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Harald Lesch über Corona: „Habe Angst, dass wir die Kontrolle verlieren“

Harald Lesch, Corona, Coronavirus, zweite Welle
Foto: © ZDF/Johanna Brinckmann

Kinos und Schwimmbäder öffnen wieder, der reguläre Schulbetrieb startet nach den Sommerferien und die strengen Kontaktsperren wurden gelockert. Ist also die schlimmste Phase der Corona-Pandemie überstanden? Physiker Harald Lesch ist skeptisch.

Vom Normalzustand ist Deutschland noch weit entfernt – noch immer gelten Maskenpflicht und Abstandsregelungen, Pflegeheime dürfen keine Besucher empfangen und viele Menschen bleiben im Home Office. Allerdings lockern die Bundesländer ihre Ausgangsbeschränkungen Schritt für Schritt.

Der Physiker Harald Lesch betrachtet die aktuelle Situation mit Sorge. „Wir sind alle wieder viel mehr in unserem Alltag und versuchen, in dieser Mixtur aus Verboten und Lockerungen den Kopf über Wasser zu halten“, sagte er in einem Interview mit dem Mediendienst Teleschau.

Harald Lesch: „Wann geht es wieder los?

„Aber angesichts von Eskapaden wie bei Tönnies kommt auch wieder die Angst, dass wir die Kontrolle über dieses hochansteckende Virus verlieren“, so Lesch weiter. „Da fragt man sich: Wann geht es angesichts der vielen Neuinfizierten wieder los?“

Tönnies ist der größte Schlachtbetrieb für Schweine in Deutschland. Mitte Juni wurden dort in einem Werk in Rheda Wiedenbrück mehr als 1.500 Corona-Infektionen unter den Angestellten entdeckt. Etwa 7.000 Mitarbeiter*innen mussten daraufhin in Quarantäne. Nur weil die Arbeiter*innen offenbar nicht am öffentlichen Leben in ihrer Gemeinde teilnahmen, sind die Infektionszahlen im Kreis Gütersloh nicht drastischer angestiegen. (Mehr zu den fragwürdigen Zuständen in Schlachtbetrieben liest du hier.)

Harald Lesch über Verschwörungstheorien

In dem Interview sprach Lesch von weiteren Entwicklungen, die ihn beunruhigen. Demnach werde in Publikationen gefordert, die „Wissenschaft soll forschen und sich ansonsten ruhig verhalten.“ Angesichts der Gefahr einer zweiten Welle halte er solche Diskussionen für verfrüht.

Ebenfalls problematisch seien Verschwörungstheorien – sowohl über das Coronavirus als auch über andere Felder der Wissenschaft. Lesch kritisiert vor allem eine „falsche Gewichtung“, etwa in Talkshows: „Da sitzen ein Klimawandel-Skeptiker und ein Spezialist. Aber in Wirklichkeit müssten da 97 Klimaforscher sitzen – und ihnen gegenüber drei Skeptiker. Das wäre doch mal eine tolle Situation in einem Studio.“

Lesch: „Transformation hin zu einer ökologischeren Gesellschaft wagen“

Lesch sieht außerdem einige Versäumnisse in der Politik. In Bezug auf zukunftsorientierte Technologien habe man „die Gelegenheiten nicht wahrgenommen, eine Transformation hin zu einer ökologischeren Gesellschaft zu wagen.“

Auch was die wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise angeht, hält er den Ansatz der Politik für falsch: „Ich hätte mir gewünscht, dass der Finanzsektor durch eine wirklich wirksame Transaktionssteuer an den Kosten der Corona-Pandemie beteiligt wird. Aktuell verdienen die Hedgefonds – unglaublich!“

Auch Christian Drosten ist besorgt

Lesch ist nicht der einzige Wissenschaftler, der in der Corona-Pandemie eine zweite Welle befürchtet. Virologe Christian Drosten sagte bereits vor zwei Wochen in seinem Podcast: „Ich bin nicht optimistisch, dass wir in einem Monat noch so eine friedliche Situation haben wie jetzt, was die Epidemietätigkeit angeht. […] In zwei Monaten, denke ich, werden wir ein Problem haben, wenn wir nicht jetzt wieder alle Alarmsensoren anschalten.“

Harald Lesch ist am Mittwoch mit Terra-X im ZDF zu sehen (20:15 Uhr). Am 14. Juli behandelt er in seiner Sendung „Leschs Kosmos“ außerdem das Thema „Kampf ums Wasser“.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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