Noch bis vor etwas über einem Jahr waren Lieferdienste für Lebensmittel wenig verbreitet – nun gibt es allein in Deutschland bereits zahlreiche Anbieter. In Berlin ist mit „Alpakas“ nun ein Lieferdienst mit Fokus auf Bio und Zero Waste an den Start gegangen.
Lieferdienste für Lebensmittel haben sich spätestens während der Corona-Pandemie auch bei uns etabliert. Teils sind es Supermärkte wie Rewe, die die Ware bis vor die Haustür liefern, teils eigene Anbieter wie Gorillas. Der Anreiz für uns Kund:innen: Uns den nervigen Gang zum Supermarkt ersparen, ohne dass wir dafür (signifikant) drauf zahlen oder lange warten müssen.
Bei so einem Versprechen ist es kein Wunder, dass der Trend nun auch die Bio-Branche erreicht hat. Der Anbieter „Alpakas“ bezeichnet sich selbst als „Dein Zero-Waste-Lieferdienst für den Wocheneinkauf“ und hat am Montag in Berlin die Arbeit aufgenommen. Das Konzept ist ähnlich wie das von Gorillas und Co., hat aber einige entscheidende Unterschiede:
- Das gesamte Lebensmittel-Sortiment (frisches Obst, Gemüse, Nudeln, Aufstriche, Gummibärchen, Hafermilch, Wein und mehr) ist bio.
- Auch das Drogeriesortiment geht in Richtung Low-Waste, zum Beispiel gibt Deo-Sticks und festes Shampoo.
- Das Label nutzt nach Möglichkeit Mehrwegverpackungen wie Gemüsenetze und Mehrweggläser. Für letztere fällt ein Pfandbetrag an, den man zurückerhält, wenn man die leeren Behälter bei der nächsten Lieferung wieder abgibt. Auch Papiertüten kommen bei den Lieferungen zum Einsatz.
- Die Lebensmittel werden teils in großen Mengen bestellt und dann portioniert, ähnlich wie bei einem Unverpackt-Laden.
Ausgeliefert wird bei Alpakas per E-Bike. Wer bis 17 Uhr bestellt, erhält den Einkauf noch am selben Tag. Für die Lieferung fallen nur 3,90 Euro an Gebühren an, ab 25 Euro Bestellwert fällt diese Pauschale weg.
Mehr Infos zum Bestellprozess und einen Überblick über das Sortiment findest du auf der Alpakas-Website. Laut dem Geschäftsführer Simon Chorzelski soll bald auch eine App folgen für noch einfachere Bestellungen.
Alpakas: Wie nachhaltig ist der Lieferdienst?
Der Lieferdienst Alpakas will eine bessere Alternative schaffen für eine Art des Einkaufens, die gerade immer verbreiteter wird. Das ist an sich eine gute Idee. Doch der möglichst günstige und schnelle Vertrieb von Produkten läuft in der Praxis oft alles andere als fair und nachhaltig ab. Unterscheidet sich Alpakas auch hier von der Konkurrenz, welche zum Beispiel wegen ausbeuterischen Arbeitsbedingungen von Lieferant:innen in der Kritik steht?
Unser Eindruck: Man gibt sich Mühe. Geschäftsführer Simon Chorzelski erklärte gegenüber Utopia: „Auch wir müssen viele Lieferungen pro Stunde tätigen, doch wie der Arbeitsalltag gestaltet ist, da kann man große Unterschiede erzielen.“
Seine Lieferant:innen müssen zum Beispiel nicht rund um die Uhr in Bereitschaft sein, sondern fahren die Ware nur abends zu festgelegten Zeitpunkten aus. Da dann bereits alle Bestellungen eingegangen sind, können sie ihre Routen besser planen. Ein E-Cargo-Bike mit Kabine soll vor Wind und Wetter schützen. Auf der Lagerfläche können alle Bestellungen verstaut werden, die Lieferant:innen müssen sie also nicht auf dem Rücken tragen.
Natürlich hat die geringere Lieferfrequenz auch Vorteile fürs Geschäft, zum Beispiel geringere Lieferkosten. Das Unternehmen will Preise anbieten, die konkurrenzfähig mit denen normaler Bio-Supermärkte sind. Dafür kauft Alpakas Trockenprodukte wie Nudeln oder Quinoa oft in Großgebinden und füllt sie danach in Mehrweggläser um. Das spart nicht nur Geld, sondern auch Verpackung.
Übrigens: Das Start-Up hinter dem Lieferdienst Alpakas wurde erst dieses Jahr gegründet, hat aber schon diverse Geldgeber gefunden, die das Projekt unterstützen. Zu ihnen zählt unter anderem Christophe Maire, der auch frühzeitig in den Konkurrenten Gorillas investiert hat. Auch Konzerne wie Hellofresh und der Fonds von Lawrence Leuschner, der das E-Scooter-Start-up Tier Mobility leitet, haben investiert.
Utopia meint: Dürfen wir guten Gewissens faul sein?
Alpakas tankt die E-Bikes mit „grünem Strom“, heißt es auf der Website. „Dadurch hoffen wir, für einige unserer Kunden den Einkauf mit dem Auto überflüssig zu machen.“ Grüner Strom ist als Bezeichnung nicht geschützt. Handelt es sich dabei um echten Ökostrom, würden durch den Transport keine zusätzlichen Emissionen anfallen. Klingt so, als könne man endlich guten Gewissens auf der Couch faulenzen, während sich jemand anderes für den Wocheneinkauf abstrampelt.
Andererseits: Der Lieferdienst Alpakas wird erst mal nur in Berlin verfügbar sein, wo man auch leicht mit den Öffis oder zu Fuß Einkäufe tätigen kann. Gerade letztere Option dürfte nochmal ein Stückchen grüner sein und vor allem besser für einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln: Wir müssen jetzt schon fast nichts tun für die wertvollen Güter, die wir konsumieren. Müssen wir uns wirklich den Gang zum Supermarkt auch noch abnehmen lassen?
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