Die EcoWorld Watamu ist Kenias erstes Recycling-Center in Küstennähe. Julie Myra Alego setzt sich seit zwei Jahren für die Minimierung des Plastikmülls in dem kleinen Urlaubsort ein – und unterrichtet dort Schüler. Wir haben mit der Umweltschützerin gesprochen.
Plastikmüll ist ein globales Problem, und viele Länder der Erde begegnen ihm mit einer unzureichenden Abfallwirtschaft. Doch es gibt lokale Initiativen, die Hoffnung machen – zum Beispiel in Kenia: Die Watamu Marine Association ging 2009 ihren ersten Schritt in Richtung Waste-Management und gründete in der Kleinstadt Watamu das Community-Projekt „EcoWorld“.
Das Ziel: die Küste von Müll zu befreien, das Plastik zu recyceln und das Bewusstsein der Menschen für die Problematik zu schärfen. Unsere Gastautorin Florence Kimani hat die Mitarbeiterin Julie Myra Alego zum Interview getroffen.
„Die Menge an gesammelten Plastikmüll in unserer Region liegt bei ca. 18 bis 20 Tonnen pro Jahr“
Utopia: Was ist in Kenia das Hauptproblem in Bezug auf Müll?
Julie Myra Alego: Eine entscheidende Rolle spielen nach wie vor die fehlenden finanziellen Mittel. Es heißt zwar, dass bereits in der Vergangenheit Gelder für ein funktionierendes Müllentsorgungssystem gesammelt wurden. Die EcoWorld Watamu hat davon jedoch bislang nicht profitiert. Das allein erschwert es uns enorm, Maßnahmen zu ergreifen.
In vielen Haushalten fehlt es an den grundlegendsten Dingen, wie beispielsweise Mülleimern. Solche Umstände machen eine nachhaltige und umweltfreundliche Lebensweise zu einem Ding der Unmöglichkeit.
Hast du das Gefühl, dass sich die Menge an gesammeltem Müll pro Jahr verringert hat, seit es euer Programm gibt?
Die Menge an gesammelten Plastikmüll in unserer Region liegt normalerweise bei ca. 18 bis 20 Tonnen pro Jahr. Aus dem Report des diesjährigen Coastal Cleanups geht allerdings hervor, dass dieser Wert im vergangenen Jahr um ein Fünffaches reduziert werden konnte.
Und dieser Erfolg ist nicht nur uns zu verdanken: Verschiedene Kleingruppen sind daran beteiligt und haben sich zusammengetan, um unsere Stadt sauber zu halten. Ein Paradebeispiel dafür, dass wir unheimlich viel erreichen können, wenn wir nur zusammenarbeiten.
„Man muss Kinder dazu animieren, kreativ zu werden“
Was sind deine Aufgaben bei der Watamu Marine Association?
Seit ich Teil des Projekts bin, zählen Datenerfassung und Recherche zu meinen Hauptaufgaben. Hinzu kam, dass ich Schüler über Plastik unterrichte und ihnen die Schäden für Mensch und Umwelt erkläre. Gerade Letzteres fühlt sich richtig an, denn ich nehme seither eine positive Entwicklung wahr – und das gibt mir Hoffnung.
Du hast mehrere Schulklassen pro Woche zu Besuch. Sind sie offen für das Thema und glaubst du, sie sehen Plastik als ernstzunehmendes Problem?
Sobald es dir gelingt, sie für etwas zu begeistern, hast du es geschafft, ihre Aufmerksamkeit für dich und dein Anliegen zu gewinnen. Daher würde ich die Schüler durchaus als interessiert und aufgeschlossen beschreiben. Man muss sie dazu animieren, kreativ zu werden und aktiv Lösungen für ihre eigenen Probleme zu entwickeln.
Sie lernen, Müll als wertvolle Ressource zu betrachten
Und wie schaffst du es, die Kinder zu begeistern?
Wir sammeln gemeinsam Müll und basteln daraus Kunstwerke. Ich wähle diesen Weg zum einen, da ich selber leidenschaftlich Kunst mache und es mir daher leicht fällt, andere dafür zu begeistern. Und zum anderen, weil die Schüler so auf spielerische Art und Weise lernen, Müll aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten – und zwar als wertvolle Ressource.
Mir ist bewusst, dass es keinen allzu bedeutenden Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden der Umwelt haben mag, ein Kunstwerk zu erstellen. Aber ich erreiche darüber die Kinder. In meinen Augen hat das einen großen Mehrwert, weil ich somit langfristig ihr Denken beeinflussen und schrittweise in die richtige Richtung lenken kann.
Familien haben oft ganz anderen Sorgen existenzieller Art
Sind die Erwachsenen ebenso leicht zu interessieren wie die jüngere Generation?
Erwachsene zeigen ein deutlich geringeres Interesse an dem vorherrschenden Müllproblem und seiner Bekämpfung, das steht fest. In erster Linie ist das aber auf ein falsch verbreitetes Bild zurückzuführen. Viele gehen davon aus, dass Recycling mit immensen Komplikationen verbunden ist, weil man dafür große und teure Maschinen braucht. Außerdem haben die Familien oft ganz anderen Sorgen existenzieller Art, weshalb kaum Zeit in eine umweltfreundliche Müllentsorgung investiert wird.
Wie lässt sich dieses Problem lösen?
Ich bevorzuge den Begriff „Upcycling“, wenn ich mit Erwachsenen rede. So versuche ich Ihnen beizubringen, den Fokus auf die Wiederverwertung ihres Weggeworfenen zu richten. Und darauf, dass sie einen Nutzen aus dem Müll ziehen können, der für sie auf den ersten Blick keinen Wert zu haben scheint. So werden sie zum Umdenken angeregt – und das ist es, was letztendlich zählt.
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