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EuGH verurteilt Deutschland: zu hohe Nitratbelastung im Grundwasser

Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - rawpixel/PublicDomainPictures

Unsere Regierung hat zu wenig gegen die hohe Nitratbelastung des Grundwassers getan, nun hat der Europäische Gerichtshof Deutschland verurteilt. Doch was bedeutet das für unsere Trinkwasserqualität?

Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) gab am 21 einer Klage der Europäischen Kommission gegen Deutschland statt. Wie die Tagesschau berichtet, ist Deutschland nicht genug gegen die hohe Nitratbelastung in seinem eigenem Grundwasser vorgegangen. Damit verstieß der Staat laut Urteil gegen die europäische Nitratrichtlinie. Deutschland muss nun die Gerichtskosten tragen. Ob die Kommission in einem weiteren Verfahren auf Strafzahlungen drängt, ist noch offen.

Hohe Nitratbelastung des Grundwassers durch Düngemittel

Die Nitratbelastung lässt sich größtenteils auf Überdüngung von Agrarflächen mit Gülle zurückführen. In der Landwirtschaft wird Gülle als Düngemittel verwendet, um das Pflanzenwachstum zu unterstützen und zu beschleunigen. Wird zu viel gedüngt, sammeln sich Nitrat-Rückstände in Grundwasser und Gewässern.

Nitrat kann vor allem für Säuglinge schädlich sein: In ihrem weniger saurem Magen-Milieu wandelt sich das Nitrat zu Nitrit, was die Sauerstoffbindung im Blut der Babys unterbinden kann. Deshalb wird Nitrat bei der Trinkwasseraufbereitung aus dem Grundwasser herausgefiltert.

Nitratbelastung-Urteil der EuGH fußt auf alter Rechtslage

Die EU-Kommission hatte bereits 2016 Klage erhoben. Deutschland verschärfte daraufhin 2017 seine Düngeregeln für Bauern, doch auf die neue Regelung war die EuGH im heutigen Urteil nicht eingegangen; es fußt auf der alten Rechtslage. Inwiefern die neue Gesetzeslage Auswirkungen auf die aktuelle Klage haben wird, ist noch nicht bekannt.

Schon 2014 hatte die EU-Kommission Deutschland abgemahnt und verwies auf stetig schlechter ausfallende Messwerte zwischen 2007 und 2012. Die Bundesregierung hatte 2016 in ihrem eigenen Bericht zur Nitratbelastung zugegeben, dass 18 Prozent der Grundwasser-Messstellen Werte teils weit über der EU-Richtlinie verzeichneten und Handlungsbedarf herrsche.

Im Verfahren plädierte Deutschland, die Lage habe sich nicht verschlechtert und zusätzliche Maßnahmen seien nicht notwendig gewesen. Die EU erlaubt einen Nitratgehalt von 50 mg je Liter.

Umweltverbände fordern Konsequenzen

Verschiedene Verbände begrüßten das Urteil des EuGH und fordern jetzt ein verschärftes Düngemittelgesetz.

Florian Schöne, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, sieht in dem Urteil den Beweis, „dass das bisherige Düngerecht unzureichend ist, um die Nitratbelastungen auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. (…) Schlimmstenfalls muss die Bevölkerung die Kosten für diese Versäumnisse doppelt tragen: mit steigenden Wasserkosten für die Trinkwasseraufbereitung sowie Strafzahlungen an die EU.“

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Die Nitratbelastung in Deutschlands Grundwasser entsteht durch Überdüngung mit Gülle. Umweltschützer fordern ein strengeres Düngerecht. (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - pixel1)

Leif Miller, Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), sieht den Fehler bei der deutschen Regierung, die es versäumt hat, Umweltschutz für Landwirte attraktiver zu machen. „Die Folge ist eine immer intensivere Produktion, mitsamt hoher Nitratwerte. Mit Blick auf unsere Felder brauchen wir dringend eine naturverträglichere Landwirtschaft – doch bislang sperrt sich Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner gegen den Systemwechsel, den ihre Beiräte angemahnt haben, auch bei den beginnenden Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik.“

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte ebenfalls Schlupflöcher im aktuellen Düngerecht und betonte den Vorteil für Massentierhalter, welche die Landwirtschaft oft mit Gülle versorgen. Aktuell sammelt die Organisation Unterschriften für eine Protest-E-Mail an die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Trinkwasserqualität ist gleichbleibend gut

Aber Vorsicht: Grundwasser ist nicht gleich Trinkwasser! Auch wenn das deutsche Grundwasser den vorgegebenen Nitratwert der EU überschreitet, so wirkt sich das nicht auf die deutsche Trinkwasserqualität aus. Der Nitratgehalt wird beim Aufbereiten des Grundwassers deutlich reduziert – eine höhere Belastung wirkt sich also nur durch höhere Kosten auf die Konsumenten aus. Das deutsche Trinkwasser besteht laut dem Umweltbundesamt zu 70 Prozent aus aufbereitetem Grund- und Quellwasser.

Unser Trinkwasser wird so aufbereitet, dass die Nitratwerte darin unbedenklich sind. „Das Trinkwasser in Deutschland kann man ohne Bedenken trinken – insbesondere aus größeren Wasserversorgungen ist es flächendeckend sogar von exzellenter Qualität“, heißt es beim Umweltbundesamt. Das Wasser wird sehr häufig kontrolliert – zum Teil gar täglich. „Zudem ist Trinkwasser aus dem Hahn um ein Vielfaches billiger als Flaschenwasser: Ein Zweipersonenhaushalt zahlt in Deutschland im Mittel für die Verwendung von täglich 242 Litern Trinkwasser 54 Cent pro Tag, also 0,2 Cent pro Liter. Ein einziger Liter Mineralwasser kostet mehr.“

Lies auch: Kann man Leitungswasser in Deutschland bedenkenlos trinken?

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