Angst überwinden: Diese Strategien helfen

Mann, Junge, Angst
Foto: CC0 / unsplash / Andrew Neel

Jeder Mensch hat Ängste. Doch aus Angst meiden wir oft auch Situationen, die sehr wichtig für uns sind. Wir zeigen dir Strategien, um deine Ängste zu überwinden.

Angst haben alle Menschen. Manche dieser Ängste lassen sich mit den richtigen Strategien überwinden. Es gibt allerdings auch Ängste, unter denen die betroffenen Personen so sehr leiden, dass es ihr Leben stark einschränken. Sie leiden dann an einer Angststörung. Die ausgeprägte Angst kann sich dabei auf bestimmte Objekte beziehen, wie Spinnen oder Katzen (Phobien) oder sich diffus äußern in Form einer generalisierten Angststörung. Diese sind in unserer heutigen Gesellschaft weit verbreitet

Hinweis: Dieser Text kann dir bei einer generalisierten Angststörung nicht helfen. Solltest du unter einer Angststörung leiden, suche dir professionelle psychologische Hilfe. Die nicht-medikamentösen Therapien im Bereich der Angststörungen sind sehr gut wissenschaftlich untersucht und oft sehr effektiv.

Angst ist eine sinnvolle Reaktion

Ängste sind oft sinnvoll - trotzdem kannst du lernen, sie zu überwinden.
Ängste sind oft sinnvoll – trotzdem kannst du lernen, sie zu überwinden. (Foto: CC0 / Pixabay / 3345557)

Um die eigenen Ängste besser zu verstehen, kannst du einen Blick zurückwerfen. Angst ist eine sinnvolle biologische Reaktion: Wenn Gefahr droht, sorgt sie dafür, dass Energie für Flucht oder Kampf in unserem Körper mobilisiert wird. Sie kann uns außerdem vor allzu riskante Situationen schützen. Dieser biologische Mechanismus hat uns in vielen Situationen das Überleben gesichert. Die Funktion der Angst besteht also darin, das Leben zu erhalten.

Aber ist es dann überhaupt sinnvoll eine Angst zu überwinden? Die folgenden drei Punkte solltest du dabei bedenken: 

  • Die meisten Ängste sind durch die Evolution angelegt, z.B. Angst vor großen Höhen, plötzlichen Bewegungen, Schmerz, Blut, bestimmten Tieren oder dem Alleinsein. Unsere Vorfahren waren früher den Gefahrenquellen noch direkt ausgeliefert und benötigten ein gutes Alarmsystem, um ihr Leben zu schützen.
  • Deshalb geht es bei der Überwindung von Angst auch nicht darum, sie loszuwerden. Hätten wir gar keine Angst, dann würden wir in wirklich bedrohlichen Situationen nicht adäquat reagieren können. So ist es auch heutzutage noch sinnvoll, dass wir etwa bei einem starken Sturm lieber zu Hause bleiben.
  • In gewissen Maßen kann Angst in Leistungssituationen sogar vorteilhaft sein. Das Yerkes-Dodson-Gesetz besagt, dass Angst, wenn sie ein mittleres Niveau erreicht, die Leistung bei Lernaufgaben steigern kann. Erst ein Zuviel der Angst wirkt sich negativ auf die Leistung aus. Ein angemessenes Niveau an Angst kann demnach die Konzentration steigern und helfen, fokussiert zu bleiben. 

Angstauslösende Situationen vermeiden?

Ängste überwindest du nicht, in dem du bestimmte Situationen vermeidest.
Ängste überwindest du nicht, in dem du bestimmte Situationen vermeidest. (Foto: CC0 / Pixabay / WOKANDAPIX)

Heutzutage lösen viele Situationen Angst aus, die nicht lebensbedrohlich sind. Die Tendenz der meisten Menschen ist, angstauslösende Situationen zu vermeiden. Aber einige Ängste sind für unsere persönliche Entwicklung oder ein erfülltes Leben wichtig. So können wir, wenn wir auf unsere Angst hören, unserer Selbstverwirklichung im Wege stehen.

Einige Beispiele:

  • Angst vor dem Scheitern oder Ablehnung –sorgt dafür, dass wir uns wichtige Schritte nicht zutrauen, wie zum Beispiel selbstständig zu werden.
  • Angst vor Peinlichkeit – lässt uns Situationen mit vielen Menschen meiden.
  • Angst vor Nähe – verhindert, dass wir enge Bindungen eingehen.
  • Angst vor Einsamkeit–kann uns abhängig machen von anderen.
  • Angst davor, mit Menschen zu sprechen – verhindert, dass wir neue Kontakte knüpfen.
  • Angst vor Prüfungen – sorgt dafür, dass wir nicht zeigen können, was in uns steckt.
  • Angst vorKonflikten –hält uns ab, unsere Bedürfnisse zu äußern.
  • Oder die berühmt-berüchtigten „Sunday Scaries“ – Die Angst vor der neuen Arbeitswoche

Was an diesen Beispielen deutlich wird: Eine Vielzahl von Situationen kann Angst auslösen. Vor allem solche, die ein Minderwertigkeitsgefühl in uns hervorrufen, weil wir potenziell scheitern können oder soziale Ablehnung droht. 

Angst besteht aus drei Komponenten

Angst ist eine komplexe Antwort auf Reize aus unserer Umwelt. Sie stellt ein Zusammenspiel verschiedener Reaktionsweisen dar. Diese bestehen aus drei Komponenten:

  1. Verhaltenskomponente: Die Verhaltenskomponente steht für Angstgefühle, die unsere Gedanken mit den körperlichen Reaktionen verbinden. Das evolutionär in uns angelegte Verhalten bei Angst ist das Flucht- oder Schreckverhalten – die sinnvolle Reaktion auf eine akute echte Bedrohung und hat immer etwas mit Gefühlen zu tun. So werden bedrohliche Situationen als Ausnahmezustand empfunden. Aber die meisten angstauslösenden Situationen heutzutage erfordern weder eine Flucht, noch eine Schreckreaktion. Trotzdem bleiben viele Menschen diesem Instinkt treu und flüchten vor der vermeintlichen Gefahr, wie etwa vor einer harmlosen Spinne oder einer Menschenmenge.
  2. Körperliche Komponente: Wenn wir eine Gefahr wahrnehmen oder eine Situation als solche interpretieren, dann werden für die Angst typische körperliche Reaktionen ausgelöst. Dazu gehören die Zunahme des Herzschlages und der Atmung, feuchte Hände oder die Verdauung wird gehemmt. Wichtig: Körperliche Symptome sind kein Beweis dafür, dass gleich etwas Schlimmes passieren wird. 
  3. Gedankliche Komponente: Wenn wir eine Gefahr erkennen, versehen wir sie unterbewusst immer mit einer bestimmten Interpretation. Wir nehmen also zunächst mit unseren Sinnesorganen etwas wahr, dem wir dann gedanklich eine (bedrohliche) Bedeutung verleihen. Diese angstbestätigenden Gedanken entstehen innerhalb von Millisekunden. Die zugrundeliegenden Denkmuster laufen meist automatisch ab. Wenn wir also eine Menschenmenge als potenzielle Gefahr für uns interpretieren, geht das so schnell, dass es uns meistens nicht bewusst ist. Angstgedanken haben etwas mit gelernten Denkmustern zu tun. 

Strategien im Umgang mit der Angst setzen an diesen drei Komponenten an. Das Ziel ist nicht, die Angst komplett loszuwerden. Vielmehr geht es darum, wie du trotz der Angst für dich wichtige Situationen bewältigen kannst. Wir zeigen dir vier Strategien, wie du deine Ängste überwinden kannst.

Ängste überwinden und bewältigen mit Konfrontation

Um deine Ängste zu bewältigen, musst du ihnen ins Auge blicken.
Um deine Ängste zu bewältigen, musst du ihnen ins Auge blicken. (Foto: CC0 / Pixabay / MSR_Photography)

Situationen zu meiden, in denen man sich nicht gut fühlt, klingt erstmal logisch. Doch das kann deine Ängste laut gesund.bund nur noch verstärken. Um deine Ängste aber zu überwinden und zu bekämpfen, wirst du dich mit ihnen konfrontieren müssen. 

Denn, wenn du angstauslösende Situationen vermeidest, bringst du dich außerdem um eine sehr wichtige Erfahrung: Angst lässt irgendwann von alleine nachWenn die Angst einen Höhepunkt erreicht hat, dann tritt automatisch ein Nachlassen ein. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Phase des Nachlassens eintritt. Aber sie tritt auf jeden Fall ein. 

Damit dir die Konfrontation mit deinen Ängsten gelingt, kannst du die nächsten Strategien anwenden.

Angst überwinden: Akzeptanz

Lebst du achtsamer, kann dir das helfen deine Angst zu überwinden.
Lebst du achtsamer, kann dir das helfen deine Angst zu überwinden. (Foto: CC0 / Pixabay / koniggirl)

Ängste gehören zum Leben dazu. Wir werden sie nicht komplett eliminieren können – glücklicherweise. Anzuerkennen, dass Ängste ihre Daseinsberechtigung haben ist ein erster wichtiger Schritt, um sie zu akzeptieren und so mit der Zeit deine Angstgedanken immer mehr loszuwerden. Dieser Schritt wird auch als Exposition bezeichnet. 

Wenn du deine Angst akzeptierst, dann kannst du laut bund.gesund das Nachlassen der Angst beschleunigen. Akzeptanz ist außerdem die Grundvoraussetzung, um sich angemessen mit seinen Ängsten zu konfrontieren. Achtsamkeit ist ein Weg, diese Akzeptanz zu üben. Das kannst du sowohl im Alltag als auch am Arbeitsplatz machen. 

Tipp: Fällt es dir schwer, deine Ängste zu akzeptieren, kannst du dir auch professionelle Hilfe suchen. 

Ängste überwinden: Interpretation erkennen und ergründen

Bewerte deinen Ängste neu, so kannst du sie überwinden und bewältigen.
Bewerte deinen Ängste neu, so kannst du sie überwinden und bewältigen. (Foto: CC0 / unsplash / Aaron Burden)

Angst basiert nicht auf der eigentlichen Situation, sondern auf unserer Interpretation dieser. Angstauslösende Interpretationen basieren auf Befürchtungen und katastrophisierenden, negativen Gedanken. Sie können den Körper in einen Alarmzustand versetzen. Dem kannst du entgegenwirken, indem du die Situation neu interpretierst.

Ein Beispiel: Im Falle der Prüfungsangst macht nicht die Prüfung selbst Angst, sondern die Bewertung der Prüfung. Bei Leistungsangst ist es wichtig, dass du ein realistisches Gefühl von der Situation bekommst. Das läuft wie folgt ab:

Die Situation:

Prüfung

Bewertung der Situation:

  • bedrohlich
  • Könnte durchfallen (Befürchtung)
  • werde mit schlechter Note später keinen Job finden (katastrophisierend)

Gefühl, das durch die Bewertung entsteht:

  • Angst
  • Panik
  • Furcht

Dieses Prinzip trifft auch auf andere Ängste zu. Egal, wovor du dich fürchtest, die Angst entsteht durch deine mentale Bewertung. Wenn du in bestimmten Situationen immer wieder Angst erlebst, dann solltest du deine damit zusammenhängenden Gedanken so detailliert wie möglich ergründen:

  1. Wähle dafür eine Situation, die dir Angst macht. 
  2. Stelle dir die Situation vor und versuche dabei, in dich hineinzuhören: Was denkst du vor oder während der Situation? 
  3. Schreibe alle Gedanken auf.
  4. Frage dich jetzt: Welche Gefühle rufen diese Gedanken hervor?
  5. Schreibe auch deine Gefühle dazu auf.

Situation neu interpretieren und Angst überwinden.

Hast du deine Gedanken ergründet, kannst du nun mit ihnen arbeiten und sie in positive Gedanken umformulieren. Positiv meint hier nicht, dass du Schönmalerei betreiben sollst, sondern dass die Gedanken nicht mehr bedrohlich wirken. Ein Beispiel zur Prüfungsangst:

Situation:

Prüfung

Bewertung der Situation:

  • herausfordernd
  • Ich kann zeigen, was ich alles gelernt habe.
  • Durch eine Prüfung zu fallen, ist kein Weltuntergang.
  • Es zählen nicht nur Noten.
  • Neugierig: Mal sehen, was passiert.

Gefühl, das durch die Bewertung entsteht:

Die Neubewertung der Situation ist keine Flucht vor der Realität ist. Keine der beiden Bewertungen ist realer oder wahrscheinlicher als die andere. Es sind schlichtweg Gedanken. Der Vorteil der zweiten Bewertung liegt aber auf der Hand: Sie erzeugt weniger Angst. 

  • Schreibe auch deine alternativen Gedanken zur Situation auf.
  • Lese sie dir regelmäßig durch, am besten bevor du dich mit der Situation konfrontierst.
  • Mache das regelmäßig, sodass sich die neuen Bewertungen automatisieren.

Bewertungen und Interpretationen sind nicht in Stein gemeißelt und haben keinen Realitätsanspruch. Du selbst hast die Freiheit, Dinge zu bewerten, wie du es willst. Wähle die Bewertung, die deine Angst reduziert, sodass du die Situationen bewältigen kannst, die dir wichtig sind. Dadurch wird auch dein Selbstbewusstsein gestärkt.

Tipp: Fange am besten mit einer Situation an, die nicht übermäßig viel Angst auslöst, aber trotzdem eine Herausforderung darstellt. Steigere dich dann mit der Zeit.

Ängste überwinden: So bekommst du die körperlichen Symptome in den Griff

Atemübungen können helfen deine Angst zu überwinden
Atemübungen können helfen deine Angst zu überwinden (Foto: CC0 / unsplash / Eli Defaria)

Wenn wir Angst haben, reagiert der Körper darauf. Wir fühlen uns angespannt und aufgeregt. Gegen die körperlichen Symptome helfen am besten Übungen, die direkt an der körperlichen Aufregung ansetzen. Das sind:

Der Vorteil an diesen Übungen ist, dass du sie auch in akuten Angstsituationen anwenden kannst und dadurch das Angstgefühl linderst. Leidest du zum Beispiel an Angst vorm Fliegen, kannst du im Wartebereich Übungen anwenden, um deine Angst zu reduzieren. So gelingt es dir leichter, dich mit deinen angstauslösenden Situationen zu konfrontieren.

Überarbeitet von Lea Hermann

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.
War dieser Artikel interessant?
Verwandte Themen: