Mit der Kampagne #Dorfkinder will Agrarministerin Julia Klöckner für das gute Leben auf dem Land werben. Twitter-Nutzer*innen sehen die Realität etwas anders.
Julia Klöckner (CDU) hat am Sonntagabend unter dem Hashtag #Dorfkinder vier Bilder einer neuen Kampagne des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) auf Twitter gepostet. Zu sehen sind glückliche Kinder eines Fußballvereins, die Freiwillige Feuerwehr beim Löschen eines Brandes oder zwei blonde Kinder, die offenbar mit Windkraft eine Lampe zum Leuchten bringen. (Um Tweets sehen zu können, muss du eventuell die Ansicht aktivieren).
Mit der Kampagne will das Ministerium den Blick auf Menschen richten, die Dörfer voranbringen, heißt es auf der Webseite des BMEL. Man lade „alle Menschen in Deutschland dazu ein, ihr eigenes Engagement unter dem Hashtag #Dorfkinder in sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder Instagram sichtbar zu machen.“
Anders als erwartet: #Dorfkinder als Twitter-Trend
Am Montag wurde #Dorfkinder dann tatsächlich zum Twitter-Trend – was die Nutzer*innen da sichtbar machen, ist aber wahrscheinlich eher weniger im Sinne der Ministerin: Sie kritisieren, dass die Regierung nichts für die ländliche Region tue, bemängeln die schlechte Infrastruktur, schlechte Busanbindungen, schlechtes Internet und fehlende Freizeitangebote für Jugendliche.
„Dorfkinder ertränken ihre Perspektivlosigkeit in Alkohol“
Viele beschreiben den Zustand auf dem Land zudem weniger romantisch als Julia Klöckner: Sie berichten von Perspektivlosigkeit, Alkoholismus, Rassismus, Sexismus, Trans-, und Queerfeindlichkeit in ländlichen Regionen:
Außerdem kritisieren Nutzer*innen, dass die Kampagne Menschen gegeneinander aufhetze, indem sie sie in zwei Lager teilt: Dorf- und Stadtkinder.
„Dorfkinder werden zwangsumgesiedelt“
Klimaaktivist*innen kritisieren unter dem Hashtag die Zwangsumsiedlung einiger Dörfer für den Abbau klimaschädlicher Kohle.
Und nicht zuletzt wird bemängelt, wie eindimensional und homogen Julia Klöckner das Leben auf dem Land darstellt. Die Bilder bedienen gängige Klischees: Es sind ausschließlich weiße Menschen zu sehen, die Kinder haben helle Haare und im Fußballverein spielen nur Jungs.
Julia Klöckner hat inzwischen reagiert und schreibt auf Twitter: „Unsere #Dorfkinder-Kampagne hat heute viel Aufmerksamkeit bekommen. Das ist gut so, weil es mir ein großes Anliegen ist, dass das Leben auf dem Land attraktiver wird. Ich hoffe, die Debatte von heute ist ein Anstoß für uns alle, um bestehende Probleme auf dem Land anzugehen.“ Bleibt zu hoffen, dass die Ministerin die Kritik tatsächlich ernst nimmt und auch umsetzt, was sie schreibt.
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