Hamburg bis München: Regional gerösteten Kaffee bekommt man neuerdings fast überall. Doch was ist dran am Trend mit den Kaffeeröstereien?
Mit Kaffee verhält es sich mittlerweile schon beinahe wie mit Wein: Kaffee machen und trinken ist zu einer Kunst geworden. Kenner sind heute Barista-Experten, die den Porzellan-Filter aus Omas Keller holen, im Sommer stundenlang kalten Kaffee brauen und über verschiedenste Aromen, Mahlgrade, Röstungen und Aufguss-Temperaturen philosophieren.
Die Rückkehr zum einfachen Filterkaffee zeichnet sich schon seit ein paar Jahren ab. In hippen Cafés von Berlin bis München nennt man diesen Aufguss per Hand heute „Pour Over“. Letzten Sommer schwappte dann der Trend des kaltgebrühten Kaffees aus New York nach Deutschland: Cold Brew. Das ist natürlich nicht einfach nur kalter Kaffee, sondern dahinter steckt ein stundenlanges Verfahren: Gemahlener Kaffee wird Tropfen für Tropfen extrahiert – mindestens zwölf Stunden dauert dieser Prozess.
Neuer Trend: Kaffeeröstereien
Aus den Regalen sämtlicher Cafés lachen einen nun seit geraumer Zeit Kaffeesorten von regionalen Röstereien an. Der neue Trend ist es also, Kaffee vor Ort zu rösten – und diese Röstereien schießen vor allem in Großstädten geradezu aus dem Boden. Dutzende Röstereien finden sich mittlerweile in Berlin und Hamburg, um die zehn Stück sind es in München.
Die Röstereien vor der Haustüre haben oft auch ein Café, in dem die selbst gerösteten Sorten probiert und gekauft werden können. Zudem bieten manche Röstereien auch Kurse an – von Kaffeekunde über Brüh-und Mahlseminare bis hin zum Verkosten.
Gegenbewegung zum Kapsel-Kult
Der Gedanke hinter den regionalen Kaffeeröstereien und wahrscheinlich auch ihr Erfolgsrezept: Kaffee als Genussmittel, für dessen Konsum man sich Zeit nimmt. Ebenso sollte man sich auch für die Zubereitung Zeit nehmen – vor allem für das Rösten, denn hier entscheidet sich der Geschmack des Kaffees. Sozusagen eine Gegenbewegung zum schnellen Kapsel-Kult und Coffee-To-Go-Trend.
Während herkömmlicher Supermarkt-Kaffee meist nur zwei bis drei Minuten in einem Heißluftröster bei 600 bis 800 Grad schockgeröstet wird, um möglichst schnell braun zu werden, nimmt man sich beim Rösten per Hand viel Zeit: bis zu zwanzig Minuten. Das Ziel: bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen den richtigen Braunton aus einer Bohne herausholen, deren Aroma zur Entfaltung bringen und gleichzeitig die Gerbsäuren schonend abzubauen.
Rösten per Hand: Gut für den Magen
Gerbsäuren sind nämlich der Grund für Magenprobleme nach dem Kaffeetrinken – daran lässt sich oft billiger Kaffee erkennen, der nur wenige Minuten geröstet wurde. Die Fruchtsäuren im Kaffee, die die Magenschleimhaut angreifen können, werden erst im Laufe der Röstzeit weniger. Bei der Röstung von Supermarkt-Kaffee werden die Bohnen allerdings meist nur außen verbrannt, die Fruchtsäuren im Inneren können dann nicht hinreichend abgebaut werden.
Die Röstereien bieten verschiedenste Sorten an: hell geröstet, wie Kaffee in Skandinavien oft getrunken wird, mitteldunkle Röstungen für das Zubereiten mit Filter oder sehr lange und daher auch am dunkelsten geröstete Espresso-Sorten. Das Rösten per Hand ist nicht nur Handwerk, sondern auch Kunst, so hat jeder Röster eine eigene Handschrift.
Woher kommt der Kaffee?
Bei der Herkunft des Kaffees hat jede Rösterei natürlich auch ihre eigenen Bezugsquellen. Oft wird Fairtrade oder Bio-Kaffee verwendet, allerdings ist nicht immer klar, wo der Kaffee herkommt. So gut die Röstung vor der Haustüre auch ist, es lohnt sich beim Kauf ein genauerer Blick. Um zu wissen, auf welche Siegel du achten kannst, schau dir unseren Beitrag „Hier gibt’s überall Fair-Trade-Kaffee“ und unsere Bestenliste mit Bio-Kaffee aus fairem Handel an.
Wenn du dir beim Kauf nicht sicher bist, frag vorsichtshalber einmal bei deiner Rösterei nach, woher der Kaffee kommt und wie er angebaut wurde. Auf dieser Karte sind nicht alle, aber zumindest ein Großteil der deutschen Kaffeeröstereien gelistet.
Weiterlesen auf Utopia:
- Warum sollte man eigentlich Fair-Trade-Kaffee trinken?
- Coffee to go: Fünf Gründe, Pappbecher gegen Thermobecher zu tauschen
- Selosoda: Trendgetränk aus der Kaffeekirsche
- Liste: Der beste Bio-Kaffee und Fairtrade-Kaffee
War dieser Artikel interessant?